Überwachungskamera zeichnet Ton des Unfalls auf
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Autofahrerin raste in Familie:Überwachungskamera zeichnet Ton des Unfalls auf

30-Jährige überfuhr Familie
Das Protokoll der Raserfahrt von Angelika H.

Mit ihrem Audi überfuhr Angelika H. am 6. Juli in Italien eine dreiköpfige Familie. Auch eine Woche danach bewegt die Amokfahrt noch das ganze Land. So lief der Unfall ab.
Publiziert: 13.07.2023 um 18:21 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2023 um 18:51 Uhr

Mit rund 90 km/h bretterte Angelika H.* (30) durch den italienischen Ort Santo Stefano di Cadore. Das beweisen Aufnahmen einer Überwachungskamera. Drei Menschen überfuhr die Audi-Fahrerin in der vergangenen Woche. Eine Grossmutter, ein Vater und sein zweijähriger Sohn kamen beim Unfall ums Leben.

Staatsanwalt Paolo Luca beschreibt die Deutsche als «eine Person, die ihre Wut nicht kontrollieren kann». Ein Wutausbruch war wahrscheinlich der Grund dafür, dass drei Menschen sterben mussten, glaubt er.

«Bild» hat die Ereignisse nun mithilfe des Haftbefehls rekonstruiert. So lief die Raserfahrt demnach ab:

Drei Menschen tötete Angelika H. Anfang Juli auf einer Raserfahrt.
Foto: Linkedin
1/6

15 Uhr

Die Familie ist am Nachmittag im Alpen-Ort unterwegs. Sie wollte hier Ferien machen und anschliessend wieder in den Vorort von Venedig zurückkehren, in dem die Familie lebte.

Im Gänsemarsch gehen die drei zu einem Markt. Am Himmel sind nur vereinzelte Wolken zu sehen, der Boden ist trocken.

Zeitgleich hat Angelika H. ihren schwarzen Audi in der Via Lungopiave geparkt. Die Türen sind geöffnet, sie füllt Wasserflaschen auf. Seit Oktober lebt sie laut «Bild» in dem Wagen. Zugelassen ist er auf ihren Vater Martin.

Ein Augenzeuge bemerkt die Deutsche: «Ich hatte den Eindruck, dass es sich um ein Kind von etwa zehn Jahren handelt, dass sie aufgeregt streitet und in einer für mich unverständlichen Sprache schrie». Sie habe einige Plastikflaschen in die Luft geworfen, alle Türen zugeknallt und sei «mit normaler Geschwindigkeit» losgefahren.

15.10 Uhr

Einer Zeugin fällt der schwarze Audi auf. Das Fahrzeug gerät wegen seiner starken Beschleunigung ins Schleudern. Es fährt «über ein Stoppschild, ohne anzuhalten».

15.14 Uhr und 28 Sekunden

Eine Überwachungskamera filmt, wie Angelika H. auf dem Hof einer Werkstatt einen U-Turn macht.

15.14 Uhr und 58 Sekunden

In der Via Udine 153 erfasst eine weitere Kamera H.s Wagen. Mit Tempo 70 bis 90 rast sie vorbei. Vier Sekunden später knallt es. Es ist der Moment des Aufpralls. Bremsspuren finden die Ermittler später keine.

Zeugen gaben an, gesehen zu haben, wie der Audi A3 für einen Moment mit zwei Rädern auf dem Trottoir fuhr. Das Auto kommt erst 53 Meter hinter der Unfallstelle zum Stehen. Ein Laternenpfahl und ein Zaun werden in Mitleidenschaft gezogen.

Vier Personen werden von dem Audi erfasst: Die Mutter wird nur leicht gestreift, Grossmutter, Vater und Sohn werden voll erwischt, fliegen durch die Luft.

30 Meter hinter der Unfallstelle sollen ihre Körper schliesslich gefunden worden sein. Vater und Grosi sind sofort tot. Der Bub kommt lebensbedrohlich verletzt in ein Spital.

15.16 Uhr

Der Carabinieri-Kommandant unterbricht seine Pause und macht sich auf den Weg zum Tatort. Er hatte ein lautes Geräusch gehört. Fünf Minuten später geht der Notruf ein.

Der Beamte trifft die geschockte Angelika H. am Unfallort an. Er hat keinen Zweifel, dass sie für den Unfall verantwortlich ist.

16.44 Uhr

Im Spital von Belluno wird der Bub für tot erklärt.

17.04 Uhr

Jetzt kommt auch Angelika H. ins Spital. Die Ärzte notieren Schürfwunden, ihr Handy wird beschlagnahmt. H. gibt an, keinerlei Drogen oder Alkohol konsumiert zu haben.

21 Uhr

Die Deutsche wird festgenommen, ein Haftbefehl gegen sie erlassen. Sie kommt ins Frauengefängnis auf der Insel Giudecca vor Venedig. Es kommt heraus, dass die junge Frau am 23. Mai 2023 in Bozen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Mitführen eines gefährlichen Gegenstands angezeigt worden war.

Laut Protokoll soll sie in einem Elektronik-Fachgeschäft in Tränen ausgebrochen sein und den Geschäftsführer beschimpft und bedroht haben. Er hatte sich geweigert, ihr Handy zu ersetzen. Die herbeigerufene Polizei konnte sie nicht beruhigen.

Als ihr Handschellen angelegt werden sollten, warf sie eine Pflanze nach einem Carabiniere. «Über 20 Minuten beleidigte sie uns immer wieder mit dem Begriff ‹Fuck›», heisst es im Polizeibericht. H. hatte in ihrem Rucksack zudem einen dreissig Zentimeter langen Hammer. (nad)

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