Russischer Soldat gesteht Mord an Zivilisten
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Er hat ihn erschossen:Russischer Soldat gesteht Mord an Zivilisten

Bis zu 15 Jahre Haft
Russischer Soldat gesteht Mord an Zivilisten – jetzt muss er wegen «Fake News» vor Gericht

Soldat Daniil F. gestand im Sommer, einen Zivilisten in der Ukraine ermordet zu haben. Jetzt wird dem Russen der Prozess gemacht. Aber nicht wegen des Mordes, sondern wegen angeblicher Verbreitung von Fake News.
Publiziert: 29.12.2022 um 15:27 Uhr
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Aktualisiert: 29.12.2022 um 16:05 Uhr
Daniil F. kämpfte mehrere Monate im Ukraine-Krieg. In einem Interview im Sommer gestand er, dass die Russen Zivilisten töten.
Foto: Screenshot Important Stories
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Er tötete wehrlose Zivilisten und raubte sie aus. Der russische Soldat Daniil F.* (21) gestand im Sommer, dass er und seine Kameraden an der Front in der Ukraine, Kriegsverbrechen begangen haben. Ein Mann habe sich etwa vor ihm auf den Boden knien müssen. «Ich jagte ihm eine Kugel in den Hinterkopf», sagte er über die Hinrichtung, wie das unabhängige russische Nachrichtenportal «Waschnije Istorii» («wichtige Geschichten») damals berichtete. F. habe gedacht, dass der Mann wichtige Informationen der Russen an die ukrainische Armee weitergegeben habe, erklärt er im Nachhinein.

Jetzt hat das Militärgericht in der russischen Stadt Chabarowsk eine Strafuntersuchung gegen Daniil F. eröffnet. Aber nicht etwa wegen der Kriegsverbrechen in der Ukraine. Dem 21-Jährigen wird vorgeworfen, Fake News über die russische Armee verbreitet zu haben. Wie aus den Gerichtsdokumenten hervorgeht, werden ihm dabei «eigennützige Absichten» vorgeworfen. Worum es im Detail geht, ist nicht bekannt, berichtet «Waschnije Istorii».

Bis zu 15 Jahre Haft

Nach dem Ausbruch des Krieges wurde in Russland ein Gesetz eingeführt, dass das Verbreiten von «Fake News» über die russische Armee strafbar macht. Wer nach Meinung der Behörden Falschinformationen über die Soldaten verbreitet, kann für bis zu 15 Jahre in den Knast wandern. Auch hohe Geldstrafen drohen den Menschen, die sich der «Diskreditierung» russischer Streitkräfte strafbar machen.

Im Sommer wurde so der Kommunalpolitiker Alexej Gorinow (60) zu sieben Jahren Haft verurteilt. Dem Moskauer wurde vorgeworfen, «wissentlich falsche Informationen» verbreitet zu haben, weil er den Krieg kritisiert hatte.

«Ich kann das mit meinem Gewissen nicht vereinbaren»

Inwiefern Daniil F. mit seinem Geständnis die Handlungen russischer Truppen in den Augen der Behörden diskreditiert hat, ist noch unbekannt. Er selber hatte sich auf Anfrage von «Waschnije Istorii» nicht dazu geäussert. In der Ukraine läuft ebenfalls ein Verfahren gegen den Russen. Er wird beschuldigt, gegen mehrere Kriegsgesetze verstossen zu haben. Ihm droht eine lebenslange Haft.

Nach der Hinrichtung des Mannes erklärte Daniil F., dass er nicht noch einmal jemanden töten könne. «Ich kann das mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, ich hätte mich sonst selber umgebracht.» Gleichzeitig kritisierte er die russische Armee und machte seinen Vorgesetzten Vorwürfe. Die Kommandos würden sich «einen Dreck» um die Soldaten scheren, die an der Front kämpfen und sterben.

«Diesen Krieg hätte es nicht geben dürfen»

Und er sagte weiter, dass er immer noch nicht verstanden habe, wofür und mit wem er gekämpft hatte. Die Vorgesetzten hätten immer wieder davon erzählt, dass die Russen die Ukraine retten würden.

Das habe weder er noch seine Kameraden richtig verstanden. «Angeblich versuchen wir, die Zivilisten vor Faschisten zu retten. Aber ohne es zu ahnen, vernichten wir diese Zivilisten selber. Was hat es für einen Sinn, diesen Krieg weiterzuführen?»

Wie es für Daniil F. weiter geht, ist unklar. Nach dem Interview im Sommer hatte der 21-Jährige seine Kündigung eingereicht. Er wollte nicht mehr zurück an die Front. «Ich denke, es wäre besser gewesen, wenn es diesen Krieg gar nicht gegeben hätte.» (jmh)

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