Brasiliens Volksheld sitzt hinter Gittern
Gewinnt Häftling Lula die Präsidentschafts-Wahl?

Im Oktober wählen die Brasilianer einen neuen Präsidenten. Die besten Chancen hat Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Obwohl er zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt worden ist.
Publiziert: 23.07.2018 um 22:12 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 15:14 Uhr
Winkt seinen Fans zu: Brasiliens Ex-Präsident Lula möchte wieder an die Macht.
Foto: AP
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Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva (72) sitzt im Gefängnis. Er war 2017 nach einer Berufung zu zwölf Jahren Haft wegen Korruption verurteilt worden. Lula wurde beschuldigt, Bauarbeiten im Wert von 1,1 Millionen Franken für seine Wohnung bekommen zu haben. Als Gegengeschäft habe er der Baufirma Odebrecht Aufträge zukommen lassen.

Lula, wie er von allen nur genannt wird, amtete von 2003 bis Anfang 2011 als Präsident Brasiliens. Zurzeit wird das Land von Michel Temer (77) regiert, der das Amt 2016 von der geschassten Präsidentin Dilma Rousseff (70) geerbt hatte.

Im Umfragen klar vorne

Trotz Verurteilung treibt Lula für die kommenden Präsidentschaftswahlen im Oktober (erster Wahlgang am 7.10, zweiter Wahlgang am 28.10) von seiner Zelle aus fleissig Wahlwerbung. Per Twitter äussert er sich zu zahlreichen Themen. So kritisiert er zum Beispiel einen Privatisierungsplan der Regierung, die «das Land in einem Räumungsverkauf» verscherbele, «ohne sich um das Morgen zu kümmern».

Mit vielen seiner Argumente rennt der Gründer der Arbeiterpartei offene Türen ein. Laut Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Datafolha liegt er zurzeit mit 30 bis 35 Prozent der Stimmen sogar auf Platz eins.

Darf er kandidieren oder nicht?

Nur ist eine wichtige Frage noch nicht geklärt: Darf ein Verurteilter überhaupt kandidieren? Lulas Sprecher José Crispiano meint klar ja, da Lula die Berufung weitergezogen habe. Er wertet die Verurteilung als eine Massnahme, die Lulas Wahl verhindern soll. 

Es herrscht ein Rechtsstreit. Die endgültige Entscheidung liegt beim Obersten Wahlgericht. Es wird nicht erwartet, dass sich dieses für den früheren Präsidenten festlegen wird.

Es droht ein Rechtsrutsch

Wenn Lula nicht antreten darf, könnte es in Brasilien zu einem massiven Rechtsrutsch kommen. Mit 17 Prozent der Stimmen auf Platz zwei der Umfragen lauert nämlich der rechtsextreme Abgeordnete Jair Bolsonaro (63).

Der Mann aus Rio, der die Militärdiktatur der Jahre 1964 bis 1985 verteidigt und sich für die Wiedereinführung der Todesstrafe einsetzt, verspricht, dass er in Brasilien «aufräumen» werde. (gf)

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