Britischer «Superwahltags»
Johnson-Erfolg in Labour-Stammregion

Während viele Stimmen des «Superwahltags» in Grossbritannien am Freitag noch ausgezählt wurden, hat Boris Johnson dank des Brexits bereits einen Erfolg zu verbuchen.
Publiziert: 07.05.2021 um 11:50 Uhr
dpatopbilder - Boris Johnson (r), Premierminister von Großbritannien, winkt, als er mit seiner Verlobten Carrie Symonds nach ihrer Stimmenabgabe das Methodist Central Hall verlässt. Foto: Matt Dunham/AP/dpa
Foto: Matt Dunham

Erstmals seit Jahrzehnten jagte die Konservative Partei des britischen Premierministers der Labour-Partei das Unterhausmandat in der nordostenglischen Stadt Hartlepool ab.

Bei einer als Stimmungstest eingestuften Nachwahl erhielt die konservative Kandidatin Jill Mortimer die meisten Stimmen, wie die Wahlkommission am Freitagmorgen mitteilte. Der ehemals von Industrie und Bergbau geprägte Norden Englands ist eigentlich traditionell fest in der Hand der Sozialdemokraten - doch dort ist auch die Zustimmung zum EU-Austritt sehr hoch, und das trieb die Wähler nun offensichtlich in Scharen in die Arme der Konservativen von Brexit-Vorkämpfer Johnson.

In weiten Teilen Grossbritanniens wurden die Menschen am Donnerstag auf regionaler und lokaler Ebene zu den Wahlurnen gerufen. Die Auszählung der Stimmen bei der Parlamentswahl in Schottland hat unterdessen erst am Freitagmorgen begonnen - trotzdem könnte es schon am Abend eine Vorentscheidung geben. Bei der Parlamentswahl in Wales dürfte noch am Freitag ein Ergebnis verkündet werden.

Auch bei den Kommunalwahlen in weiten Teilen Englands zeigte sich in Gegenden, die mehrheitlich für den Brexit gestimmt hatten, eine Wählerbewegung zu den Konservativen. Damit wird ein Trend bestätigt, der bereits bei der Parlamentswahl vor zwei Jahren eingesetzt hatte und Johnson einen grossartigen Sieg bescherte.

Für Labour-Chef Keir Starmer, der seit gut einem Jahr im Amt ist, bedeutet die Niederlage in Hartlepool einen herben Rückschlag. Starmer hatte versucht, das Thema Brexit zu meiden und so die Partei für die traditionelle Anhängerschaft in Nordengland wieder wählbar zu machen. Doch diese Strategie gilt nun als gescheitert.

Die Labour-Partei verstehe sich immer noch als Partei der Arbeiterschaft, das schlage sich aber an den Wahlurnen nicht mehr nieder, sagte der Wahlexperte John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow der BBC. «Labour muss entweder eine Strategie finden, die Arbeiter trotz Brexits wiederzugewinnen oder akzeptieren, dass sie jetzt die Partei der jungen Leute, Akademiker und Sozial-Liberalen sind», so der Politikwissenschaftler weiter.

Sowohl Johnson als auch Starmer waren im Wahlkampf mehrmals in die Nordsee-Stadt Hartlepool mit etwa 92 000 Einwohnern gereist. Die Nachwahl wurde notwendig, weil der amtierende Labour-Abgeordnete Mike Hill nach Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs zurückgetreten war. Auf die Zusammensetzung des Parlaments in London hat das Wahlergebnis keinen Einfluss. Dort haben die Konservativen bereits eine deutliche Mehrheit.

Mit Spannung wurde am Freitag auch auf die Auszählung bei der Parlamentswahl in Schottland gewartet. Während mit dem Endergebnis erst am Samstag gerechnet wird, könnten die Resultate in einigen umkämpften Wahlkreisen bereits am Freitag eine Entscheidung bringen, ob die Schottische Nationalpartei (SNP) von Regierungschefin Nicola Sturgeon eine absolute Mehrheit erreicht hat. Die SNP hofft, damit Druck auf London für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum ausüben zu können.

Bei der Bürgermeisterwahl in London wird mit einem deutlichen Sieg von Amtsinhaber und Labour-Politiker Sadiq Khan gerechnet. Doch die Auszählung der Stimmen dürfte sich voraussichtlich bis Sonntag hinziehen.

(SDA)

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