Bub (†6) aus Tirol ertrank nach angeblichem Raubüberfall in Fluss
«Massive Pannen und Fehler» bei Ermittlungen im Fall Leon?

Ein Vater wollte seinem kranken Sohn dabei helfen, einschlafen zu können und ging mit ihm spazieren. Am nächsten Tag fand die Polizei den Buben tot in einem Fluss. Sein Vater sitzt als Tatverdächtiger in U-Haft. Sein Anwalt ist überzeugt: Die Ermittler haben geschlampt.
Publiziert: 01.03.2024 um 18:10 Uhr

Der Tod von Leon A.* (†6) in einem Tiroler Fluss ist weiter ungeklärt. Der tragische Fall sorgte im August 2022 im gesamten deutschsprachigen Raum für Erschütterung und Anteilnahme. Seit einem Jahr sitzt Leons Vater Florian A.* als Tatverdächtiger in Untersuchungshaft, was am Freitag vom zuständigen Haftrichter noch einmal bestätigt wurde.

A. bestreitet alle Vorwürfe: Bevor der behinderte Bub ins reissende Wasser geriet, habe ein Unbekannter ihn bewusstlos geschlagen – so die Version des Vaters. Die Staatsanwaltschaft hingegen, glaubt, Leons Vater habe die Attacke nur vorgetäuscht und sei selbst für den Tod seines Sohnes verantwortlich. Das Gericht behält Florian A. vorläufig hinter Gittern. 

Zuvor stellte A.s Anwalt einen Enthaftungsantrag. Die Staatsanwaltschaft habe bei ihren Ermittlungen gegen den Vater geschlampt, sagte Jurist Albert Heiss im Rahmen einer Pressekonferenz in Innsbruck (Ö). Anschliessend holte er zu einem Rundumschlag gegen Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt aus, wie «Der Standard» berichtet. Was Heiss der Anklage vorwirft: «Mangelhafte Spurensicherung und Auswertung und «Verstoss gegen die Grundsätze der Objektivität.» Die Staatsanwaltschaft habe sich viel zu früh auf den Vater als Täter eingeschossen und entlastende Fakten nicht berücksichtigt. Zusätzlich hätten die Behörden die potenzielle Motivlage des Beschuldigten «völlig falsch eingeschätzt».

2022 wurde Leon tot in einem Fluss in Tirol aufgefunden.
Foto: leonandfriends.org
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Fremd-DNA an Leons Overall?

Am Tatort sei unsauber gearbeitet worden. Von der möglichen Tatwaffe – einer Flasche – seien nur die Hälfte der Scherben untersucht worden. Ausserdem habe man im Flaschenhals auch männliche Fremd-DNA gefunden. Es gebe aber noch eine weitere Spur: «Am Overall, den Leon bei seinem Tod trug, fand man männliche DNA», sagten Heiss und sein Kollege Kapferer. Diese DNA konnte bisher noch niemandem zugewiesen werden. 

Rund ein Dutzend Gutachten hat die Familie laut dem Anwalts-Team des Beschuldigten eingeholt. Ein Experte habe «17 Schlagversuche» unternommen, schreibt die Zeitung. Dem Resultat zufolge sei es sehr unwahrscheinlich, dass der Vater sich die Wunde selbst zugefügt hat. Die Familie würde ebenfalls zu ihm stehen. Leons Mutter sei «absolut loyal» gegenüber ihrem Mann. 

«Verteidigung will Geschworene beeinflussen»

Als Indiz für den Vortäuschungsversuch nahm die Staatsanwaltschaft die Erkenntnis, dass der Vater kurz vor Leons Tod das Wort «Ohnmacht» gegoogelt hatte. Die Erklärung der Verteidiger: Familie A. soll sechs Wochen Ferien an der Adriaküste gemacht haben. Da habe Leons Schwester gefragt, ob Feuerquallen gefährlich sind – der Vater habe dann nach entsprechenden Symptomen gegoogelt. 

Nach der Pressekonferenz nahm die Staatsanwaltschaft schriftlich Stellung zu den Vorwürfen: Interpretiere die Verteidigung Ermittlungsergebnisse in ihrem Sinn, dann gehe es ihr offenbar darum, «bereits jetzt die späteren Richter – voraussichtlich Geschworene – zu beeinflussen». Man werde sich bemühen, das Ermittlungsverfahren rasch zu beenden. Auf weitere Anfragen des «Standard» ging die Behörde nicht ein. Die Behörde werde sich «während des laufenden Ermittlungsverfahrens nicht zu Beweisergebnissen oder zu Anträgen und Vorbringen der Verteidigung äussern».

* Namen bekannt 

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