Portugiesische Polizei sucht erneut in Stausee nach Maddie
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Vor einem Jahr:Portugiesische Polizei sucht erneut in Stausee nach Maddie

Christian B. gestand ihm die Tat versehentlich
Wichtigster Zeuge packt über Maddie-Entführung aus

Der wichtigste Kronzeuge im Fall Maddie McCann steht unter Polizeischutz. In einem Interview spricht er zum ersten Mal über seine Zeit mit dem Hauptverdächtigen Christian B.
Publiziert: 29.06.2023 um 17:02 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2023 um 17:49 Uhr

Der Fall der entführten Maddie McCann gehört zu den bekanntesten Cold Cases der Welt. 2007 verschwand das damals dreijährige Mädchen spurlos aus dem Zimmer in einer portugiesischen Ferienwohnung an der Algarve. Jahrelang standen die Behörden vor einem Rätsel – denn eine Leiche wurde nie gefunden. Doch ein Zeuge meldete sich 2008 bei der eingerichteten Maddie-Hotline der Londoner Kriminalpolizei Scotland Yard und belastete Christian B.*. Heute gilt B. als Hauptverdächtiger im Fall Maddie.

Bei dem Kronzeugen handelt es sich um Helge B.*. In einem Interview mit der «Bild» spricht er das erste Mal darüber, was er zum Fall Maddie weiss. Er war zu der Zeit der Entführung selbst kriminell und lernte Christian B. durch Kollegen kennen. Gemeinsam brachen sie in Ferienhäuser ein.

Als Christian B. wegen Diebstahls verhaftet wurde, ergriff Helge B. die Chance, mit einem weiteren Kollegen bei dem Dieb in die Finca von B. zu steigen und etwas mitgehen zu lassen. Helge B. fand Videokameras, Filme und eine Pistole. Auf den Filmen sah er, wie Christian B. eine Amerikanerin (72) vergewaltigte und eine Jugendliche nackt fesselte. «Da wusste ich, was B. für ein Typ ist», sagt Helge B.

Das Bild von der vermissten Maddie McCann ging 2007 um die Welt.
Foto: AFP
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Die Waffe warf er eigenen Angaben zufolge in den portugiesischen Stausee Barragem do Arade, die Kamera verkaufte er. Aus Angst, sich selbst zu belasten, liess Helge B. die Filme liegen. Was später mit ihnen passierte, weiss er nicht. Aber was er sah, verfolgt ihn noch immer.

Christian B. gestand ihm die Tat versehentlich

2008 trafen sich Helge B. und Christian B. auf dem Dragon Festival im spanischen Orgiva wieder. «Er hat sich zu uns gesellt, wir haben uns unterhalten», sagt der Zeuge im Interview. Der mutmassliche Entführer fragte, ob Helge B. noch oft nach Portugal fahre. Dieser verneinte und meinte: «Seit das Mädchen dort verschwunden ist, sind mir da zu viele Polizeikontrollen.» Er verstehe sowieso nicht, wie Maddie spurlos verschwinden konnte, fügte er hinzu. «Sie hat ja nicht geschrien», soll Christian B. daraufhin gesagt haben. Helge B. zu «Bild»: «Ich habe sofort gecheckt, was der da gesagt hat.»

Für Helge B. ist in diesem Moment klar, dass sein ehemaliger Kollege ihm in diesem Moment die Entführung an Maddie McCann gestanden hat. Und auch Christian B. scheint zu verstehen, dass er zu viel gesagt hat. Noch in der gleichen Nacht flüchtet er. «Der ist weg», hiess es, als Helge B. ihn suchte.

Daraufhin meldete sich Helge B. bei der Maddie-Hotline. «Ich habe gesagt, dass ich jemanden kenne, der damit wohl was zu tun hat und denen den Namen gegeben», berichtet Helge. «Die haben meine Personalien aufgenommen, meine Telefonnummer. Aber da ist halt nichts passiert. Nichts! Man hat mich nie zurückgerufen.»

«Meine Theorie ist, dass er einen Einbruch vor hatte»

Erst zehn Jahre und eine abgesessene Haftstrafe später erfährt der Zeuge, dass sein Anruf nichts genützt hat. Helge B. versuchte es erneut bei Scotland Yard und machte 2017 in London eine Aussage. «Meine Theorie ist, dass er einen Einbruch vor hatte. Dass der schiefgegangen ist und er die Kinder im Apartment gefunden hat. Und dass er Maddie dann mitgenommen hat. Das war wahrscheinlich gar nicht geplant» sagt Helge B. Ob Christian B. das Mädchen auch umbrachte, weiss er nicht.

Helge B. ist der Zeuge, der Christian B. hinter Gitter brachte. Für die Vergewaltigung an der Amerikanerin (72) sitzt er bis 2026 im Gefängnis. Doch für eine Anklage wegen der Maddie-Entführung reichen die Beweise nicht. «Ich habe Sorgen, dass B. damit durchkommt», gesteht der Kronzeuge. Seit seiner Aussage sei sein Leben die Hölle, er steht unter dem Schutz des deutschen Bundeskriminalamts und ist ständig auf der Flucht.Seinem ehemaligen Weggefährten will er sagen: «Christian, ich hoffe, dass du nicht mit dieser Geschichte davonkommst. Mit dem, was du getan hast.» (jwg)

*Namen bekannt

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