Trumps Ex-Anwalt Cohen packt aus
«Er kann sich freundlich verhalten, ist aber nicht freundlich»

Kaum einer kennt Donald Trump besser als sein ehemaliger Anwalt Michael Cohen. Dieser sagt nun öffentlich über den US-Präsidenten aus.
Publiziert: 27.02.2019 um 07:20 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2019 um 20:41 Uhr
Michael Cohen war Trumps Anwalt von 2007 bis im Frühling 2018.
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Wer ist Michael Cohen?

Der 52-jährige Michael Cohen ist gelernter Rechtsanwalt. Er ist mit einer Ukrainerin verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. Im Jahr 2006 trat Cohen der Trump-Organisation bei. Das Vertrauen des heutigen US-Präsidenten gewann er, als er einen Aufstand Eigentümerversammlung im Trump Tower niederschlug. Was folgte war ein steiler Aufstieg: Cohen stieg zum Vizepräsidenten der Organisation auf und wurde zu Trumps persönlichem Anwalt.

Auffallend über all die Jahre war Cohens Untergebenheit zu seinem reichen Mandaten. Er sagte gar einst, er würde für ihn notfalls «eine Kugel» nehmen. Seine extreme Loyalität brachte ihm in den US-Medien den Ruf als Trumps «Aufräumer» ein. Kaum ein anderer Mensch auf dieser Welt kennt Trump politisch, privat und geschäftlich besser als Cohen.

Warum hat ihn Trump gefeuert?

Eine Erklärung dazu hatte der US-Präsident erst nicht abgeben. Er bestätigte im Juni 2018 lediglich gegenüber Reportern, dass Cohen nicht mehr sein Anwalt sei. Es ist davon auszugehen, dass die Ereignisse im Frühling zu seiner Entlassung geführt haben. Im April 2018 führten FBI-Beamte eine Razzia in Cohens Anwesen und seinem Büro durch. Sie konfiszierten tausende elektronische und schriftliche Unterlagen. Den Tipp erhielten sie von Robert Mueller, dem Sonderermittler in der Russland-Affäre.

Später wurde Cohen mit dem sichergestellten Material vor Gericht gestellt. Er bekannte sich Ende August in acht Anklagepunkten schuldig – die meisten davon betrafen Steuervergehen. Weitaus politisch pikanter war sein Eingeständnis, illegale Schweigegelder bezahlt zu haben. «Das einzige Ziel war es, den Ausgang der Wahlen zu beeinflussen», sagte Cohen. Damit habe ihn «Individual Nr. 1» beauftragt – Donald Trump.

Cohen wurde im Dezember zu drei Jahren Haft verurteilt. Im Mai wird er seine Gefängnisstrafe antreten.

Wie stehen die beiden heute zueinander?

Überhaupt nicht gut. Trump nennt Cohen eine «Ratte», weil dieser «Lügen» verbreite. Michael Cohen wirft dem Präsidenten vor, ihn «verführt» und auf einen «dunklen Pfad» gebracht zu haben. 

Warum sagt Cohen vor dem Kongress aus?

Diese Entscheidung sei in ihm lange gereift, sagt Cohen. Der Ausschlag soll das Gipfeltreffen zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Juli in Helsinki gegeben haben. Da sei er zur Überzeugung gelangt, dass Trump nicht die Interessen der USA ausreichend vertrete.

Wann findet die Anhörung statt?

Es gibt drei verschiedene Termine. Am Dienstag sagte Cohen vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats hinter verschlossenen Türen aus. Heute Mittwoch findet die öffentliche Anhörung vor dem Aufsichtsausschuss des Repräsentantenhauses aus. Und am Donnerstag geht nochmals unter Ausschluss der Öffentlichkeit weiter: beim Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses.

Was geschah am Dienstag?

Das weiss niemand so genau. Noch sind keine Details an die Öffentlichkeit gelangt. Senatoren wollten gegenüber Reportern keine konkreten Angaben machen. Cohen selbst äusserte sich zufrieden. Er habe die Gelegenheit bekommen, Dinge gerade zurücken und «die Wahrheit zu sagen», sagte er. «Und ich freue mich darauf, am Mittwoch mit meiner Stimme der amerikanischen Bevölkerung meine Geschichte erzählen zu können. Und ich werde die Amerikaner entscheiden lassen, wer die Wahrheit sagt.»

Was sind die Themen der öffentlichen Anhörung?

Zur Schweigegeld-Affäre werden viele Fragen erwartet. Auch Trumps Geschäftspraktiken und mögliche Interessenskonflikte dürften thematisiert werden. Die «Washington Post» zitierte eine Quelle mit der Ankündigung, Cohen wolle über «Lügen, Rassismus und Betrug» sprechen. Nicht zur Sprache kommen werden Trumps Verbindungen zu Russland. Das wurde mit dem Justizdepartement im Vorfeld abgemacht.

Was ist zu erwarten?

Für die Abgeordneten ist es eine Gelegenheit, sich mit intelligenten Fragen vor dem TV-Publikum und somit potenziellen Wählern zu profilieren. In den USA wird vom «Youtube-Moment» gesprochen. Bedeutet: Es dürfte viel Drama und viel Show geben.

Dass ein erschütternder Skandal über Trump publik wird, wird bezweifelt. «Es dürften höchstens einige kitschige Details über Trumps Geschäftsaktivitäten rauskommen», sagt US-Politikwissenschafter T. J. Pempel von der Universität von Kalifornien zu BLICK. Aber solche Offenbarungen dürften wahrscheinlich nur geringe Auswirkungen auf die Meinung der Öffentlichkeit haben. «An Fehler von Trump haben sich die Leute langsam gewöhnt.» 

Was sagen Trumps Freunde?

Sie sind nicht gerade glücklich über die bevorstehende öffentliche Anhörung. Diese wurde auch nur möglich, weil die Demokraten seit Januar eine Mehrheit im Repräsentantenhaus stellen.

Der republikanische Abgeordnete Matt Gaetz sorgte am Dienstagabend für Aufregung. Er drohte Cohen auf Twitter: «Wissen deine Frau und dein Schwiegervater von deinen Freundinnen? Vielleicht wäre heute Abend ein guter Zeitpunkt für dieses Gespräch. Ich frage mich, ob sie dir im Gefängnis treu bleiben wird. Sie ist dabei, viel zu lernen ...» Auch Gaetz hat die Gelegenheit, Fragen zu stellen.

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Wo kann ich den Showdown verfolgen?

Hier auf Blick.ch! Wir zeigen die Cohen-Anhörung live ab 16 Uhr und berichten im Anschluss über das Polit-Drama. (nim)

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