Trump-Triumph, Biden-Bashing?
Das sind die 5 spannendsten Figuren bei den US-Midterms

Die Republikaner sind drauf und dran, im US-Parlament wieder die Oberhand zu gewinnen. Joe Biden steht vor zwei extrem schwierigen Jahren. Noch ärger siehts für seine Stellvertreterin aus.
Publiziert: 07.11.2022 um 10:54 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2022 um 15:47 Uhr
Samuel Schumacher

Weder Donald Trump (76) noch Joe Biden (79) stehen am 8. November auf dem Wahlzettel. Trotzdem werden die amerikanischen Zwischenwahlen («Midterms») das politische Schicksal von mindestens einem der beiden mächtigen Männer besiegeln. Rund 170 Millionen wahlberechtigte Amerikaner sind am übernächsten Dienstag dazu aufgerufen, alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus (dem Nationalrat der USA) und ein Drittel der 100 Mandate im Senat (dem Ständerat Amerikas) neu zu besetzen. Dazu wählen insgesamt 36 Bundesstaaten ihren lokalen Regierungschef («Gouverneur»). Laut Umfragen könnten die Demokraten ihre Mehrheit in beiden Kammern des nationalen Parlaments («Kongress») verlieren. Präsident Biden verlöre damit einen Grossteil seiner Entscheidungsmacht und wäre für die zwei verbleibenden Jahre seiner Amtszeit eine «lame duck» – eine lahme Ente. Das hätte internationale Konsequenzen. So stünde etwa das Fortdauern der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine auf der Kippe. Verlieren die Republikaner, ist das eine schmetternde Niederlage für Trump, der derzeit quer durchs Land reist, um die Kandidatinnen und Kandidaten seiner Partei tatkräftig zu unterstützen. Diese fünf Personen stehen bei den Midterms ganz besonders im Fokus:

Herschel Walker: So radikal wie Trumps Liebling ist kein anderer Senatskandidat

In seinem Heimatstaat Georgia ist der einstige Football-Superstar Herschel Walker (60) eine Legende. Walker gehörte einst zu den besten Athleten Amerikas, rannte die 100 Meter in 10,22 Sekunden, erreichte an den Olympischen Winterspielen 1992 den siebten Platz im Zweierbob und gewann mit 47 seinen Auftaktkampf in der brutalen Sportart «Mixed Martial Arts» (MMA). Jetzt will Walker auch im politischen Ring gewinnen. Im hart umkämpften Bundesstaat Georgia tritt er an, um dem Demokraten Raphael Warnock (53) den Senatssitz abzuluchsen. Gewinnt Walker, könnten die Republikaner in der kleinen Kammer wieder die Oberhand gewinnen. Der Ex-Sportstar geht mit einer radikalen Antiabtreibungspolitik ins Rennen, obwohl er selber von mehreren Ex-Partnerinnen beschuldigt wird, sie zu Abtreibungen gezwungen zu haben. Unterstützt wird Walker von ganz oben: Kein Geringerer als Ex-Präsident Donald Trump persönlich hat ihn dazu motiviert, ins Rennen um den Senat zu steigen.

Kari Lake: Die Ex-Moderatorin aus Arizona lehrt die Demokraten das Fürchten

Die Republikanerin Kari Lake (53) hat in ihren 22 Jahren als Moderatorin beim Fernsehsender KSAZ-TV in Arizona gelernt, wie man ein Publikum überzeugt. Als Fernsehjournalistin hat sie sowohl Barack Obama als auch Donald Trump interviewt – und als Bürgerin beide gewählt. Bis zu Trumps Präsidentschaftswahlkampf war die Journalistin überzeugte Demokratin. Jetzt aber könnte sie für die Demokraten zum politischen Schreckgespenst werden. Lake ist auf bestem Weg, zur Gouverneurin im Grand-Canyon-Staat gewählt zu werden. Als solche hätte sie die Aufsicht über die Durchführung der Präsidentschaftswahlen 2024 in Arizona, einem umkämpften Wechselwählerstaat («Swing State»). Das beunruhigt die Demokraten: Lake, der bereits Präsidentschaftsambitionen nachgesagt werden, ist eine Anhängerin von Trumps «Big Lie»-Theorie. Sie behauptet, dass Trump der legitime Präsident der USA sei – und nicht der offiziell gewählte Joe Biden.

Joe Biden droht vorzeitig als «lahme Ente» zu enden.
Foto: keystone-sda.ch
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John Fetterman: Nicht einmal ein Schlaganfall kann den demokratischen Riesen stoppen

In seinen Kapuzenpullis und mit seinen Tätowierungen wirkt der Riese von Pennsylvania (203 cm) fehl am Platz in der herausgeputzten Politikerschar. Doch John Fetterman (53) meint es ernst mit seiner Kandidatur für den US-Senat: Berühmtheit erlangte er nach den US-Präsidentschaftswahlen 2020, als er Trumps Wahlfälschungsvorwürfe an die Adresse seines Heimatstaats Pennsylvania vehement niederschmetterte. Fetterman hat generell wenig übrig für die Tiraden der Mächtigen und setzt sich für die Anliegen der «kleinen Leute» ein: Er will den Mindestlohn auf 15 Dollar pro Stunde erhöhen und Krankenversicherungen zum Menschenrecht erklären. Dieses letzte Anliegen hat im Mai eine ganz persönliche Bedeutung für ihn erhalten: Fetterman erlitt einen Schlaganfall und ist seither nicht mehr in der Lage, gesprochene Worte zu verstehen. Bei einer TV-Debatte diese Woche musste er alle Aussagen seines republikanischen Kontrahenten von einem Teleprompter ablesen. Trotzdem liegt er im Senatsrennen noch immer vorne.

J. D. Vance: Der Netflix-Star lässt sich sein Polit-Debüt mächtig was kosten

Wer mit 38 schon eine Autobiografie veröffentlicht hat, die dann auch noch von Netflix verfilmt worden ist («Hillbilly Elegy», 2020), der hat entweder ganz schön viel erlebt – oder er weiss schlicht, wie man sich perfekt vermarktet. Auf James David Vance (38) trifft wohl beides zu. Trotz seiner schwierigen Kindheit im verarmten, ländlichen Ohio hat er sich nach oben gekämpft, als Soldat im Irak gedient und ist als Investor vermögend geworden. Den Wahlkampf für sein politisches Debüt (er will als republikanischer Senator für den Industriestaat Ohio nach Washington) liess er sich mindestens 66 Millionen Dollar kosten. Unterstützung erhält Vance von Donald Trump, obwohl der politische Jungspund den Ex-Präsidenten vor seiner politischen Kehrtwende 2020 noch bitter bekämpfte und als Lügner bezichtigt hatte. Aber eben: Der neuerdings erzkonservative Republikaner J. D. Vance weiss, wie man sich verkaufen muss – und wer einem wann wofür dienlich sein kann. Gewinnt er, könnte das die Machtverhältnisse im nationalen Parlament entscheidend beeinflussen.

Kamala Harris: Die Vizepräsidentin stolpert der Bedeutungslosigkeit entgegen

Kamala Harris (58), die erste Vizepräsidentin der US-Geschichte, steht zwar auf keinem Wahlzettel. Die Midterms bedeuten für die unglücklich agierende Nummer zwei im amerikanischen Politgefüge aber aller Voraussicht nach trotzdem einen Machtverlust: Sobald die Mehrheitsverhältnisse im Senat sich auch nur um einen Sitz verändern (egal, in welche Richtung), verliert Harris ihre «Split Vote Decision». Wann immer das Stimmverhältnis im 50:50-Senat unentschieden stand, lag es an der Kalifornierin, den Stichentscheid zu fällen. Harris droht definitiv in der Washingtoner Schattenkulisse zu verschwinden. Ihre Dossiers (Migration und Wahlreform) scheinen ihr zu entgleiten: Noch nie in der jüngeren Geschichte stürmten so viele Migranten über die US-mexikanische Grenze (mehr als 2,3 Millionen in diesem Jahr) – und die Wahlrechtsdebatte interessiert das inflationsgeplagte Land gerade herzlich wenig. Das widerspiegelt sich in Harris' Umfragewerten: Nur noch jeder dritte Amerikaner findet, dass die Vizepräsidentin einen guten Job macht.

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