Attentat ist Segen für Trump
Diese Schüsse katapultieren Trump ins Weisse Haus

Mehr als 40 Jahre lang gab es kein direktes Attentat mehr auf einen US-Präsidenten – bis am Samstagabend. Die Schüsse auf Donald Trump in Butler, Pennsylvania, sind ein Segen für den Republikaner. Das Rennen um das Weisse Haus ist so gut wie gelaufen – aus fünf Gründen.
Publiziert: 14.07.2024 um 12:16 Uhr
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Aktualisiert: 15.07.2024 um 14:12 Uhr
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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Donald Trump (78) wird der nächste Präsident der Vereinigten Staaten. Das ist nach dem Attentat auf den Republikaner am Samstagabend so gut wie sicher. Trump hat aussergewöhnlich gut auf den Horror-Moment reagiert. Aus diesen fünf Gründen werden die Schüsse in Butler, Pennsylvania den Ex-Präsidenten direkt ins Weisse Haus katapultieren.

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Trump, der Kämpfer, sticht gegen Biden, den Schwächling

Joe Bidens (81) Gebrechlichkeit war bis Samstagabend das zentrale Thema des Wahlkampfs. Der Kontrast zwischen dem vitalen Trump und dem tattrigen Biden wird durch Trumps bärenstarke Reaktion auf den Ermordungsversuch noch um ein Vielfaches deutlicher. Weniger als eine Minute nach dem Schuss, der ihn am rechten Ohr traf, stand Trump wieder auf den Füssen, reckte die Faust in die Luft und rief «Fight, fight, fight!» ins Publikum.

Als ihn die Sicherheitsleute vom Secret Service von der Bühne bringen wollten, wehrte er sich zuerst und sagte: «Lasst mich erst meine Schuhe anziehen!» Erhobenen Hauptes und mit ernstem Blick schritt er danach von der Bühne. Ein ultimatives Zeichen der Stärke und der Unerschütterlichkeit. Das pure Gegenteil von jenen zittrigen Auftritten, mit denen Joe Biden seine Anhänger regelmässig in Panik versetzt.

Dieses Foto des AP-Fotografen Evan Vucci hat jetzt schon Ikonen-Status. Der blutverschmierte Trump mit erhobener Faust, dahinter der blaue Himmel des Swingstates Pennsylvania und das wehende amerikanische Banner. Besseres Bildmaterial hätte sich Trump für seinen Wahlkampf nicht wünschen können.
Foto: AP
Dieses Foto des AP-Fotografen Evan Vucci hat jetzt schon Ikonen-Status. Der blutverschmierte Trump mit erhobener Faust, dahinter der blaue Himmel des Swingstates Pennsylvania und das wehende amerikanische Banner. Besseres Bildmaterial hätte sich Trump für seinen Wahlkampf nicht wünschen können.
Foto: AP
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Selbst der vorsichtige amerikanische Star-Politologe Ian Bremmer (54) kommt zum Schluss, dass Trumps Reaktion das Rennen so gut wie entscheiden wird. «Das macht es nochmals wahrscheinlicher, dass Trump gewinnt», sagte Bremmer in einer Video-Analyse auf Twitter.

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Ikonische Momente, nicht Parteiprogramme, entscheiden das Rennen

Jeder Wahlkampf – und keiner mehr als der amerikanische – lebt von Bildern. Und kein Bild der modernen US-Polit-Geschichte ist ikonischer als jenes des AP-Fotografen Evan Vucci: Es zeigt Trump mit blutverschmiertem Gesicht und entschlossenem Blick, die Faust in die Höhe, am blauen Himmel über ihm eine perfekt wehende US-Flagge. Das Bild rückt Trump ganz genau in jenes heldenhafte Licht, in dem sich der Republikaner selbst so gerne sieht. 

Trump wird es hunderttausendfach auf T-Shirts und Kaffeetassen drucken lassen und damit Millionen verdienen – genau, wie er das schon mit dem Polizei-Foto von seiner Einvernahme im Fulton County Gefängnis in Georgia im vergangenen August gemacht hatte. Es macht Trump zur fast überirdischen Figur und macht all seine Schwächen vergessen.

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Historische Daten zeigen: Attentate effiziente Wahlhelfer für US-Präsidenten

Auf jeden Präsidenten in der US-Geschichte gab es mindestens ein Attentatsversuch. So knapp wie für Trump am Samstagabend wurde es allerdings lange nicht mehr. Der letzte fast geglückte Anschlag auf einen US-Präsidenten passierte am 30. März 1981, als John Hickley Junior in Washington sechs Schüsse auf Ronald Reagan (†2004) abfeuerte.

Reagans Beliebtheitswerte schossen nach dem Attentat in die Höhe. Seine Zustimmung unter seinen republikanischen Parteigenossen stieg von 74 auf 92 Prozent, bei den Demokraten von 38 auf 51 Prozent und bei den parteilosen Amerikanern von 53 auf satte 70 Prozent. Die Wiederwahl 1984, gut drei Jahre nach dem Attentat, schaffte Reagan mit einem historischen Glanzresultat: Er gewann in 49 der 50 US-Bundesstaaten. Und: Seine ziemlich radikale Steuerreform brachte Reagan kurz nach dem Mordversuch problemlos durch das von den Demokraten kontrollierte Parlament. Das zeigt: Attentatsüberlebende können die ihnen entgegengebrachte Sympathie mit ein bisschen Geschick problemlos in politische Siege umwandeln.

Übrigens: Genau wie am Samstagabend Donald Trump bestand im März 1981 auch Ronald Reagan darauf, nach dem Angriff auf eigenen Beinen zu stehen. Reagan ging aufrecht in den Operationssaal, wo er kurz nach der Türschwelle kollabierte. Trumps Verständnis für starke Bilder steht jenem des einstigen Hollywood-Stars Ronald Reagan in nichts nach.

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Das Attentat bestätigt Trumps wichtigste Wahlkampfthemen

Seit Monaten spricht Trump von einer «Hexenjagd», die gegen ihn stattfinde. Die Medien seien gegen ihn, die Justiz sowieso, die politischen Gegner wollten ihn weghaben. Nichts aber bringt seine Behauptung so gut auf den Punkt wie der Ermordungsversuch vom Samstagabend. Das Establishment, die Linken, die Radikalen: Sie wollen Trump vernichten. Er aber übersteht den Sturm, stellt sich ihm in den Weg. Das hat Trump unter Beweis gestellt.

Und: Er hat bestes Anschauungsmaterial für seine Behauptung, Amerika sei im Zerfall begriffen und in den Händen radikaler Linkschaoten. Der erste ernsthafte Anschlag auf einen Präsidentschaftskandidaten in mehr als 40 Jahren ist dafür Beweis genug.

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Für die religiöse Wählerschaft ist Trump jetzt ohne Zweifel der Auserwählte

Wenige Stunden nach dem Anschlag überschwappt das Internet bereits von Memes und Montagen, die Trump als vom Allmächtigen persönlich verschonten und geschützten Halbheiligen feiern. «Gott hat Trump beschützt», steht auf vielen von ihnen. Eines zeigt Jesus Christus, der seine Hand schützend auf die Schultern des ernst dreinblickenden Republikaners legt. 

Die religiösen Evangelikalen machen rund einen Viertel der amerikanischen Wählerschaft aus. Viele dieser Menschen werden Trumps haarscharfes Rencontre mit dem Tod als Zeichen Gottes werten. Er ist der Auserwählte. Daran gibt es – für die Evangelikalen – keinen Zweifel mehr.

Fazit: Mit seinem politischen Ur-Instinkt ist es für Trump ein Leichtes, das Attentat dafür zu nutzen, die sowieso schon komfortable Ausgangslage im US-Wahlkampf weiter zu verbessern. In einem ersten Statement auf seiner Plattform «Truth Social» bedankte er sich beim Secret Service und bei der Polizei für ihre rasche Hilfe und sprach den Angehörigen des durch die Schüsse getöteten Mannes und der schwer verletzten Frau sein Beileid aus. Das wird ihm weitere Sympathiepunkte bringen.

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