So sollen Fred und Donald Trump die US-Steuerbehörden hintergangen haben
Von wegen Selfmade-Unternehmer!

Mit drei Jahren hatte Donald Trump ein Vermögen über 200'000 US-Dollar, mit acht war er Millionär. Die «New York Times» hat nun detailliert enthüllt, wie er mit seinem Vater Fred über 30 Jahre lang gigantische Summen an den Steuerbehörden vorbeigeschleust haben soll.
Publiziert: 04.10.2018 um 00:45 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2018 um 08:46 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Ein geschäftstüchtiger Junge bekommt von seinem Vater etwas Starthilfe, investiert clever und baut sich so sein eigenes Immobilienimperium auf. Es ist Trumps Lieblingsgeschichte. Und sie handelt von ihm selbst. Der Selfmade-Millionär ist ein Narrativ, das im erfolgsversessenen Amerika wunderbar funktioniert.

Der Öffentlichkeit verkaufte sich Donald Trump als Selfmade-Millionär. Doch jetzt kommt raus: Er wurde nur durch Geschenke seines Vaters und Steuerbetrug reicht.
Foto: AP
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Jetzt entpuppt sich diese Geschichte als Lügenkonstrukt ohne wahren Kern. Die «New York Times» hat aufgedeckt, wie Donald Trump seinem Vater half, über Jahrzehnte Millionen an Steuern zu hinterziehen – und davon selbst am meisten profitierte.

Die Vorwürfe

Bisher behauptete Trump, von seinem Vater, dem legendären Bauunternehmer Fred C. Trump aus Brooklyn, lediglich eine Million als Kredit bekommen zu haben. Tatsächlich lieh er sich offenbar mindestens 140 Millionen US-Dollar (nach heutigem Wert), von denen er kaum etwas zurückzahlte. Insgesamt schenkte Fred seinem Sohn nach einer Schätzung der «New York Times» sogar mindestens 413 Millionen US-Dollar. «Sehr wahrscheinlich ist ein Teil davon legale Steuervermeidung und ein Teil illegale Steuerhinterziehung. Wo genau die Grenze liegt, weiss momentan wohl noch niemand», sagt der Schweizer Alfred Mettler, Finanzprofessor an der University of Miami. «Klar ist, dass es für ein solches Unterfangen zwei Dinge braucht: nachlässige Steuerbehörden auf der einen und eine Kombination von Unverfrorenheit, Kaltschnäuzigkeit und Frechheit auf der anderen Seite.»

Alfred Mettler ist Finanzprofessor an der Miami Business School in den USA sowie Adjunct Professor am Swiss Finance Institute. Vor Beginn seiner Lehrtätigkeit in den USA 1998 war Mettler am Swiss Banking Institute der Universität Zürich tätig.
Foto: Zvg

Donald Trump erhielt offenbar regelmässig «Geschenke» von seinem Vater. Mit drei Jahren schon 200'000 US-Dollar, mit acht war er Millionär. Selbst mit 40 und 50 erhielt er von seinem Vater mehr als fünf Millionen US-Dollar pro Jahr. Um Schenkungs- und Erbschaftssteuer drückten sich die Trumps. Insgesamt erhielten Trump und seine Geschwister eine Milliarde US-Dollar. Steuerunterlagen, die der «New York Times» vorliegen, beweisen, dass die Trumps darauf 52,2 Millionen Steuern zahlten – nur 5 Prozent statt der üblichen 55 Prozent auf Schenkungen und Erbschaften.

Das US-Steuersystem belohnte die Trumps für ihre Dreistheit. Finanzprofessor Alfred Mettler: «Mit seinen zahlreichen Schlupflöchern für Immobilien, Gesellschaftsstrukturen und Ultrareiche ermöglichte es Dinge, die so in der Schweiz nicht möglich wären.»

So funktionierte der Betrug

Wann immer Donald Trump eine neue Geschäftsidee hatte, sprang Vater Fred mit Krediten ein. Insbesondere in den 70ern floss das Geld laut «New York Times» in Strömen. Als Ende der 80er Trumps Hotels und Casinos den Bach runter gingen, machte der Vater nur noch mehr locker. Bei Banken gab Donald Gebäude des Vaters als Sicherheit an.

Die meisten Transaktionen sind nicht nachvollziehbar, Fred händigte seinem Sohn offenbar Millionen an Bargeld aus. So lässt sich zum Beispiel nachweisen, dass er 1990 – auf dem Höhepunkt von Donald Trumps finanzieller Krise – 50 Millionen US-Dollar aus seinem Unternehmen zog, die nirgends verbucht sind. Oder er heuerte einen Vertrauten an, der in Trumps Casino in Atlantic City Jetons im Wert von 3,5 Millionen US-Dollar kaufte – ohne sie einzulösen.

1987 kaufte Fred offenbar für 15,5 Millionen einen Anteil des im Bau befindlichen Wolkenkratzers Trump Palace an der Upper East Side in Manhattan – und verkaufte den Anteil vier Jahre später wieder an seinen Sohn für nur 10’000 Dollar. Fred selbst schrieb dafür einen hohen Verlust ab, sein Sohn wiederum bezahlte nichts für die immense Schenkung, die er dadurch indirekt erhielt.

Mit den Jahren wurde Fred natürlich älter, und die Familie hatte Angst, im Todesfall die 55 Prozent Erbschaftssteuer zahlen zu müssen. Also schmiedeten die Trumps einen Plan. Dazu gehörte unter anderem die Gründung der Scheinfirma All Country Building Supply & Maintenance, die als Freds Einkäufer vom Heizungskessel bis zum Putzmittel alles für sein Unternehmen kaufte. Dabei war das längst von Freds Angestellten erledigt. Die Einkünfte der Scheinfirma flossen direkt an ihre Besitzer Donald Trump, seine Geschwister sowie einen Cousin.

Die Folgen des Skandals

Aktuell prüft die New Yorker Steuerbehörde die unglaublichen Vorwürfe. Die Taten könnten allerdings verjährt sein. Trump selbst bestritt sie über seinen Anwalt, auf Twitter polterte er gegen die «New York Times». Doch der detaillierte Bericht der Zeitung dürfte nah an der Wahrheit sein. Es ist ein weiteres Puzzleteil, das Trumps Präsidentschaft ins Wanken bringt und seine Mär vom in Politik und Wirtschaft erfolgreichen «Dealmaker» wie ein Kartenhaus zusammenfallen lässt.

Gewinnen die oppositionellen Demokraten bei den Midterm Elections, den Halbzeitwahlen am 6. November, die Mehrheit im Repräsentantenhaus, könnten sie von der US-Steuerverwaltung die Steuererklärungen des Präsidenten anfordern und sie möglicherweise auch veröffentlichen. Bisher hatte sich Donald Trump der Tradition der US-Präsidenten verweigert, seine Finanzen offenzulegen.

Doch direkte Folgen wird der Steuerskandal für Trump nicht allzu schnell haben, befürchtet Finanzprofessor Mettler: «Solange er Präsident ist, ist es schwierig, ihn zu belangen.» Strafrechtlich sei das meiste verjährt, und ob zivilrechtliche Ansprüche noch durchgesetzt werden können, sei nicht klar. «So oder so: Trump wird jedes Verfahren mit allen juristischen Tricks in die Länge ziehen. Ich bezweifle stark, dass wir bald ein Urteil sehen werden.»

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