Die Partei liegt vor den Wahlen laut Umfragen zurück
Deutscher AfD droht am Sonntag eine Schlappe

Vor vier Jahren zog die AfD mit 12,6 Prozent der Stimmen als Senkrechtstarter erstmals in den Bundestag. Inzwischen ist der Höhenflug gestoppt: Für die Wahlen am Sonntag wird die Rechtspartei laut Umfragen Verluste hinnehmen müssen.
Publiziert: 22.09.2021 um 08:20 Uhr
Guido Felder

Die rechte AfD ist das Schreckgespenst in Deutschland. Die linke «Tageszeitung» prophezeite vor zwei Jahren für das Jahr 2025 einen Stimmenanteil von 33 Prozent und schrieb in einem fiktiven Szenario: «Draussen proben Hooligans schon den Bürgerkrieg.»

Die jüngsten Umfragen für die Bundestagswahl vom kommenden Sonntag zeigen aber: Die AfD ist weit davon entfernt, zur grössten Partei Deutschlands aufzusteigen. Im Gegenteil, sie hat gegenüber den Wahlen von 2017 an Unterstützung verloren. Ihr Wert von 12,6 Prozent beim Einzug in den Bundestag ist auf 11 Prozent gesunken. Sogar die 2013 aus dem Bundestag geflogene FDP hat die AfD schon wieder eingeholt.

Grabenkämpfe in der Partei

Dass die gefürchtete AfD an Boden verliert, hat mehrere Gründe. Ihre gegen aussen gezeigte Einigkeit ist nur Schein. Innerhalb der Partei herrscht Krach. Der Graben zwischen dem radikalen und dem gemässigten Flügel wird immer grösser, wobei die Rechtsaussen die Oberhand haben.

2018 war die AfD im Hoch. Hier wurde in Berlin für die «Zukunft Deutschland» demonstriert.
Foto: imago images/IPON
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Die AfD-Mitglieder haben Alice Weidel (42) und Tino Chrupalla (46) zum Spitzenduo für die Bundestagswahl gewählt. Sie sind die Kandidaten des extrem rechten Parteiflügels. Das ist eine Niederlage für Parteichef Jörg Meuthen (60).

Auch hat der Parteitag Punkte des Parteiprogramms gegenüber den Vorschlägen der internen Arbeitsgruppe verschärft. Zum Beispiel wird – ebenfalls gegen den Willen von Parteichef Jörg Meuthen – ein Austritt Deutschlands aus der EU gefordert. Für die Flüchtlingspolitik soll gelten: Grenzzäune an den Staatsgrenzen, Abschiebeoffensive, Erhöhung der Zahl der sicheren Herkunftsstaaten, kein Familiennachzug.

Nur: Flüchtlinge sind nicht mehr wie 2017 das grosse Thema. Vor allem haben die Deutschen mitbekommen, wie gross das Leid in Afghanistan zurzeit ist.

Beim Thema Corona hats die AfD schon vor einem Jahr verspielt, als der Brandenburger Fraktionschef Hans-Christoph Berndt (65) die Pandemie für beendet erklärte. Ihr Programm, das sich gegen Maskenpflicht, Test-, Impf- und App-Zwang richtet, ähnelt der Einstellung der «Querdenken»-Bewegung.

Die AfD steht unter Beobachtung

Die AfD ist in den vergangenen Monaten derart rechts abgedriftet, dass sie 2020 vom Verfassungsschutz zuerst in Brandenburg und nachher bundesweit als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wurde. Der Brandenburger Verfassungsschutzchef Jörg Müller sagte: «Dem Landesverband sind extremistische Positionierungen von AfD-Mitglieder zuzurechnen, die insbesondere die Menschenwürde, das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip verletzen.»

Mit ihrer Linie wird die AfD auch keine Chance auf eine Regierungsbeteiligung erhalten. SPD und Grüne wollen sowieso nichts von ihr wissen. Die CDU hält intern zu den beiden extremen Parteien an beiden Flügeln fest: «Eine Zusammenarbeit mit Linkspartei oder AfD wäre nicht nur ein Angriff auf unsere Identität und ein Verrat an unseren christdemokratischen Werten. Sie würde auch unser wichtigstes Gut beschädigen: unsere Verlässlichkeit und unsere Glaubwürdigkeit.»

Auch die FDP schliesst eine Zusammenarbeit aus. Parteipräsident Christian Lindner (42) sagte vor kurzem in einem Blick-Interview: «Man kann mit der AfD nicht eine Partei in Verantwortung für einen Staat lassen, dessen Institutionen und Werte sie offen bekämpft.»

AfD glaubt selber nicht an Erfolg

Durch die Umfragewerte schwindet bei der AfD intern die Hoffnung auf eine Fortsetzung des Höhenflugs. Selbst der Spitzenkandidat der AfD in Brandenburg, Alexander Gauland (80), hat eingeräumt, dass man keine blaue Welle erwarten dürfe.

Vor vier Jahren noch sagte er über den Bundestag: «Wir werden sie jagen.» Für die bevorstehenden Wahlen krebst er zurück: «Wir werden hoffentlich so stark werden, dass wir wie jetzt schon im Bundestag Einfluss auf die Politik der anderen haben.»

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