«Diese Revolte ist noch lange nicht vorbei»
Putin plant «kritisches Ereignis» – um Stärke zu beweisen

Nach dem Putschversuch gegen den russischen Präsidenten scheint sich die Lage in Moskau beruhigt zu haben – fürs Erste. Ein estnischer Regierungspolitiker ist sich sicher: Putin wird sich warm anziehen müssen. Und doch plane auch der Kreml-Chef einen Racheakt.
Publiziert: 30.06.2023 um 20:53 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2023 um 13:26 Uhr

Vor fünf Tagen sind Söldner-Chef Jewgeni Prigoschins (62) Truppen nach Moskau marschiert. Der einst so siegessichere Kreml-Chef Wladimir Putin (70) kam deswegen ordentlich ins Schwitzen: Er vermied in seiner Rede vom Montag die übliche Kriegsrhetorik und Worte des Hasses. Stattdessen zeigte sich der russische Präsident von einer ganz anderen Seite – «dankbar».

Seit dem Putschversuch scheint sich die Lage wieder beruhigt zu haben. Putin hat die Situation wieder unter Kontrolle – diesen Eindruck will er jedenfalls vermitteln.

Doch Experten sind sich einig: Die Aufstände gegen den russischen Machthaber haben gerade erst begonnen. Und auch Putin selbst plane seinen nächsten Schachzug. Darüber berichtete zunächst die «Bild».

Seit dem Marsch nach Moskau vor fünf Tagen scheint sich die Lage angesichts des Putschversuchs beruhigt zu haben – fürs Erste.
Foto: IMAGO/SNA
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«Jewgeni Prigoschin ist nur ein Werkzeug derjenigen, die gegen Putin rebellieren»

Fürs Erste scheint Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin fein raus zu sein. Dass damit die Revolten gegen den russischen Machthaber ein Ende haben, glaubt Marko Mihkelson (53), estnischer Regierungspolitiker, allerdings nicht. Ganz im Gegenteil: «Der Drahtzieher dieses Putschversuchs ist nicht Jewgeni Prigoschin. Er ist nur ein Werkzeug derjenigen, die gegen Putin rebellieren.»

Mihkelson will nach seinen vielen Jahren Arbeitserfahrung in Moskau wissen, dass womöglich bald eine nächste Revolte bevorsteht: «Was wir sehen, ist ein schwerwiegender Machtkampf innerhalb der russischen Eliten.» Für ihn ist klar: «Diese Revolte gegen Putin ist noch lange nicht vorbei. Wir befinden uns mitten im russischen Machtkampf.»

Aber nicht nur das: Auch der Kreml-Chef wolle bald zurückschlagen. Mihkelson weiter: «Wir müssen befürchten, dass Putin ein kritisches Ereignis provoziert, um erneut Stärke zu beweisen.» Und: «Ich denke dabei an das Atomkraftwerk in Saporischschja oder sogar einen Ort ausserhalb der Ukraine», warnt der Kreml-Kenner.

«Etwas brodelt hinter den Kulissen in Moskau»

Nach Angaben der Zeitung sollen westliche Sicherheitskreise weiterhin eine Chance von «fast 50 Prozent» sehen, dass der russische Präsident die nächsten drei Monate «politisch nicht überlebt». Dabei seien es nicht nur die ursprünglichen Verschwörer, die dem Kreml-Chef den Rücken kehren wollen.

Ein westlicher Beamter zur Zeitung: «Putin agiert schwach, das macht auf die Machteliten hinter dem russischen Geheimdienst FSB keinen guten Eindruck.» Daher könnte dem Machthaber bald drohen, mit einem neuen «stärkeren Mann» ersetzt zu werden.

Das findet auch Mihkelson: «Ein Diktator muss entschlossen agieren, aber bisher fehlt jede starke Reaktion des russischen Präsidenten. Etwas brodelt hinter den Kulissen in Moskau.» (lia)

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