264 Soldaten aus Asow-Stahlwerk evakuiert
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Nach tagelangen Verhandlungen:264 Soldaten aus Asow-Stahlwerk evakuiert

Erste Soldaten evakuiert – Ist die letzte Bastion der ukrainischen Armee nun gefallen?
Die Lage im Asow-Stahlwerk im Überblick

Seit Wochen verteidigen ukrainische Soldaten das Asow-Stahlwerk bei Mariupol. Nun scheint aber auch die letzte Bastion der Hafenstadt gefallen zu sein – die ersten Soldaten haben sich ergeben und wurden evakuiert.
Publiziert: 17.05.2022 um 16:31 Uhr
Martin Bruhin

Bereits kurz nach dem Beginn der russischen Invasion im Februar wurde die ukrainische Hafenstadt Mariupol eingekesselt. Die letzten Verteidiger der Stadt verschanzten sich im Asow-Stahlwerk.

Seit Wochen leisten sie dort erbitterten Widerstand – trotz Versorgungsengpässen, Bombenhagel und mehreren Angriffen mit Panzern und Bodentruppen. Nun scheint die letzte Bastion in der Hafenstadt aber gefallen zu sein.

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Nachdem in den vergangenen Wochen rund 500 Zivilisten aus dem Stahlwerk gerettet worden sind, wurden inzwischen auch die ersten Kämpfer aus der Industrieanlage evakuiert. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zur Situation rund um das Stahlwerk.

Nach langem Widerstand haben sich die ersten ukrainischen Soldaten im Stahlwerk von Mariupol ergeben.
Foto: IMAGO/SNA
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Wie viele Soldaten wurden aus dem Stahlwerk evakuiert?

Laut dem ukrainischen Generalstab wurden 264 Soldaten aus dem Stahlwerk evakuiert, darunter auch 53 Schwerverletzte. Die Schwerverletzten wurden in die Stadt Nowoasowsk transportiert, die restlichen Soldaten nach Oleniwka – zwei von Russland besetzte Ortschaften. Nach russischen Angaben sollen es 265 Kämpfer und 51 Schwerverletzte sein. Für die Evakuierung wurde eine Waffenruhe angeordnet.

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Nach Angaben des Kremls hätten sich die Soldaten ergeben.

Was passiert mit den evakuierten Soldaten?

Offiziell sollen die Ukrainer von den Russen medizinisch versorgt werden. Danach kommen sie in Kriegsgefangenschaft. Später könnten sie aber im Zuge eines Gefangenenaustauschs wieder freikommen, wie es von ukrainischer Seite heisst. Allerdings gibt es daran auch Zweifel. Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin nannte die Soldaten «Nazi-Verbrecher» und forderte Rache. «Das sind Kriegsverbrecher und wir müssen alles tun, um sie vor Gericht zu stellen.»

Die Rede ist sogar von der Todesstrafe. Zumindest fordert das ein russischer Unterhändler, wie die «Bild» berichtet. Ob Putin wirklich so weit gehen wird, bleibt abzuwarten.

Wie reagiert die Ukraine auf die Evakuierung?

Obwohl sich ein Teil der Kämpfer nun ergeben hat, werden die Verteidiger von Mariupol in der Ukraine als Helden gefeiert. Lob gab es auch von der Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar. Dank des Einsatzes der Soldaten habe man wichtige Zeit gewonnen, schrieb sie in einem Facebook-Post. Alle Aufgaben zur Verteidigung von Mariupol seien erfüllt worden. Das Wichtigste sei jetzt, das Leben der Verteidiger von Mariupol zu wahren.

Was sagt Selenski zur Evakuierung?

Präsident Wolodimir Selenski (44) sprach in seiner täglichen Videoansprache nach der Evakuierung von einem schwierigen Tag. Doch auch er betonte, dass die Ukraine ihre Helden aus Mariupol lebend brauche. «Wir hoffen, dass wir das Leben unserer Leute retten können», sagte er. Bei seiner Rede bedankte er sich auch bei der ukrainischen Armee sowie bei der Uno und dem Roten Kreuz für die Mithilfe bei der Evakuierung.

Wie viele Soldaten sind noch vor Ort?

Nach der Evakuierung sollen sich noch immer mehrere hundert Soldaten im Stahlwerk befinden – dies, obwohl es dort kaum noch Wasser und Nahrung gibt. Laut ukrainischen Angaben wird derzeit daran gearbeitet, dass auch die restlichen Kämpfer das belagerte Areal bald verlassen können.

Wieso konnten die Ukrainer das Stahlwerk so lange verteidigen?

Dass der rund elf Quadratkilometer grosse Komplex so lange von der ukrainischen Armee gehalten werden konnte, hat mit der Infrastruktur zu tun. Unter dem Areal sollen sich nämlich bis zu 30 Meter tiefe unterirdische Gänge mit Bunkern befinden. Die Ruinen der zerbombten Gebäude sorgen zudem dafür, dass das Areal für die Russen nur schwer überschaubar und zugänglich ist. Die Ukrainer hingegen können mit ihren Scharfschützen in den oberen Etagen des Stahlwerks jedes Ziel auf dem Areal ins Visier nehmen.

Wer verteidigt das Stahlwerk?

Das Areal wird hauptsächlich von Soldaten des sogenannten Asow-Regiments verteidigt. Es besteht aus rund 2000 Mann – wie viele Kämpfer davon noch übrig sind, ist unklar. Das Regiment ist Teil der ukrainischen Nationalgarde und somit dem Innenministerium unterstellt. Ein grosser Teil seiner Mitglieder soll eine ultranationalistische oder rechtsextreme Gesinnung haben, was international immer wieder für Kritik sorgte.

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