EU - Türkei
EU fordert von der Türkei «konkrete Schritte» bei Menschenrechten

Brüssel – Angesichts der Massenverhaftung von Regierungskritikern fordert die EU vom Beitrittskandidaten Türkei die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards. Nur Ankündigungen reichten nicht aus, sagte EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini am Dienstag in Brüssel.
Publiziert: 25.07.2017 um 19:25 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 02:53 Uhr
Amnesty International (AI) hat am Dienstag im Brüsseler Europaviertel gegen die Verhaftung von AI-Mitarbeitern in der Türkei demonstriert. Später am Nachmittag ist ein Treffen zwischen EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini und dem türkischen Aussenminister Mevlut Cavusoglu geplant.
Foto: KEYSTONE/EPA/STEPHANIE LECOCQ

Vielmehr brauche es jetzt «konkrete Schritte im Bereich von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten, Demokratie und Medienfreiheit», sagte sie nach Gesprächen mit türkischen Regierungsvertretern.

Dies gelte auch «für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern» und Oppositionspolitikern. Mogherini betonte gleichzeitig, die Türkei sei und bleibe «ein Kandidatenland» für den EU-Beitritt.

Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu und Europaminister Ömer Celik räumten nach den Gesprächen «Probleme» und «Meinungsverschiedenheiten» ein.

Celik schlug deshalb vor, die EU-Beitrittsgespräche auf die Bereiche Justiz und Grundrechte auszuweiten. Dann könnten Fragen wie die Rechtsstaatlichkeit «stärker im Detail diskutiert» werden. Ausserdem forderten die türkischen Politiker Fortschritte auch bei der Visa-Liberalisierung.

EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn lehnte dies jedoch ab. Das Vorgehen der türkischen Regierung nach dem gescheiterten Militärputsch vor einem Jahr habe «Besorgnis» in den EU-Mitgliedsstaaten ausgelöst.

Diese hätten daher im Dezember entschieden, dass die Beitrittsverhandlungen vorerst nicht mehr ausgeweitet würden, sagte Hahn weiter. «Wir müssen nach vorne schauen, aber wir können nicht die Entscheidung unserer Mitgliedsstaaten ignorieren.»

Mogherini und Hahn machten erneut deutlich, dass jegliches Entgegenkommen in der Zusammenarbeit von einer Rückkehr zu demokratischen und rechtsstaatlichen Verfahren abhänge.

Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei laufen seit 2005. Nach jahrelangem Stillstand hatte die EU die Beitrittsgespräche jedoch als Gegenleistung für die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise 2015 und 2016 auf zwei neue Bereiche ausgeweitet.

Vor dem Treffen mit der EU hatte die Türkei betont, dass dieses nicht wegen der jüngsten Spannungen anberaumt worden sei. Die Intensivierung des Dialoges zwischen der Türkei und der EU sei bereits am 25. Mai bei einem Gespräch von Staatschef Recep Tayyip Erdogan mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk vereinbart worden, heisst es von türkischer Seite.

Seitdem hatten sich die Spannungen zuletzt noch einmal zugespitzt. Zur jüngsten Eskalation trug vor allem die Inhaftierung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner und seines schwedischen Kollegen Ali Gharavi bei.

Steudtner, Gharavi sowie acht türkische Menschenrechtler waren am 5. Juli festgenommen worden. Ihnen wird Unterstützung einer Terrororganisation vorgeworfen. Gegen sieben der zehn Beschuldigten wurde Untersuchungshaft verhängt. Darunter sind Steudtner, Gharavi und Idil Eser, Landesdirektorin von Amnesty International (AI).

Aussenminister Cavosoglu warf Amnesty in der Türkei am Dienstag vor, von der Bewegung von Fethullah Gülen unterwandert zu sein. Sie wird von der türkischen Führung als Terrororganisation angesehen und für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich gemacht. Auch der Korrespondent der deutschen Tageszeitung «Welt», Deniz Yücel, ist wegen dieses Vorwurfs noch immer inhaftiert.

Vor den Gesprächen zwischen der EU und der Türkei hatte Amnesty International an einer Kundgebung mit rund 70 Aktivisten im Brüsseler Europaviertel von der EU mehr Druck auf Ankara gefordert.

Der gescheiterte Militärputsch vor einem Jahr sei «zu einer Entschuldigung dafür geworden, jeden einzusperren, der Fragen stellt», sagte Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty. Die EU dürfe sich wegen des im vergangenen Jahr geschlossenen Flüchtlingsabkommens von der Türkei nicht «als Geisel» nehmen lassen.

Shetty hatte die EU-Aussenbeauftragte Mogherini in einem Gespräch gebeten, der Türkei klar zu machen, dass die EU Ankaras Vorgehen nicht weiter tolerieren werde.

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