Drohnenaufnahmen zeigen die zerstörte Stadt Gaza
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Nach Israels Luftschlägen:Drohnenaufnahmen zeigen die zerstörte Stadt Gaza

Experten rechnen mit hohen Opferzahlen
Kommt es jetzt zu erbitterten Häuserkämpfen?

Wie sieht die Bodenoffensive der Israelis in Gaza aus? Experten erklären, ob es jetzt zu Häuserkämpfen kommt und welche Ziele Israel mit der Offensive verfolgt.
Publiziert: 11.10.2023 um 12:12 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2023 um 08:03 Uhr
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Marian NadlerRedaktor News

«Was in Gaza war, wird es nicht mehr geben»: Mit diesen Worten kündigte der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant (64) am Mittwoch eine Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen an. Was erwartet die Soldaten im Gazastreifen? Zwei Experten schätzen ein.

Wie könnte die Bodenoffensive aussehen?

«Nach dem brutalen terroristischen Überfall der Hamas auf Israel wird diese Offensive eine neue Kategorie haben», ist sich Stephan Stetter (51) sicher, der an der Universität der Bundeswehr in München (D) internationale Politik und Konfliktforschung lehrt. Der Militärexperte Michel Wyss von der Militärakademie an der ETH Zürich zählt auf: «Sollte es zu einer Bodenoffensive kommen, wird Israel eine grosse Anzahl an schweren Mitteln einsetzen, das heisst Kampfpanzer, gepanzerte Bulldozer und weitere gepanzerte Räumungspanzer, gepanzerte Mannschaftstransportfahrzeuge und Schützenpanzer». Dazu können die Bodentruppen auf Unterstützung aus der Luft und von der See aus zählen. 

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Welche Ziele verfolgt Israel mit der Bodenoffensive?

Für Israel gibt es bei der Bodenoffensive zwei Hauptziele. Erstens: die Schwächung der Hamas. Die palästinensische Terrororganisation soll nicht mehr in der Lage sein, Israel in solchem Grade zu schaden, wie es am Wochenende geschehen ist. Die israelische Politik steht jetzt vor der Frage, ob dies die komplette Vernichtung der Hamas bedeutet. Dieses Ziel wäre laut Wyss aber vermutlich nur mit einer vollständigen Besetzung des Gazastreifens zu erzielen.

Am Dienstag kündigte der israelische Verteidigungsminister eine Bodenoffensive im Gazastreifen an.
Foto: IMAGO/APAimages
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Zweitens: die Befreiung der vielen Geiseln. Letzteres macht die Bodenoffensive zusätzlich komplex, denn unter den Entführten sind neben Israelis auch viele Menschen aus anderen Ländern. Länder wie Deutschland, Thailand oder Australien erwarten von Israel die Befreiung ihrer Staatsbürger. «Die grosse Anzahl der Geiseln, die die Hamas in ihrer Gewalt hat, könnte einen Unterschied im Vergleich zu früheren Bodenoffensiven der israelischen Armee ausmachen», so Stetter. Noch nie habe die Hamas so viele Menschen entführt. «Das ist ein ganz anderes Faustpfand!» Michel Wyss schätzt die Erfolgschancen einer gewaltsamen Befreiung sämtlicher Geiseln als gering ein. 

Wie lange könnte die Bodenoffensive dauern?

Stetter geht davon aus, dass die Bodenoffensive mehrere Wochen dauern wird. Die Hamas sei militärisch gut organisiert und aufgestellt. Die israelischen Soldaten müssen im Gazastreifen auf engem Raum agieren. «Gaza ist extrem dicht besiedelt. Die Hamas-Kämpfer werden sich auch auf Wohngebiete verteilen», weiss Stetter. Andrew Galer, ein ehemaliger britischer Offizier, der jetzt als Analyst für den privaten Dienst Janes arbeitet, spricht gegenüber der Agentur AFP von einem «360-Grad-Schlachtfeld, in dem die Bedrohung überall lauert».

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Bedeutet: Auf die Israelis warten erbitterte Häuserkämpfe. Sprengfallen, Hinterhalte, Strassensperren könnten die Israelis vor Herausforderungen stellen. Hinzu kommt: «Die Hamas wird auch das Tunnelsystem unter Gaza zum eigenen Vorteil nutzen. In den letzten Tagen sind etwa Tunnel zum Vorschein gekommen, von denen Israel nichts wusste.» ETH-Experte Michel Wyss rechnet deshalb mit «höheren Opferzahlen auf israelischer Seite» im Vergleich zu früheren Bodenoffensiven. 

Was bedeutet die Bodenoffensive für die Zivilisten im Gazastreifen?

Für sie gibt es kein Entrinnen. Israel hat den Gazastreifen abgeriegelt, auch der Grenzübergang nach Ägypten in Rafah ist zu. «Die Hamas betreibt ein zynisches Spiel mit den Zivilisten. Sie hat das Wohl der palästinensischen Bevölkerung nicht im Blick», betont Stetter. 

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