Francisco G. (66) fuhr mit Leiche seines Schweizer Partners durch Europa
Die bizarre Lovestory hinter diesem Crash

Ein skurriler Fall beschäftigt die spanische Justiz: Die Polizei stoppt einen Geisterfahrer. Im Auto sitzen zwei Männer. Einer tot, der andere lebendig. Dahinter steckt eine Zürcher Liebesgeschichte.
Publiziert: 09.04.2021 um 16:59 Uhr
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Aktualisiert: 14.04.2021 um 15:29 Uhr
Janina Bauer und Michael Sahli

Es sah zunächst nach einem Verbrechen aus, war aber wohl die letzte Liebes-Reise eines homosexuellen Zürcher Rentnerpaares. Am Donnerstag findet die spanische Polizei nach einer Verfolgungsjagd die Leiche des Schweizers Fredy P.* (†88) in einem Auto.

Der teilweise mumifizierte Körper des ehemaligen ETH-Wissenschaftlers ist in eine Decke gewickelt, sorgfältig angeschnallt. Am Steuer: Francisco G.* (66), der den Schweizer und den spanischen Pass besitzt. Blick-Recherchen zeigen: Das ältere Paar brannte wohl schon vor Monaten durch, um auf einen letzten gemeinsamen Roadtrip zu gehen.

Als Geisterfahrer unterwegs

Vor dem Unfall waren die beiden mit dem weissen Citroën von Spanien her kommend Richtung französischer Grenze unterwegs. Als Francisco G. in Le Boulou (F) ankommt, sieht er eine Kontrolle der französischen Grenzpolizei – und reisst das Steuer herum! Er wendet und fährt auf der falschen Seite der Autobahn zurück.

Als die Polizei die Türen des Fluchtfahrzeugs öffnete, schlug den Beamten ein «unerträglicher Gestank» entgegen, wie spanische Medien berichten. (Symbolbild)
Foto: keystone-sda.ch
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Die französischen Grenzpolizisten alarmieren ihre katalanischen Kollegen, die die Verfolgung des Geisterfahrers aufnehmen. 30 Kilometer weiter, im Dorf Jafre in Girona, kommt das Auto schliesslich von der Strasse ab.

Beim Öffnen der Autotüre schlägt den Beamten bereits ein «unerträglicher Gestank» entgegen, wie spanische Medien berichten. Im Auto finden die Beamten sorgfältig verstautes Gepäck – und die Leiche. Über zwei Wochen soll Fredy P. schon tot sein, sein Körper teilweise schon mumifiziert.

Nachbarin ist nicht überrascht

Die Zürcher Nachbarn der beiden sind nicht überrascht. «Das Drama nahm schon vor einem halben Jahr seinen Lauf», erklärt eine Nachbarin. Fredy P. sei schon seit längerem krank gewesen. «Es ging ihm sehr, sehr schlecht. Er war dement», so die Bekannte.

Obwohl der 66-Jährige Partner immer mehr Mühe hatte, den kranken Mann zu pflegen, wollte das Paar unter keinen Umständen getrennt werden. «Die beiden waren immer so lieb miteinander.» Vor gut einem halben Jahr ging es dann nicht mehr, so die Nachbarin. Fredy P., der gut 20 Jahre älter ist als sein Mann, muss in eine medizinische Pflegeeinrichtung. «Das hat aber gar nicht gut funktioniert, die beiden zu trennen», so die Nachbarin.

Francisco G. holt seinen Mann aus der Einrichtung, habe ihn regelrecht «entführt». Die beiden Männer steigen in ihr Auto – und werden nicht mehr gesehen. «Die Polizei war hier und hat sich nach ihrem Aufenthaltsort erkundigt», so die alte Dame. Aber das habe niemand gewusst. «Die sind zusammen durchgebrannt.»

Wo sich das Paar in den letzten Monaten herumtrieb, wird nun abgeklärt. In spanischen Medien ist die Rede von Italien, Frankreich und Spanien. Fredy P. dürfte vor etwa drei Wochen verstorben sein.

Wollte er mit seinem toten Partner in die Schweiz fahren?

Wie «El Pais» berichtet, gehen die Ermittler derzeit nicht davon aus, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt. Die Leiche wurde in ein Institut für Rechtsmedizin gebracht. Der Fahrer wurde wegen rücksichtslosen Fahrens festgenommen. Er bleibt über Nacht in Polizeigewahrsam und wird am Samstag dem Richter vorgeführt.

Den Polizisten sagte er bei der ersten Einvernahme, dass er auf einem Roadtrip mit seinem Partner gewesen sein soll. Francisco G. soll nun psychologisch untersucht werden. Der Verdacht: Trauma wegen des tragischen Verlustes des Ehepartners.

Eine Hypothese der Ermittler ist, dass Francisco G. die Leiche seines Mannes wieder nach Hause in die Schweiz bringen wollte. Die Stadtpolizei Zürich will sich zum Fall nicht äussern.

*Namen geändert

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