Frankreich
Pariser Justiz streicht Le Pens Partei eine Million Euro

Paris – Wegen eines Verfahrens um Scheinbeschäftigung im Europaparlament verliert die Partei der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen eine Million Euro aus öffentlichen Mitteln. Das entschied eine Kammer des Pariser Berufungsgerichts am Mittwoch.
Publiziert: 26.09.2018 um 12:35 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2018 um 12:47 Uhr
Marine le Pens Partei muss künftig mit einer Million Euro weniger aus öffentlichen Mitteln auskommen.
Foto: KEYSTONE/AP/MICHEL EULER

Auf Einspruch Le Pens halbierte das Gericht allerdings die ursprünglich gesperrte Summe von zwei Millionen Euro für den früheren Front National. Sein Anwalt sprach von einem «ersten Sieg» und kündigte Rechtsmittel an. Der Fall geht nun an das Kassationsgericht als höchste Instanz.

Das Berufungsgericht bestätigte mit seinem Spruch zwar das «Prinzip» der Mittelkürzung für die Partei, aber nicht ihren Umfang. Damit kann Le Pens Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung, RN), wie sie seit dem Frühjahr heisst, rund eine Million Euro staatlicher Hilfen anfordern, die seit Juli gesperrt waren.

Le Pen wirft der Justiz vor, ihre Partei vor den Europawahlen Ende Mai in die Pleite treiben zu wollen und damit einen «Staatsstreich» vorzubereiten. Laut Umfragen liegt der frühere Front National gleich auf mit Präsident Emmanuel Macrons Partei La République en Marche. Bei der letzten Europawahl 2014 hatten die Rechtspopulisten in Frankreich als stärkste Kraft triumphiert.

Die Kürzung öffentlicher Mittel in Millionenhöhe ist in Frankreich ein Novum. Die Rechtspopulisten ziehen nun vors Kassationsgericht, weil sie den Verfassungsgrundsatz der «gerechten Beteiligung der politischen Parteien am demokratischen Leben der Nation» verletzt sehen. Seit drei Monaten sei die Arbeit des RN massiv beeinträchtigt, erklärte die Partei.

Zwei französische Richter hatten den Auszahlungsstopp im Juli wegen der klammen Finanzen der Partei und möglicher Strafzahlungen an das Europaparlament angeordnet: Die Justiz ermittelt, weil sich der frühere Front National über angebliche Assistenten im EU-Parlament in den Jahren 2009 bis 2017 insgesamt sieben Millionen Euro erschlichen haben soll, die dann für Parteizwecke in Frankreich genutzt wurden.

Auch Le Pens Leibwächter soll aus europäischen Mitteln bezahlt worden sein. Martin Schulz (SPD) schaltete deshalb noch als Parlamentspräsident 2015 die französische Justiz und die europäische Anti-Betrugsbehörde Olaf ein.

Das EU-Parlament erklärte, es nehme die neue Entscheidung der französischen Justiz zur Kenntnis. Sein Anwalt Antoine Maisonneuve betonte, die Pfändung der Mittel sei damit im Grundsatz bestätigt worden.

Insgesamt stehen dem früheren Front National nach ihrem Ergebnis bei der Parlamentswahl in Frankreich im Juni 2017 jährlich rund 4,5 Millionen Euro zu. Wegen der Mittelkürzung schlugen die Rechtspopulisten Alarm und warnten vor einer drohenden Insolvenz. Dadurch gelang es ihnen nach eigenen Angaben, über den Sommer 600'000 Euro an Spenden einzutreiben.

Die EU- und fremdenfeindliche Partei ist in mehrere Affären verwickelt: Wegen der Scheinbeschäftigung im EU-Parlament ermittelt die französische Justiz gegen die Vorsitzende Le Pen und 16 andere Abgeordnete wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Ein weiteres Verfahren läuft, weil die Partei Wahlkampfkosten künstlich in die Höhe getrieben und sich damit eine höhere staatliche Erstattung erschlichen haben soll.

Marine Le Pen steht zudem wegen der Verbreitung von Gräuelfotos im Visier der Justiz: Richter wollen sie zum Psychiater schicken, weil sie im Dezember 2015 Propagandabilder der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) auf Twitter teilte. Le Pen argumentiert, sie habe nach den Anschlägen vom November 2015 in Frankreich mit 130 Toten die Brutalität der Islamisten verdeutlichen wollen.

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