Freiheit dank grünem Pass
Hunderttausende Israelis haben neuen Corona-Ausweis

Grosse Teile der israelischen Bevölkerung geniessen die zurückerworbenen Freiheiten. Alles dank der Corona-Impfung und dem dazu gehörigen grünen Pass.
Publiziert: 24.02.2021 um 10:55 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2021 um 13:42 Uhr

Israel impft sich in die Normalität. Von 6,4 Millionen Ü-16-Jährigen (nur die dürfen sich impfen lassen) haben bisher 4,3 Millionen die Erst- und mehr als drei Millionen die Zweitimpfung erhalten.

Und sie dürfen sich nun den sogenannten Grünen Pass runterladen. Dieses Dokument gewährt Genesenen und Geimpften in der Corona-Krise spezielle Erleichterungen.

Ins Gym und Theater

Seit Sonntag haben sich mehr als 400'000 Menschen die Bescheinigung über einen Internet-Ausdruck erstellt, sagte Rona Kaiser der Deutschen Presse-Agentur. Sie leitet im israelischen Gesundheitsministerium die Digital-Abteilung und ist damit dort auch verantwortlich für alle Internetseiten und Apps. Die App «Ramzor», über die der Pass ebenfalls nachgewiesen werden kann, luden demnach bereits mehr als 500'000 Menschen herunter.

Viele Israelis können mittlerweile etwas mehr Freiheiten geniessen.
Foto: keystone-sda.ch
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Dank des grünen Passes dürfen die Leute unter anderem wieder ins Gym, ins Theater, Sportereignisse besuchen oder in Hotels übernachten.

Und sie nutzen die Privilegien fleissig. Trotz kühlen Temperaturen zog gut ein Dutzend Unerschrockener am Mittwochmorgen im berühmten, direkt an der Promenade von Tel Aviv gelegenen Gordon-Schwimmbad, ihre Bahnen.

Nicht-Geimpfte sauer

«Allein am Sonntag haben rund 1000 Menschen ihre Mitgliedschaft erneuert», sagt Ofer Bachenheimer, der die technischen Abläufe des Pools überwacht. Er strahlt, als er von diesem Ansturm berichtet. Kein Wunder: Das Schwimmbad hatte seit Mitte August coronabedingt geschlossen, erst seit Sonntag darf es wieder Besucher empfangen.

Nur wer seinen Grünen Pass vorzeigen kann, darf nach einem Datenabgleich per Computer seine Mitgliedschaft erneuern und seine Bahnen im Gordon-Schwimmbad ziehen. Einige Mitglieder, die sich nicht impfen lassen wollten, seien sauer gewesen, fühlten sich diskriminiert, sagt Bachenheimer. Aber da sei nichts zu machen. «Wir halten uns an die Regeln.»

Nicht-Geimpfte erhielten weniger Freiheiten zurück, sie dürfen aber seit Sonntag wieder in Einkaufszentren, Museen, Bibliotheken und Gebetshäuser gehen. In beiden Fällen gelten weiterhin Hygiene- und Abstandsregeln.

Nicht nur einige Hobby-Schwimmer, auch viele andere Impfgegner fühlen sich ungerecht behandelt. Manche von ihnen kritisieren die Vorteile, die der Pass bietet, auch als illegitimes Druckmittel seitens der Regierung. Hitzig diskutiert wird darüber vor allem in sozialen Netzwerken, ansonsten nimmt die Debatte aber nicht so grosse Dimensionen an wie etwa in Deutschland.

Hummus und Pizza als Belohnung

Um Unentschlossene noch zu erreichen, lassen sich die Verantwortlichen immer kreativere Ideen einfallen. Wer sich eine Spritze verabreichen lässt, bekommt dafür schon einmal Pizza oder Hummus als «Belohnung».

Geimpft wird in Israel zudem gelegentlich auch abends in Bars. Sogar in den fünf Ikea-Filialen des Landes war dies zuletzt kurzzeitig möglich. Insgesamt 500 Menschen liessen sich dort am Sonntag und Montag impfen, wie ein Sprecher des Rettungsdienstes Magen David Adom sagt.

Der Erfolg der Kampagne stützt sich vor allem auf das digitalisierte Gesundheitswesen und ausreichend zur Verfügung stehenden Impfstoff. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verständigte sich mit dem Hersteller Pfizer auf einen Deal, der vereinfacht lautet: Die Firma stellt die Versorgung mit Impfstoff sicher, das Land liefert dafür Daten zur Impfkampagne, die Aufschluss geben über die Wirksamkeit des Präparats. (SDA/man)

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