Islamisten-Fahnen und «Allahu Akbar»-Rufe schockieren Deutschland
Sind diese Grossdemonstrationen erst der Anfang?

In Deutschland kam es am Wochenende zu massiven Anti-Israel-Protesten. Erschreckend: Unter den Demonstranten gab es viele Islamisten. Wie gefährlich sind sie für Europa? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 06.11.2023 um 16:45 Uhr
|
Aktualisiert: 06.11.2023 um 17:41 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_242.JPG
Guido FelderAusland-Redaktor

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und der folgenden Bodenoffensive der israelischen Armee im Gazastreifen gehen weltweit die Wogen hoch. Am Wochenende kam es in Deutschland zu Demonstrationen, an denen auch hasserfüllte Islamisten mit klaren Forderungen teilnahmen. Blick fasst die Geschehnisse zusammen und zeigt auf, warum sie Sorgen bereiten.

Teilnehmer skandieren «Allahu akbar»
0:29
Pro-Palästina-Demo in Berlin:Teilnehmer skandieren «Allahu akbar»

Was ist passiert?

Islamisten-Symbole und «Allahu-Akbar»-Rufe: In Deutschland erobern nach Ausbruch des Krieges in Nahost extreme Muslime die Strassen. Laut Polizei demonstrierten am Wochenende in Berlin 9000 Personen gegen Israel und dessen Angriff auf den Gazastreifen. In Düsseldorf waren es 17’000, in Essen 3000 – Scharia-gerecht nach Geschlechtern getrennt, wie deutsche Medien berichten.

Männer mit der Schahāda-Flagge, die von islamistischen Terrororganisationen verwendet wird und die das islamische Glaubensbekenntnis darstellt, forderten ein Kalifat mit der Scharia. Auf Plakaten verkündeten sie: «Allahs Sieg ist nahe.»

In Essen gingen rund 3000 Demonstranten auf die Strasse – nach Geschlecht getrennt.
Foto: Anadolu via Getty Images
1/14

In Berlin bespuckten Demonstranten eine Scheibe der Kaffeekette Starbucks. Hintergrund: Der legendäre Ex-Chef Howard Schultz (70) ist Jude und hat das Gemetzel der Hamas vom 7. Oktober in Israel scharf verurteilt. 

Wie sollen Juden geschützt werden?

Kanzler Olaf Scholz (65) hat zum «Schutz von Jüdinnen und Juden» aufgerufen. Die Polizei ermittelt in diversen Fällen wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Die Gewerkschaft der Polizei fordert strengere Auflagen für Versammlungen. Deren Chef Jochen Kopelke (39): «Diese Aufzüge durch deutsche Städte darf es so nicht mehr geben.»

CDU-Chef Friedrich Merz (67) forderte die Ampel-Regierung auf, ihre geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts zu stoppen. Die Regierung will kürzere Mindestaufenthalte für Einbürgerungen einführen – statt acht Jahren sollen fünf Jahre reichen, bei besonderen Integrationsleistungen auch nur drei. 

Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein (55) forderte, Judenfeindlichkeit in der arabischen und türkischen Bevölkerungsgruppe stärker in den Fokus zu nehmen. Klein: «Die israelfeindlichen Aggressionen im Alltag, bei Demonstrationen und im Netz haben gezeigt, dass bei einem Teil der arabischstämmigen Angehörigen dieser Bevölkerungsgruppe offenbar nur allzu leicht antisemitische Grundhaltungen aktiviert werden können.» 

Warum in Deutschland?

In Deutschland leben zwischen 175’000 und 225’000 Personen palästinensischer Herkunft. Viele sind staatenlos oder haben eine andere Nationalität, weil Palästina von den Vereinten Nationen nicht als Staat anerkannt wird. Ein Grossteil ist in den 70er-Jahren aus dem Libanon nach Deutschland geflohen, nachdem es Angriffe auf palästinensische Flüchtlingslager gegeben hatte. 

Die Stimmung ist aber in ganz Europa aufgeheizt. In London etwa kam es am 21. Oktober zu einer Demonstration mit gegen 100’000 Personen, an der auch die Vernichtung Israels gefordert wurde.

Welche Gefahr droht Europa?

Der österreichische Terrorismus-Experte Nicolas Stockhammer (48), der sich in seinem Buch «Trügerische Ruhe» mit der terroristischen Bedrohung in Europa befasst, ortet «ein beträchtliches extremistisches Bedrohungspotenzial». Etwa, wenn islamistische Extremisten tonangebend würden oder zu Gewalt als Reaktion auf die laufenden Ereignisse in Gaza aufrufen könnten. Stockhammer: «Der Umstand, dass teilweise offen IS-Flaggen geschwungen wurden, verheisst in diesem Zusammenhang jedenfalls nichts Gutes.»

Je nach Mobilisierung und lokaler Agitation könnten Demonstrationen auch in anderen Ländern ausarten – Stockhammer schliesst die Schweiz dabei nicht aus. 

Wie kann man die Extremisten stoppen?

Während der Corona-Massnahmengegner-Kundgebungen habe sich gezeigt, dass man solche Demonstrationen nicht verhindern oder unterdrücken dürfe, sagt Stockhammer. «Jedoch hat man seitens der Behörden ein Augenmerk darauf gelegt, punktuell extremistische Akteure und Propagandisten herauszufiltern und zu extrahieren. Auch im virtuellen Raum.» 

Ähnlich könnte man auch bei den aktuellen Demonstrationen agieren, indem man Islamisten an einer Teilnahme hindert und deren Propaganda- bzw. Rekrutierungsversuche und letztlich eine breite Radikalisierung Dritter unterbindet. 

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?