Jetzt gerät die Polizei in Bedrängnis
Bruder des Zeugen-Jehovas Schützen hatte vor ihm gewarnt

Vor der Bluttat mit sieben Toten in Hamburg soll sich der Bruder des Amokläufers an die Polizei gewandt haben. Damit ist er nicht der Einzige: 2021 hatte der Vater des Todesschützen die Behörden bereits vor ihm gewarnt. Die Polizei gerät deshalb zunehmend unter Druck.
Publiziert: 07.04.2023 um 01:10 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2023 um 08:33 Uhr

Anfang März stürmte Philipp F.* (†35) in Hamburg schwer bewaffnet eine Zusammenkunft der Zeugen Jehovas und nahm sieben Menschen das Leben. Nach der Bluttat richtete sich der Todesschütze selbst.

Wie «T-Online» berichtet, kommen nun neue Details ans Licht, die die Behörden mächtig unter Druck setzen. Demnach soll der Schützenclub des Amokläufers die Polizei und die Waffenbehörde vor F. gewarnt haben. Wie ein Sprecher des Hanseatic Gun Club zum Portal sagte, hat der Bruder des Amokläufers den Club auf eine «Veränderung» von F. hingewiesen.

Polizei hatte Sachlage bislang anders dargestellt

Daraufhin habe der Schützenclub umgehend reagiert und die Waffenbehörde telefonisch informiert. Auch darüber, dass der Hinweis vom Bruder des späteren Amokläufers stammte, seien die Beamten in Kenntnis gesetzt worden. Seitens der Beamten klang das bislang anders. Wie das Portal «Zeit Online» unter Berufung auf Ermittler von Polizei und Generalstaatsanwaltschaft berichtete, soll der Schützenclub zwar Hinweise auf das Gefahrenpotenzial von F. erhalten haben, diese jedoch nicht weitergegeben haben. Der Schützenclub weist diese Version der Geschichte klar von sich.

Philipp F. (†35) stürmte Anfang März eine Zusammenkunft der Zeugen Jehovas in Hamburg und tötete sieben Menschen.
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Zudem soll sich der Bruder beim Schützenclub gar informiert haben, wie er die Waffenbehörde über die Veränderung von F. informieren könne. Nach Abklärungen des Hanseatic Gun Club bei der Polizei hiess es, dass gar ein anonymer Hinweis ausreiche.

Wie das Portal weiter schreibt, hat sich der Bruder mit grosser Wahrscheinlichkeit danach noch selbst an die Behörden gewandt. Im Januar dieses Jahres ging bei der Waffenbehörde nämlich ein anonymer Hinweis mit eindringlichen Warnungen vor F. ein. Obwohl die Beamten dem ehemaligen Mitglied der Zeugen Jehovas gar einen Besuch abgestattet hatten, wurde der Hinweis nicht weiter verfolgt. Auch der anonyme Hinweisgeber, über dessen Identität die Polizei laut «T-Online» mutmasslich informiert war, wurde nicht angehört.

Entgegen erster Behauptungen soll die Polizei zudem nach dem anonymen Hinweis auch auf das Buch von F., «Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und den Satan», gestossen sein. Trotz des alarmierenden Inhalts hatten die Behörden das Werk jedoch zunächst nicht beachtet.

Auch der Vater warnte die Behörden bereits vor F.

Doch damit nicht genug: Der Bruder war schon das zweite Familienmitglied des Amokläufers, das die Behörden vor ihm gewarnt hat. So soll sich der Vater von Philipp F. bereits 2021 an die Behörden gewandt haben, wie der Leiter des Hamburger Landeskriminalamts, Jan Hieber (53), am Donnerstag vor dem Innenausschuss der Bürgerschaft mitteilte.

Demnach soll der Vater des Schützen den Sozialpsychiatrischen Dienst wegen psychischer Probleme seines Sohnes aufgesucht habe. F. höre Stimmen und wolle sich umbringen, so der Vater damals.

Opposition fordert politische Konsequenzen

Ob die neuesten Enthüllungen für die Polizei Konsequenzen haben werden, ist unklar. Eine entsprechende Anfrage von «T-Online» an die Behörden blieb unbeantwortet.

Klar ist: Die Beamten geraten immer mehr in Bedrängnis. So hatten schon vor zwei Wochen führende Oppositionspolitiker aus Hamburg politische Konsequenzen verlangt. So wurden unter anderem Forderungen zum Rücktritt des Hamburger Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer (63) laut. (dzc)

* Name bekannt

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