Kavanaugh-Abstimmung verschoben – Trump verwirrt mit Aussage
«Sie war glaubwürdig und sehr gut»

Der Richter-Showdown für den Obersten Gerichtshof beschäftigt immer noch ganz Washington. Obwohl Trumps Kandidat Brett Kavanaugh (53) am Freitag eine weitere Hürde nahm, ist er noch lange nicht am Ziel. Die Schlussabstimmung wurde verschoben, damit das FBI eine zusätzliche Untersuchung vornehmen kann.
Publiziert: 29.09.2018 um 04:23 Uhr
|
Aktualisiert: 02.10.2018 um 09:52 Uhr
Nicola Imfeld, San Diego

Trotz zahlreichen sexuellen Missbrauchsvorwürfen: Brett Kavanaugh hat am Freitag die vorletzte Hürde genommen. Der Justizausschuss des US-Senats bestätigte Trumps Richterkandidat für den Supreme Court mit 11 zu 10 Stimmen. Damit muss Kavanaugh nun nur noch die Abstimmung vor dem gesamten Senat überstehen (BLICK berichtete). 

Hat der konservative Richter die Befragungen vom Donnerstag also schadlos überstanden? In einer emotionalen 10-Stunden-Anhörung schilderte Christine Blasey Ford (51), wie sie vor 36 Jahren beinahe von Trumps Schützling an einer Schülerparty vergewaltigt wurde. Kavanaugh selbst verteidigte sich mit einer Wutrede – teils schreiend, teils schluchzend. Einen Tag später ist klar: Kavanaugh ist keineswegs durch. Einige wenige republikanische Senatoren zweifeln. 

US-Präsident Donald Trump hat das mutmassliche Missbrauchsopfer von seinem nominiertem Kandidaten als «sehr glaubwürdig» bezeichnet.
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Republikaner hat schlaflose Nacht wegen Kavanaugh

Einer von ihnen ist Jeff Flake: Es war ein Kompromiss, den der Republikaner einging. Nach der Anhörung am Donnerstag soll er grosse Zweifel gehabt haben. Die «New York Times» schreibt von einer «schlaflosen Nacht». Und Flake hörte auf sein Bauchgefühl: Am Freitag sagte er seinen Parteikollegen, er werde Kavanaugh nur in die finale Runde durchwinken, wenn als Kompromiss die Schlussabstimmung im Senat um eine Woche verschoben werde. So hat das FBI Zeit, gegen die erhobenen Vorwürfe ermitteln zu können, so Flake.

Sein Antrag wurde angenommen. US-Präsident Donald Trump (72) ordnete als Konsequenz noch am Abend eine Untersuchung durch das FBI an. Diese zusätzliche Analyse solle ebenfalls binnen einer Woche abgeschlossen sein und einen limitierten Fokus auf die erhobenen Vorwürfe haben, so das Weisse Haus. 

Ist Trumps Aussage eine Kehrtwende?

Zuvor sorgte Trump mit einer Aussage für Verwirrung. Der US-Präsident sagte gegenüber Reportern, dass er Blasey Fords Aussage gegen seinen Kandidaten als «sehr überzeugend» erlebt habe. «Sie ist eine sehr glaubwürdige Zeugin», so Trump. Es sei ein historischer Moment für die USA gewesen. «Ford war in vielerlei Hinsicht sehr gut.»

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Bislang bezeichnete Trump die Vorwürfe stets als schmutziges, politisches Spiel der Demokraten. Einen Tag zuvor schrieb er unmittelbar nach der Anhörung auf Twitter: «Richter Kavanaugh zeigte Amerika genau, warum ich ihn nominiert habe. Sein Zeugnis war kraftvoll, ehrlich und fesselnd. Die Such- und Zerstörungsstrategie der Demokraten ist beschämend und dieser Prozess war eine totale Täuschung, um zu verzögern, zu blockieren und zu widerstehen.» 

Trumps Aussage zu Blaisey Ford dürfte demnach viel eher ein Versuch sein, diplomatisch und staatsmännisch zu wirken. In den letzten Tagen hat sich der US-Präsident auf Twitter – für seine Verhältnisse – auffallend zurückgehalten. Auch am Freitag betonte er, dass er die Entscheidung des Justizausschusses respektieren werde – auch wenn dies die Wahl von Kavanaugh verzögern würde.

Star-Anwalt Avenatti will peinliche Details veröffentlichen

Am Wochenende richten sich nun alle Augen auf Michael Avenatti. Er vertritt eine Frau, die Kavanaugh ebenfalls sexuellen Missbrauch vorwirft. Der Star-Anwalt kündigte auf Twitter an, an diesem Wochenende Details dazu zu veröffentlichen. «Meine Klientin und ich werden es geniessen, wenn es dann so richtig peinlich für euch wird», schrieb Avenatti und markierte unteranderem US-Präsident Donald Trump. 

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Brett Kavanaugh soll Richter am US-Supreme-Court werden

1. Warum spielt die Personalie eine so grosse Rolle?

Das Oberste Gericht (Supreme Court) ist politisch sehr wichtig. Nicht selten hat das Gericht in aktuellen Auseinandersetzungen das letzte Wort. So etwa auch bei den grossen Themen, an denen sich die gesellschaftliche Spaltung der USA aufzeigt: Abtreibung, Einwanderung oder Waffenbesitz.

Die Entscheidungen sind oft von landesweiter Bedeutung und prägen die Auslegung von Gesetzen an unteren Gerichten über Jahre. Hinzu kommt: Die Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Mit der Kandidatenwahl kann ein Präsident die Mehrheitsverhältnisse so auf lange Zeit beeinflussen.

2. Ist die politische Einstellung der Richter relevant?

Ja. Kommt es zu Kontroversen, spielen auch die Haltungen der Juristen eine Rolle. Die Kammer ist hochpolitisch. Es gibt insgesamt neun Richter: Zurzeit sind vier konservativ und vier liberal. Anthony Kennnedy war in der Mitte, galt als gemässigt-konservativ. Er war häufig das Zünglein an der Waage. In wichtigen sozialen Fragen stimmte er meistens mit den progressiveren Kollegen. 

3. Warum steht Brett Kavanaugh zur Wahl?

US-Präsident Donald Trump hat ihn im Juli 2018 nominiert. Kavanaugh gilt als konservativ. Er ist ein Verfechter einer wörtlichen Auslegung der US-Verfassung. Dies freut die Waffen-Lobby, die sich auf eine wörtliche Auslegung des verfassungsmässigen Rechts auf Selbstverteidigung stützt.

4. Wie viele Stimmen braucht Kavanaugh, um als Richter bestätigt zu werden?

Eine einfache Mehrheit genügt. Zuerst muss Kavanaugh den Justizausschuss des Senats passieren. Danach die ganze Kammer. Zurzeit ist der Justizausschuss und der US-Senat unter republikanischer Kontrolle. Stimmen sie geschlossen ab, können die Republikaner Kavanaugh ohne jegliche demokratische Unterstützung zum Supreme Court durchboxen.

5. Warum kam es zu einer Anhörung?

Am 14. September tauchten im Magazin «The New Yorker» erstmals sexuelle Belästigungsvorwürfe gegen Kavanaugh auf. Zwei Tage später veröffentlichte die «Washington Post» ein Interview mit Christine Blasey Ford, die sich darin als Opfer Kavanaughs outete.

Als Konsequenz dieser Entwicklungen wurde die Schlussabstimmung verschoben. Nach einigem Hin und Her mit ihren Anwälten, erklärte sich Blasey Ford am vergangenen Sonntag bereit, vor dem Justizausschuss des Senats auszusagen.

6. Was sind die konkreten Anschuldigungen? 

Christine Blasey Ford und Brett Kavanaugh sollen 1982 auf der gleichen Schülerparty gewesen sein. Dort soll der heutige Richterkandidat betrunken gewesen sein und versucht haben, die damals 15-Jährige zu vergewaltigen. Kavanaughs Jugendfreund Mark Judge soll damals mit im Raum gewesen sein. Blasey Ford gibt an, dass sie sich von Kavanaugh befreien konnte und ins Badezimmer flüchtete.

7. Gibt es noch weitere Fälle?

Ja - sagen mehrere Frauen. Eine frühere Mitstudentin Kavanaughs sagte dem Magazin «The New Yorker», Kavanaugh habe sich Anfang der 80er Jahre bei einer Studentenparty plötzlich vor ihr ausgezogen und ihr seinen Penis ins Gesicht gestreckt.

Und dann ist da auch noch Julie Swetnick. Sie sagt, Kavanaugh habe mit seinem Jugendfreund und weiteren Kumpanen anfangs der 80er-Jahre gezielt Frauen mit Alkohol abgefüllt oder unter Drogen gesetzt. Anschliessend hätten sie ihre Opfer missbraucht.

Ende September berichtete die «New York Times» über einen vierten Fall. In einem anonymen Brief an den republikanischen Senator Cory Gardner schreibt eine Frau, dass ihre Tochter Zeuge von Kavanaughs Gewalttaten war. Sie hätte ihn 1998 in einer Bar beobachtet, wie er eine Frau betrunken gegen eine Wand schob und sich «sehr aggressiv und sexuell» verhalten hatte.

8. Was sagt Kavanaugh zu den Anschuldigungen?

Er streitet alles konsequent ab. «Ich habe niemals jemanden sexuell belästigt», sagte Kavanaugh bei der Anhörung. Er habe Frauen immer mit Würde und Respekt behandelt, erklärte er. In seiner Wutrede stellte Kavanaugh als mediales Opfer dar. Was während der Anhörung zu seiner Beförderung passiere, sei eine «nationale Schande». «Diese koordinierten und bezahlten Versuche, meinen Namen zu zerstören, werden mich nicht vertreiben!»

9. Was sagt Donald Trump? 

Der US-Präsident hat seinen Richterkandidaten stets verteidigt. Er bezeichnete die erhobenen Belästigungsvorwürfe gegen Kavanaugh als «völlig politisch motiviert». Damit spielt Trump auf die Verzögerungstaktik der Demokraten an, die die Schlussabstimmung möglichst bis nach den Halbzeitwahlen anfangs November hinauszögern wollen. Denn dann könnten sich die Mehrheitsverhältnisse womöglich ändern – und somit eine Kavanaugh-Wahl verhindert werden. Nach der Anhörung mit dem mutmasslichen Opfer Kavanuaghs erneuerte Trump seine Unterstützung für ihn.

10. Wie geht es jetzt weiter?

Nachdem auch der Justizausschuss des Senats Kavanaughs Nominierung zugestimmt hat, liegt es jetzt am US-Senat Trumps Kandidaten definitiv zu bestätigen. Die Schlussabstimmung wurde um eine Woche verschoben, damit das FBI die Anschuldigungen gegen Kavanaugh prüfen kann.

Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell setzte am Donnerstag für heute Freitag eine Verfahrensabstimmung an, die den Weg für eine Schlussabstimmung am Samstag ebnet.

11. Wie stehen die Chancen für Kavanaugh?

Es ist spannend. Aufgrund der hauchdünnen Mehrheit der Republikaner ist der Ausgang schwer abzuschätzen. Drei republikanische Senatoren (Jeff Flake, Lisa Murkowski und Susan Collins) sind noch unschlüssig. (nim)

1. Warum spielt die Personalie eine so grosse Rolle?

Das Oberste Gericht (Supreme Court) ist politisch sehr wichtig. Nicht selten hat das Gericht in aktuellen Auseinandersetzungen das letzte Wort. So etwa auch bei den grossen Themen, an denen sich die gesellschaftliche Spaltung der USA aufzeigt: Abtreibung, Einwanderung oder Waffenbesitz.

Die Entscheidungen sind oft von landesweiter Bedeutung und prägen die Auslegung von Gesetzen an unteren Gerichten über Jahre. Hinzu kommt: Die Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Mit der Kandidatenwahl kann ein Präsident die Mehrheitsverhältnisse so auf lange Zeit beeinflussen.

2. Ist die politische Einstellung der Richter relevant?

Ja. Kommt es zu Kontroversen, spielen auch die Haltungen der Juristen eine Rolle. Die Kammer ist hochpolitisch. Es gibt insgesamt neun Richter: Zurzeit sind vier konservativ und vier liberal. Anthony Kennnedy war in der Mitte, galt als gemässigt-konservativ. Er war häufig das Zünglein an der Waage. In wichtigen sozialen Fragen stimmte er meistens mit den progressiveren Kollegen. 

3. Warum steht Brett Kavanaugh zur Wahl?

US-Präsident Donald Trump hat ihn im Juli 2018 nominiert. Kavanaugh gilt als konservativ. Er ist ein Verfechter einer wörtlichen Auslegung der US-Verfassung. Dies freut die Waffen-Lobby, die sich auf eine wörtliche Auslegung des verfassungsmässigen Rechts auf Selbstverteidigung stützt.

4. Wie viele Stimmen braucht Kavanaugh, um als Richter bestätigt zu werden?

Eine einfache Mehrheit genügt. Zuerst muss Kavanaugh den Justizausschuss des Senats passieren. Danach die ganze Kammer. Zurzeit ist der Justizausschuss und der US-Senat unter republikanischer Kontrolle. Stimmen sie geschlossen ab, können die Republikaner Kavanaugh ohne jegliche demokratische Unterstützung zum Supreme Court durchboxen.

5. Warum kam es zu einer Anhörung?

Am 14. September tauchten im Magazin «The New Yorker» erstmals sexuelle Belästigungsvorwürfe gegen Kavanaugh auf. Zwei Tage später veröffentlichte die «Washington Post» ein Interview mit Christine Blasey Ford, die sich darin als Opfer Kavanaughs outete.

Als Konsequenz dieser Entwicklungen wurde die Schlussabstimmung verschoben. Nach einigem Hin und Her mit ihren Anwälten, erklärte sich Blasey Ford am vergangenen Sonntag bereit, vor dem Justizausschuss des Senats auszusagen.

6. Was sind die konkreten Anschuldigungen? 

Christine Blasey Ford und Brett Kavanaugh sollen 1982 auf der gleichen Schülerparty gewesen sein. Dort soll der heutige Richterkandidat betrunken gewesen sein und versucht haben, die damals 15-Jährige zu vergewaltigen. Kavanaughs Jugendfreund Mark Judge soll damals mit im Raum gewesen sein. Blasey Ford gibt an, dass sie sich von Kavanaugh befreien konnte und ins Badezimmer flüchtete.

7. Gibt es noch weitere Fälle?

Ja - sagen mehrere Frauen. Eine frühere Mitstudentin Kavanaughs sagte dem Magazin «The New Yorker», Kavanaugh habe sich Anfang der 80er Jahre bei einer Studentenparty plötzlich vor ihr ausgezogen und ihr seinen Penis ins Gesicht gestreckt.

Und dann ist da auch noch Julie Swetnick. Sie sagt, Kavanaugh habe mit seinem Jugendfreund und weiteren Kumpanen anfangs der 80er-Jahre gezielt Frauen mit Alkohol abgefüllt oder unter Drogen gesetzt. Anschliessend hätten sie ihre Opfer missbraucht.

Ende September berichtete die «New York Times» über einen vierten Fall. In einem anonymen Brief an den republikanischen Senator Cory Gardner schreibt eine Frau, dass ihre Tochter Zeuge von Kavanaughs Gewalttaten war. Sie hätte ihn 1998 in einer Bar beobachtet, wie er eine Frau betrunken gegen eine Wand schob und sich «sehr aggressiv und sexuell» verhalten hatte.

8. Was sagt Kavanaugh zu den Anschuldigungen?

Er streitet alles konsequent ab. «Ich habe niemals jemanden sexuell belästigt», sagte Kavanaugh bei der Anhörung. Er habe Frauen immer mit Würde und Respekt behandelt, erklärte er. In seiner Wutrede stellte Kavanaugh als mediales Opfer dar. Was während der Anhörung zu seiner Beförderung passiere, sei eine «nationale Schande». «Diese koordinierten und bezahlten Versuche, meinen Namen zu zerstören, werden mich nicht vertreiben!»

9. Was sagt Donald Trump? 

Der US-Präsident hat seinen Richterkandidaten stets verteidigt. Er bezeichnete die erhobenen Belästigungsvorwürfe gegen Kavanaugh als «völlig politisch motiviert». Damit spielt Trump auf die Verzögerungstaktik der Demokraten an, die die Schlussabstimmung möglichst bis nach den Halbzeitwahlen anfangs November hinauszögern wollen. Denn dann könnten sich die Mehrheitsverhältnisse womöglich ändern – und somit eine Kavanaugh-Wahl verhindert werden. Nach der Anhörung mit dem mutmasslichen Opfer Kavanuaghs erneuerte Trump seine Unterstützung für ihn.

10. Wie geht es jetzt weiter?

Nachdem auch der Justizausschuss des Senats Kavanaughs Nominierung zugestimmt hat, liegt es jetzt am US-Senat Trumps Kandidaten definitiv zu bestätigen. Die Schlussabstimmung wurde um eine Woche verschoben, damit das FBI die Anschuldigungen gegen Kavanaugh prüfen kann.

Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell setzte am Donnerstag für heute Freitag eine Verfahrensabstimmung an, die den Weg für eine Schlussabstimmung am Samstag ebnet.

11. Wie stehen die Chancen für Kavanaugh?

Es ist spannend. Aufgrund der hauchdünnen Mehrheit der Republikaner ist der Ausgang schwer abzuschätzen. Drei republikanische Senatoren (Jeff Flake, Lisa Murkowski und Susan Collins) sind noch unschlüssig. (nim)

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