So operieren die Gleitschirm-Terroristen der Hamas
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Preisgünstige Luftwaffe:So operieren die Gleitschirm-Terroristen der Hamas

Kostengünstige «Flugwaffe» entgeht der israelischen Luftabwehr
Die Hamas-Krieger kamen mit Gleitschirmen

Sie wirken hochprofessionell – und töteten hocheffizient: Mit Gleitschirmen waren Hamas-Truppen am frühen Samstag nach Israel eingedrungen und damit Tel Avivs Luftabwehr entgangen. Die «fliegenden Krieger» machten ein preisgünstiges Fluggerät zur fürchterlichen Waffe.
Publiziert: 09.10.2023 um 03:15 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2023 um 14:12 Uhr
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Sonnenaufgang über der Wüste. Partygänger tanzen leicht bekleidet. Am Himmel erscheinen dunkle Punkte, die sich langsam dem Kibbuz-Musikfestival nähern. Schnell kippt die Partystimmung in Todesangst. Die Punkte am Himmel sind Gleitschirme der Hamas. Schwer bewaffnete Krieger landen, schiessen wahllos in die Menge. Die Folge: Ein Blutbad im Wüstensand, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. 260 junge Menschen sterben.

Eskalation zwischen Israel und Hamas

Raketen, Terror und Tausende Tote. Zwischen Hamas und Israel herrscht Krieg. Blick hält dich im Ticker auf dem Laufenden.

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Hamas behauptete noch am Samstagmorgen, mit motorisierten Gleitschirmen nach Israel eingedrungen zu sein, um die Luftabwehr zu umgehen. Von der Terrorgruppe veröffentlichtes Filmmaterial zeigt, wie die Kämpfer die Grenze zum Feindesland überqueren und dabei von Propellern angetriebene Gleitschirme benutzen.

Hamas zeigt Propagandavideo

Einige Kämpfer haben sich die Motoren direkt auf den Rücken geschnallt. Andere fliegen auf kleinen, dreirädrigen Fahrzeugen, sogenannten Trikes, die an den Schirmen baumeln. Die Kämpfer stellen das Kampfwappen der Luftwaffendivision der Kassam-Brigaden zur Schau, des militärischen Flügels der Hamas. Sie tragen auch palästinensische Flaggen.

Ein Hamas-Krieger mit Rucksackpropeller und Gleitschirm.
Foto: Screenshot
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Nach der Landung werden die Kämpfer gezeigt, wie sie ein mit dem Davidstern bemaltes Gebäude stürmen. Der Stern ist ein Symbol für Israel und das Judentum. Offensichtlich handelt es sich bei der Anlage um ein Trainingsgelände.

Es sind diese die Hamas-Gleitschirmtruppen, die am frühen Samstag auch das Musikgelände in der Wüste stürmten und das Blutbad anrichteten. Ähnlich wie Drohnen, die gerade im Ukraine-Krieg eine immer wichtigere Rolle spielen, können offenbar auch Gleitschirme als vergleichsweise kostengünstige Waffe eingesetzt werden. Die «fliegenden», für Israel unsichtbaren Krieger töteten hocheffizient.

Günstige Kriegswaffe

Rucksackmotoren, Schirme und Trikes – oder vierrädrige Quads – gibts schon für fünfstellige Beträge. Sie fliegen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 50 km/h und können auf kurzen Strecken vom Boden aus starten.

Der Einsatz von motorisierten Gleitschirmen hat es Hamas offenbar ermöglicht, der israelischen Luftabwehr zu entgehen. Obwohl solche Gleitschirme hauptsächlich von Hobbysportlern genutzt werden, wurden sie auch schon für militärische Einsätze verwendet. Das australische Rüstungsunternehmen MilSpecPPG hat solche «kostengünstigen, leichten Lufterkundungs- und Überwachungsflugzeuge» entwickelt.

Nach Angaben des Unternehmens sind die motorisierten Gleitschirme «ideal für verdeckte Operationen» und «in 250 Metern Höhe praktisch unsichtbar». «Ein Geschwader von Gleitschirmfliegern mit Propellerantrieb», heisst es auf der Website der Rüstungsfirma, «kann 520 Quadratkilometer zu Kosten von weniger als 15 Dollar pro Stunde und Fluggerät überwachen – ein Bruchteil der Betriebskosten anderer Flugzeugtypen.»

Hat Teheran die Finger im Spiel?

Es gibt keine Hinweise darauf, dass die von der Hamas am Samstag eingesetzten Gleitschirme vom australischen Unternehmen geliefert wurden. Trotzdem, auch so eine Low-key-Invasion, wie sie die Hamas am frühen Samstag durchführte, gehört finanziert.

Wie das «Wall Street Journal» am späten Sonntag berichtet, soll der Iran bei der Planung des Angriffs auf Israel während mehreren Wochen geholfen haben. Teheran habe am Montag bei einem Treffen in Beirut endgültig grünes Licht gegeben. Dies beruhe auf Informationen von hochrangigen Mitgliedern der Hamas und der Hisbollah, einer weiteren vom Iran unterstützten militanten Gruppe.

Offiziere des iranischen Korps der Islamischen Revolutionsgarde, so heisst es, hätten seit August mit der Hamas zusammengearbeitet, um die Angriffe aus der Luft, zu Land und zu Wasser zu planen. Dabei kam es am Samstag zu den bedeutendsten Verletzungen der Grenzen Israels seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973.

Trumps wilde Spekulation

Die iranische Mission bei den Vereinten Nationen bestritt am Sonntag, dass Teheran am Hamas-Angriff im Süden Israels beteiligt gewesen sei. «Wir unterstützen Palästina nachdrücklich, sind jedoch nicht an der Reaktion Palästinas beteiligt, da diese ausschliesslich von Palästina selbst vorgenommen wird», so die iranische Uno-Mission.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump (77), der mit der nächsten Präsidentschaftswahl 2024 ins Weisse Haus zurückkehren will, spekulierte dazu, dass sein Amtsnachfolger Joe Biden (80) für die Attacken mitverantwortlich sei. Ohne Beweise vorzulegen, sagte Trump: «Leider haben die US-Steuerzahler dabei geholfen, diese Angriffe zu finanzieren.»

Trump bezog sich dabei auf Vorwürfe, dass Teheran die sechs Milliarden Dollar, die es Mitte September im Rahmen eines durch die Schweiz vermittelten Gefangenenaustauschs erhielt, in die aktuelle Hamas-Offensive gesteckt habe.

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