Corona-Skeptiker sind weltweit im Fieber
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Von Linken bis Neonazis:Corona-Skeptiker gehen weltweit auf die Strasse

Linke, Neonazis, Impfgegner und Promis
Corona-Skeptiker sind weltweit im Fieber

In Zürich sind am Montag Corona-Skeptiker auf Mr. Corona, Daniel Koch, losgegangen. Auch andere Länder haben militante Anti-Corona-Bewegungen. BLICK zeigt, wie sie ticken.
Publiziert: 08.09.2020 um 20:01 Uhr
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Aktualisiert: 18.11.2020 um 14:27 Uhr
Guido Felder

Deutschland: Von Linken bis Neonazis

Hinter vielen Protesten in Deutschland steckt die Stuttgarter Initiative Querdenken 711. Sie war im April vom IT-Unternehmer Michael Ballweg (45) gegründet worden, der die sofortige Beendigung aller Corona-Massnahmen und die Abdankung der Bundesregierung fordert. Die Zahl 711 bezieht sich auf die Telefonvorwahl von Stuttgart.

Zum Protest rufen aber auch linke Systemkritiker, AfD-Politiker und andere rechte Gruppen auf, die mit Reichsadler-Flaggen, T-Shirts in alter Frakturschrift und anderen Nazi-Symbolen auf die Strasse gehen. Bekannte Köpfe, die bisher an den Demos teilnahmen, sind etwa Vegan-Koch Attila Hildmann (39), der sich selbst «ultrarechts» nennt, sowie Robert Francis Kennedy junior (66), Neffe des ehemaligen US-Präsidenten, der vor 5G und einer Totalüberwachung warnt.

Die Corona-Skeptiker haben in Deutschland eine Grenze überschritten, als sie Ende August die Reichstagstreppe in Berlin stürmten. CSU-Innenminister Horst Seehofer (71) polterte: «Das Reichstagsgebäude ist die Wirkungsstätte unseres Parlaments und damit das symbolische Zentrum unserer freiheitlichen Demokratie. Dass Chaoten und Extremisten es für ihre Zwecke missbrauchen, ist unerträglich.»

Tausende demonstrieren im August in Berlin gegen die Corona-Massnahmen.
Foto: Keystone
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«Koch lügt und schürt Angst!»
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Corona-Skeptikerin:«Ich fühle mich schon lange nicht mehr als freier Mensch»

USA: Verschwörungstheoretiker von QAnon

Seit dem Corona-Ausbruch ist in den USA die Verschwörungsbewegung QAnon stark im Aufwind. Ihre kruden Behauptungen: Corona sei als biologische Waffe entwickelt worden, die Krise sei nur ein Vorwand, um Freiheitsrechte dauerhaft einzuschränken und Microsoft-Gründer Bill Gates (64) wolle Menschen mit Impfungen Mikrochips implantieren und kontrollieren.

QAnon entstand 2017, als ein Nutzer «Q» auf «4chan» behauptete, Hillary Clinton (72) sei festgenommen worden und ein blutiger Umsturz in den USA stehe kurz bevor. Der unbekannte Q gibt sich als hochrangiger Geheimdienstmitarbeiter aus und postet regelmässig rätselhaft aufgebaute Nachrichten. Seine Anhänger glauben, dass Trump an die Macht gekommen sei, um einen Verschwörungsring zu bekämpfen. Zudem glauben sie an eine geheime Gruppe «Deep State», die heimlich die Strippen in der Welt ziehe.

Ganz wirr: Viele sind sogar überzeugt davon, dass linke Politiker und Hollywoodstars Kinder in unterirdischen Tunneln gefangen halten, sie vergewaltigen und ihr Blut trinken, um sich zu verjüngen. Das FBI warnt vor der Bewegung, es gehe eine «potenzielle Terrorismusgefahr im Inland» von ihr aus.

Twitter und Facebook haben Tausende von Konten und Hunderte von Gruppen gelöscht, weil sie teilweise antisemitisch und rechtsextrem waren. US-Präsident Donald Trump (74) scheint die Bewegung zu gefallen. Er sagt über QAnon: «So wie ich es verstehe, mögen sie mich – was ich sehr zu schätzen weiss.» Und weiter: «Ich habe gehört, dass das Leute sind, die unser Land lieben.»

England: Busse für Corbyns Bruder

In London steht ein prominenter Engländer an vorderster Front der Corona-Demonstranten: Piers Corbyn (73), der ältere Bruder des ehemaligen Labour-Chefs Jeremy Corbyn (71). Vor wenigen Tagen wurde er festgenommen und mit umgerechnet 12’000 Franken gebüsst. Der Astrophysiker ist auch als Klimaleugner bekannt. Er wirft der Regierung vor, die Demokratie beerdigen und die Menschenrechte zerstören zu wollen.

Österreich: «Sturz dem Kurz»

«Wir wollen keine Diktatur, keine Zwangsimpfung» oder «Sturz dem Kurz»: Hinter vielen Demonstrationen in Österreich steckt die sogenannte «Initiative für evidenz-basierte Corona-Information» (ICI). Zur ersten Demonstration gegen die Ausgangsbeschränkungen rief sie am 24. April in Wien auf. Gern mischt sich Martin Sellner (31) unter sie, der Sprecher der rechtsradikalen Identitären. Die ICI schreibt über sich: «Wir sind nicht rechts. Wir sind nicht links. Wir sind wütend!»

Auch die Querdenker-Bewegung ist in Österreich aktiv. Ihre Anhänger zerrissen unter Applaus eine Regenbogen-Fahne. Blogger Manuel Mittas (43), der sich «einer der ersten TV-Medien-Whistleblower Österreichs» nennt, sagte in einem Video, dass es sich bei dieser Fahne um ein «klares Pädophilen- oder Kinderschändersymbol» handle.

Spanien: Wirrer Popsänger

Schon im Mai hatte die rechtspopulistische Partei Vox in Madrid eine Autokolonne gegen die Ausgangssperren organisiert. Doch sonst hält sich der Protest in Grenzen, weil Spanien arg von Corona getroffen wurde. Einer der bekanntesten Skeptiker ist Popsänger Miguel Bosé (64). Er ruft über soziale Medien zu Demos auf, an denen er aber selber gar nicht erscheint. Speziell: Seine Mutter war im Frühling selber an Corona gestorben.

Italien: Respekt vor Berlusconi

Selbst in Italien, das von Corona stark getroffen wurde, blasen Skeptiker zu Demos. Doch die Versammlungen sind überschaubar: Nur etwa 1500 statt wie erwartet 5000 trafen sich am Sonntag in Rom, um gegen die «Gesundheitsdiktatur» der Regierung von Giuseppe Conte (56) zu protestieren. Gedämpft hat die Demonstrationsbereitschaft der «complottisti» und «negazionisti» die Meldung, dass der beliebte ehemalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi (83) an Corona erkrankt ist und nun in Mailand im Spital behandelt werden muss.

Argentinien: Angst vor Links-Regierung

Die Demos in Argentinien unterscheiden sich von jenen anderer Länder. Mit blauweissen Flaggen demonstrieren vor allem Angehörige der Mittel- und Oberschicht gegen die seit über 150 Tage andauernde Quarantäne. Es sind keine Verschwörungstheoretiker. Vielmehr fürchten sie sich davor, dass die Regierung von Mitte-Links-Präsident Alberto Fernández (61) die Pandemie für die Durchsetzung einer linkspopulistischen Politik nutzen könnte.

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