Hat Corona die Klima-Teenies weggehustet?
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Der Lockdown bremst:Hat Corona die Klima-Teenies weggehustet?

Lockdown stoppt Strassenprotest
Hat Corona die Klima-Teenies weggehustet?

Die Corona-Krise verändert auch die junge Klimabewegung. Ihr wichtigstes Druckmittel, der Strassenprotest, ist weg. Dabei sind ihre Forderungen aktueller denn je.
Publiziert: 23.04.2020 um 21:09 Uhr
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Aktualisiert: 13.04.2021 um 11:49 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Der laute Protest ist tot. Zu Spitzenzeiten brachte die Klimajugend Hunderttausende Menschen auf die Strasse. Seit Corona findet der wöchentliche Klimastreik nur noch online statt: Unter dem Hashtag #digitalstrike posten die Aktivisten jeden Freitag diverse Fotos von sich und ihren Transparenten.

«Vor der Corona-Krise haben wir 200 Prozent gearbeitet. Von einem Tag auf den anderen sind wir in ein Loch gefallen», sagt Paula Schmid (16) aus Zürich. Der stumme Protest frustriert die Schweizer Aktivisten. «Wir werden langsam unruhig, wollen wieder auf der Strasse präsent sein. Das ist unsere Stärke», sagt Mattia De Lucia (19).

Monatelang trieben sie die Politik mit ihren Forderungen vor sich her. Noch im Januar zwangen sie Roger Federer (38) nach heftiger Kritik an seinem Werbe-Deal mit der Credit Suisse zu einem Klima-Statement.

Klimaaktivistin Paula Schmid: «Vor der Corona-Krise haben wir 200 Prozent gearbeitet.»
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Doch seit Pandemie-Beginn stehen Klimathemen nirgends mehr auf der Agenda. Die auf Ende April geplante Veröffentlichung des Climate Action Plans mit konkreten Vorschlägen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels hat der Klimastreik Schweiz erst mal verschoben. Aufmerksamkeit gäbe es dafür wohl sowieso nicht.

Harte Bewährungsprobe für die Klimajugendlichen

Dabei wäre der Plan gerade brandaktuell. Am Mittwoch teilte die EU mit, dass 2019 das heisseste Jahr in der Geschichte Europas war. Dieses Jahr könnte ähnlich verlaufen. Seit Wochen gab es keinen nennenswerten Niederschlag. Und das Bundesamt für Umwelt (Bafu) fürchtet, dass die Schweiz ihre Klimaziele 2020 voraussichtlich nicht erreicht.

«Die Corona-Krise ist eine harte Probe für unsere Bewegung. Wir werden richtig getestet», sagt Mattia De Lucia. Auch bei den Klimajugendlichen sind Konferenzen via Zoom mittlerweile normal. Immerhin kommen neue Aktivisten dazu – Schüler und Studenten, die jetzt viel Zeit haben. «Manchmal starten wir einfach einen Videocall und schauen, wer kommt.» In Deutschland gibt es 24-Stunden-Hotlines wie virtuelle Wohnzimmer. Das ist wichtig für die Bewegung, die stark vom sozialen Miteinander lebt.

«Viele fragen sich aber: Wie lenken wir nach der Krise wieder Aufmerksamkeit auf uns?», sagt Paula Schmid. Zum heutigen weltweiten Klimastreiktag wollen sie und ihre Mitstreiter Schuhe und Transparente auf den Zürcher Sechseläutenplatz stellen. Um zu zeigen: Wir sind immer noch da. Auch wenn wir gerade nicht auf die Strasse dürfen.

Radikal wollen sie gerade nicht mehr sein

Bei der Videokonferenz zwei Tage zuvor zeigt sich die Stärke der Jugendlichen: die Organisation. Jedes Unternehmen sollte sich nach diesen klugen jungen Menschen die Finger lecken, die mit grösster Selbstverständlichkeit Tagesordnungspunkte abarbeiten, Protokolle schreiben und ein Abstandskonzept diskutieren.

«Optisch ist das eine mega nice Idee», schwärmt eine Studentin über den Schuhstreik. Doch auch der praktisch menschenlose Protest hat Hürden. Woher kommen die 100 bis 200 Paar Schuhe? Können wir beim Sammeln, Aufstellen und Wiederverteilen die Abstandsregeln einhalten?

Die grösste Sorge der jungen Aktivisten: eine Busse! Eine lustige Strafen-Angst für eine Bewegung, die im vergangenen Jahr noch mit den radikalen Klimaschützern von Extinction Rebellion flirtete.

Virologen sind plötzlich Stars – das sollten Klimatologen auch sein

«Mit der Schuhaktion wollen wir die Klima-Krise und die Corona-Krise miteinander verbinden. Wir wollen zeigen: Das könnte auch der Umgang mit der Klima-Krise sein», erklärt Schmid. Corona zeige ja, dass die Politik auf die Wissenschaft hören könne. Virologen sind plötzlich Stars. Das wünschen sich die jungen Aktivisten auch für Klimawissenschaftler.

«Ich finde die Arbeit des Bundesrats aus der Klimaperspektive gerade nicht so positiv», kritisiert De Lucia. Er hofft, dass bei den ganzen Wirtschaftspaketen, die jetzt geschnürt werden, der Umweltschutz nicht vergessen geht. «Fluggesellschaften sollte man jetzt sicher nicht retten.»

Doch es ist für die Klimajugendlichen schwierig geworden, mit ihren Forderungen die Politik zu erreichen. Ihr wichtigstes Druckmittel ist weg. Statt Schulstreik geht gerade eben nur Schuhstreik.

Greta kämpft jetzt fürs Pflegepersonal

Bis zur Corona-Krise war Greta Thunberg (17) nonstop unterwegs. Die Pandemie zwingt die Klima-Ikone nun, in Stockholm zu bleiben. Bei ihrem letzten Trip, der sie unter anderem in die Schweiz und nach Belgien führte, fing sie sich Anfang März offenbar das Coronavirus ein. «Ich habe mich müde gefühlt, hatte Kälteschauer, Halsschmerzen und habe gehustet», schrieb Thunberg auf Instagram. Gemeinsam mit ihrem Vater Svante, der auch hohes Fieber hatte, isolierte sie sich.

Auch Thunberg streikt nun nur noch online. Und engagiert sich für das Pflegepersonal. «Gebt ihnen höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und ausreichende Mittel», fordert sie auf Twitter. Den Applaus könne man sich ja für Unternehmen, die die Umwelt verpesteten, aufsparen – statt sie zu retten. «Ein sarkastischer Applaus für diejenigen, die unsere Welt zerstörten.» Fabienne Kinzelmann

Bis zur Corona-Krise war Greta Thunberg (17) nonstop unterwegs. Die Pandemie zwingt die Klima-Ikone nun, in Stockholm zu bleiben. Bei ihrem letzten Trip, der sie unter anderem in die Schweiz und nach Belgien führte, fing sie sich Anfang März offenbar das Coronavirus ein. «Ich habe mich müde gefühlt, hatte Kälteschauer, Halsschmerzen und habe gehustet», schrieb Thunberg auf Instagram. Gemeinsam mit ihrem Vater Svante, der auch hohes Fieber hatte, isolierte sie sich.

Auch Thunberg streikt nun nur noch online. Und engagiert sich für das Pflegepersonal. «Gebt ihnen höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und ausreichende Mittel», fordert sie auf Twitter. Den Applaus könne man sich ja für Unternehmen, die die Umwelt verpesteten, aufsparen – statt sie zu retten. «Ein sarkastischer Applaus für diejenigen, die unsere Welt zerstörten.» Fabienne Kinzelmann

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