«Es handelt sich noch nicht um Völkermord»
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Völkerrechts-Professor:«Es handelt sich noch nicht um Völkermord»

Von wegen «Inszenierung»
Satellitenbilder entlarven Russlands Butscha-Lügen

Nach dem Massaker von Butscha weist Russland jegliche Verantwortung von sich und sagt, gar nicht mehr vor Ort gewesen zu sein, als die Zivilisten getötet wurden. Satellitenaufnahmen zeigen aber nun, dass dies eine Lüge ist.
Publiziert: 05.04.2022 um 00:11 Uhr
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Aktualisiert: 05.04.2022 um 11:46 Uhr
Satellitenbilder, die von der «New York Times» ausgewertet wurden zeigen allerdings, dass die Leichen schon am 19. März dort lagen. Zu einer Zeit, als die russische Armee das Gebiet kontrollierte.
Foto: Twitter/@jsrailton
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Russland hält daran fest, in der ukrainischen Stadt Butscha keine Kriegsverbrechen begangen zu haben. An dem Ort, an dem am Wochenende die Leichen Hunderter Zivilisten auf Strassen und in Häusern entdeckt wurden, nachdem die Russen aus dem Gebiet abgezogen waren. Die mutmasslichen Kriegsverbrechen dürften als «Massaker von Butscha» in die Geschichte eingehen.

Am Montagabend wies der russische Uno-Botschafter Wassili Nebensja (60) jegliche Verwicklung der russischen Truppen zurück. Das russische Militär habe das, wofür es beschuldigt werde, nicht getan, es habe keine Gräueltaten gegen Zivilisten in der Ukraine begangen. «Das ist nicht der Fall, das war nicht der Fall, und das wird nie der Fall sein», sagte er an einer eigens einberufenen Pressekonferenz. Die russischen Truppen seien bereits am 30. März aus dem Gebiet abgezogen worden. Die angeblichen Beweise für Verbrechen der russischen Soldaten seien aber erst am vierten Tag nach dem Abzug aufgetaucht.

«Kein Zweifel an Inszenierung»

Weiter sagte Nebensja, die Leichen hätten Verwesungsmerkmale aufweisen und steif sein müssen, wären tatsächlich die Russen dafür verantwortlich. Beides sei aber nicht der Fall. Sein Fazit: «Es gibt keine Zweifel, dass es sich um eine Inszenierung handelt.»

Wer ist dafür verantwortlich? Nebensja verwies auf ein im Internet kursierendes Video, aus dem hervorgehe, dass ukrainische Nationalisten nach dem russischen Rückzug auf Zivilisten geschossen hätten.

Satellitenbilder bringen Russland in Erklärungsnot

Doch diese Version der Geschichte glaubte schon bisher kaum jemand. Russland versprach, an der Pressekonferenz Beweise vorzulegen. Das geschah nicht. Stattdessen sind inzwischen Satellitenbilder aufgetaucht, welche die Russen noch stärker in Erklärungsnot bringen.

Seit Wochen seien auf den Bildern Tote zu sehen gewesen, berichtet die «New York Times». Die Zeitung wertete die Aufnahmen aus. Dadurch sei ersichtlich, dass viele der Zivilisten schon vor mehr als drei Wochen getötet worden seien. Also zu einer Zeit, als die russische Armee das Gebiet kontrollierte.

Aufnahmen vor und nach den Gräueltaten ausgewertet

Um die Aufnahmen zu verifizieren, legte die «Times» Bilder von Strassen vor und nach den Gräueltaten übereinander. Dabei zeigen sich nach den Vorfällen dunkle Objekte von ähnlicher Grösse, die zuvor nicht dalagen, aussehen wie menschliche Körper und genau an den Stellen positioniert sind, an denen die Leichen später von ukrainischen Streitkräften gefunden wurden. Laut Artikel hätten weitere Analysen gezeigt, dass diese Objekte über drei Wochen auf diesen Positionen blieben.

«Es ist ziemlich offensichtlich, dass russische Kräfte verantwortlich sind»

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Auch wenn Russland versucht, die Verantwortung abzuschieben und Nebensja an der Pressekonferenz erneut sagte, bald Beweise für die eigene Unschuld vorlegen zu wollen, dürften die Meinungen gemacht sein. «Ich denke, es ist ziemlich offensichtlich – nicht nur für uns, sondern für die Welt – dass russische Kräfte für die Gräueltaten in Butscha verantwortlich sind», sagte der Sprecher des US-Pentagons, John Kirby, am Montag. Sein Vorgesetzer, Präsident Joe Biden (79), nannte Putin die letzten Tage mehrmals einen «Kriegsverbrecher».

Uno-Generalsekretär António Guterres (72) sagte, er sei «zutiefst geschockt» über die Gräueltaten an den Bewohnern von Butscha. «Es ist essenziell, dass eine unabhängige Untersuchung zu effektiver Rechenschaft führt», sagte der Uno-Chef laut einer Mitteilung. Die Uno will am Dienstag über das Massaker beraten.

Auch die Staatschefs weiterer westlicher Grossmächte wie Deutschland, Frankreich und Grossbritannien zeigten sich ob der Bilder entsetzt und fordern eine umgehende Aufklärung. (vof)

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