Myanmar-Experte über Aung San Suu Kyis Rede
«Ihr Ruf als Friedens-Nobelpreisträgerin ist ruiniert»

Das Staatsoberhaupt Myanmars, Aung San Suu Kyi, hat ihr Schweigen zur Gewalt gegen die muslimische Minderheit in ihrem Land gebrochen. Ihre Rede fällt jedoch nicht so aus wie erhofft.
Publiziert: 19.09.2017 um 20:02 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:18 Uhr
Aung San Suu Kyi verliert in ihrer Rede kein Wort über das Militär noch über den internationalen Vorwurf der ethnischen Säuberung.
Foto: AP Photo/Aung Shine Oo
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Simona Boscardin

Endlich hat sich die Friedensnobelpreisträgerin und de-facto-Staatspräsidentin Myanmars, Aung San Suu Kyi, zur Gewalt gegen die muslimische Minderheit in ihrem Land geäussert. Das Resultat der Rede ist jedoch ernüchternd.

Sie verliert kein Wort über das Militär, noch über den internationalen Vorwurf der ethnischen Säuberung. Auffällig war auch ihre Wortwahl: Sie nannte die Rohingyas kein einziges Mal beim Namen.

Rhetorische Versprechen und Pakt mit dem Teufel

«Ihr Ruf als Friedensnobelpreisträgerin ist ruiniert», sagt Soziologe und Myanmar-Experte Phuong Le Trong von der Universität Bonn. «Sie sprach gestern nur von Allgemeinheiten, konkrete politische Schritte hat sie keine erläutert. Auch das Versprechen, das sich die Rohingyas demnächst in Myanmar registrieren lassen können, ist eher rhetorisch und führt sie nicht weiter aus.»

Aung San Suu Kyi ist zwar faktische Machthaberin, das Militär besetzt aber nach wie vor wichtige Schlüsselpositionen. Für jede politische Handlung braucht sie die Zustimmung des Militärs. Ebenso ist sie angewiesen auf die Mehrheit der Buddhisten für ihren politischen Erfolg.

«Sie führt einen Tanz mit dem Militär vor, welches jeden ihrer Schritte aufmerksam verfolgt», erläutert der Experte. «Ihren politischen Aufstieg hat die einst gefeierte Oppositionsführerin ironischerweise dem Militär zu verdanken und man kann davon ausgehen, dass auch schon bei den Wahlen 2015 eine Art Kompromiss zwischen ihr und dem Militär im Gange war», sagt er weiter.

«Staatenlose im eigenen Land»

Die Rohingyas werden in Myanmar seit Jahrzehnten unterdrückt und verfolgt. Vor 35 Jahren wurde ihnen die Staatsbürgerschaft verweigert, mit ihr auch alle Rechte: «Sie sind Staatenlose in ihrem eigenen Land», erläutert Le Trong.

Die Situation eskalierte erneut, als Rohingya-Rebellen Ende August eine Polizeistation angriffen. Mehr als hundert Menschen sollen dabei getötet worden sein. Das Militär holte daraufhin zu einem Gegenschlag aus, worauf 410'000 Rohingyas nach Bangladesch flüchteten. 

Die Rebellen der Rohingya Foundation Army 

Die Regierung unter Aung San Suu Kyi verurteilt die Anschläge der Rohingya-Rebellen und bezeichnet die «Rohingya Foundation Army» als Terroristen: «Die Rebellengruppe ist eine Folge der Eskalation in Myanmar. Das sie zu Gewalt griffen, war eine Reaktion auf die Leiden und die Unterdrückung der Rohingyas», sagt Myanmar-Experte Le Trong. Es sei einfach, einen gewalttätigen Widerstand als «Terrorismus» zu bezeichnen. 

Erst auf Druck der internationalen Gemeinschaft hat sich Aung San Suu Kyi zu einer Äusserung genötigt gefühlt: «Ich nehme an, dass durch diesen Druck endlich etwas passieren kann», schätzt Phuong Le Trong die Situation ein.

So wird der Konflikt um die Rohingyas kein Problem mehr sein, um dass sich Myanmar alleine kümmern muss: «Es braucht die Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft, um eine Lösung zu finden.» 

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