Nach Schockdiagnose
Wie diese blinde Britin ständig um die Welt fliegt

Sassy Wyatt verlor mit 16 Jahren allmählich ihr Augenlicht und wurde schliesslich blind. Eine schwere Zeit für sie. Die Britin kämpfte mit Depressionen. Wie sie sich zurückkämpfte und heute die Welt bereist.
Publiziert: 13.06.2024 um 19:45 Uhr
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Aktualisiert: 13.06.2024 um 19:50 Uhr

«Ich glaube wirklich, dass meine Blindheit mir die Welt geöffnet hat, damit ich sie besser sehen kann», sagt Sassy Wyatt (33) zu CNN. Die Britin arbeitet als Beraterin und Influencerin. Ihre Themen: Reisen mit Behinderung. Selbstbewusst spricht sie über Probleme und Schwierigkeiten, als blinde Frau zu verreisen. Sie will anderen beeinträchtigten Menschen, Mut machen.

Dass sie einmal die Welt als Blinde bereisen wird, hätte sie nicht gedacht, als sie im Alter von 20 Jahren vollständig ihr Augenlicht verlor. Sie verfiel in eine Depression, brach ihr Studium ab. «Ich habe etwa zwei Jahre gebraucht, um mit meiner Situation fertig zu werden.»

Der Grund für ihre Blindheit: Arthritis. Ärzte stellten die Diagnose, als Sassy Watt sieben Jahre alt war. Bei einem Schaukel-Unfall hatte sie sich den Arm gebrochen. Zunächst machte sich niemand allzu grosse Sorgen, bis Wyatt kurz nach der Verletzung begann, unerklärliche Schwellungen am ganzen Körper zu bekommen.

Sassy Wyatt bereist die Welt und erlebt sie durch ihre Blindheit auf besondere Weise.
Foto: Sassy Wyatt
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«Ich bekam starke Entzündungen und Schmerzen»

Die Ärzte untersuchten Wyatt und stellten Arthritis fest, die ihre Organe angriff und Schwellungen und Beschwerden verursachte. Die meiste Zeit ihrer Kindheit verbrachte sie im Rollstuhl. Mit 14 Jahren begann die Arthritis, Wyatts Sehkraft zu beeinträchtigen.

«Ich bekam starke Entzündungen und Schmerzen in den Augen, und meine Augen wurden sehr schmerzhaft und blutunterlaufen», erinnert sich Wyatt. «Meine Sicht wurde immer unschärfer.»

«Wir finden schon eine Lösung»

Ihre Eltern waren vor der Diagnose viel mit ihrer Tochter verreist. Campingausflüge, Pauschalreisen oder mit dem Wohnwagen durch Europa. Auch mit dem Rollstuhl unternahmen ihre Eltern viel. Sie hätte ihr vorgelebt: «Wir finden schon eine Lösung – und wenn wir sie nicht haben, finden wir jemanden, der sie hat.»

Doch als Wyatt dann vollständig blind wurde, fiel sie in ein Loch. Die Schönheit der Welt war für sie auf einmal verschlossen. «Aber ich erkannte auch, dass ich nicht wollte, dass das Leben aufhört. Also begann ich, mich in meiner Umgebung ehrenamtlich zu engagieren und den Menschen in der Gemeinschaft der Sehbehinderten zu helfen.»

Sie wurde wieder selbstsicherer, lernte ihren jetzigen Ehemann kennen. «Und je mehr ich mein Selbstvertrauen aufbaute und wieder auf die Beine kam, desto mehr dachte ich: ‹Ich möchte die Welt sehen. Ich will nicht, dass meine Blindheit mich davon abhält, die Welt zu sehen.›»

«Unfälle können jedem passieren, egal ob man blind ist oder nicht»

Für die Hochzeit eines Freundes verreiste Wyatt nach langer Zeit wieder. Es ging nach Malta. Das Paar versuchte, ohne Erwartungen zu reisen und sich keinen übermässigen Druck zu machen. Ausgerechnet auf ihrer ersten Reise brach sie sich das Bein. Aber die Britin liess sich nicht entmutigen. Heute kann sie über den Unfall lachen. «Unfälle können jedem jederzeit passieren, egal ob man blind ist oder nicht.»

Auf ihrer nächsten Auslandsreise hatte Wyatt zusätzliche Unterstützung in Form ihres Blindenhundes Ida. Das Duo fuhr nach Rotterdam in den Niederlanden, um an einer Reisekonferenz teilzunehmen. Es war das erste Mal, dass Wyatt allein in einem Flugzeug reiste, abgesehen von Ida natürlich.

«Wenn ich reise, geht es darum, den Moment zu geniessen»

Die Hündin hilft ihr bis heute, sich in Hotelzimmern, Ferienhäusern und auf Kreuzfahrtschiffen zurechtzufinden. «Ich habe das Gefühl, dass sie mir mein Gehirn zurückgegeben hat», sagt Wyatt. Ihre Erfahrungen auf Reise als blinde Frau hielt sich auf einem Blog «Blind Girl Adventures» (Die Abenteuer eines blinden Mädchens) fest.

Der Blog wurde ein Erfolg. Wyatt war plötzlich eine gefragte Beraterin und Rednerin. Sie wurde zu Konferenzen und Branchentreffen eingeladen. «Die Leute interessierten sich für meine Lebenserfahrung. Wie ich reise, wie ich Dinge tue und wie andere Reiseziele ihr Marketing oder ihre digitale Inklusion oder ihre Hotels, ihre Kunden – den gesamten Aspekt des Reisens – für behinderte Menschen besser gestalten können», sagt Wyatt. Ihr wichtigster Tipp: «Wenn ich reise, geht es darum, den Moment zu geniessen.»

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