Nach Untergang der Moskwa setzt Putin auf die gefährlichen Unterwasserjäger
Wie Russlands U-Boote in den Krieg eingreifen

Wladimir Putin scheint nach dem Untergang der Moskwa die Strategie im Ukraine-Krieg grundlegend zu ändern. Dabei werden seine U-Boote zu einer immer grösseren Gefahr für die Ukraine.
Publiziert: 25.04.2022 um 17:40 Uhr
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Aktualisiert: 25.04.2022 um 18:47 Uhr

Am 14. April sank das russische Kriegsschiff Moskwa im Schwarzen Meer, nachdem es von der Ukraine mit zwei Neptun-Raketen beschossen wurde. Ein Desaster für Russland, das dessen Kriegsstrategie beeinflusst: Wie die «Financial Times» unter Berufung auf drei Kreml-Insider berichtet, habe der russische Präsident Wladimir Putin (69) nach dem Untergang seine Ziele in der Ukraine drastisch angepasst.

Putin sei wutentbrannt gewesen über den Verlust seines grössten Schiffs, heisst es. Für ihn war ab diesem Punkt klar: Die Friedensverhandlungen mit der Ukraine sind am Ende einer «Sackgasse» angekommen. Prompt änderte er die Kriegsführung – der neue O-Ton: So viel erobern, wie nur geht. Nach dem Untergang der Moskwa sehe Putin nicht mehr aus wie der Sieger des Krieges, die Lage sei «demütigend», so die Zeitung.

Ist das die untergehende «Moskwa»?
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Video von Kriegsschiff:Ist das die untergehende «Moskwa»?
Am 14. April sank das russische Kriegsschiff Moskwa.
Foto: Twitter/UAWeapons
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Russland setzt «gefürchtete Unterwasserjäger» ein

Die russischen Truppen haben ihren Schwerpunkt nach der Niederlage bei Kiew in den Donbass verlegt, seit Tagen herrschen dort heftige Kämpfe.Eine neue Gefahr lauert jetzt im Schwarzen Meer: russische U-Boote.

Das Land gehört, so schreibt «Spiegel», zu den grossen U-Boot-Nationen, hier geniessen die «gefürchteten Unterwasserjäger» einen ganz besonderen Ruf innerhalb der Armee. Sie verfügen über eine herausragende strategische Bedeutung, beispielsweise als Träger von Atomwaffen. Seit geraumer Zeit beobachten Militärexpertinnen und -experten ein Aufrüsten bei Russlands U-Boot-Programm.

Putin pumpt bereits seit Jahren eine grosse Summe in die Aufrüstung und Weiterentwicklung seiner U-Boot-Flotte, wie sich auch im Schwarzen Meer zeigt: Dort sind U-Boote der Kilo-II-Klasse, auch Projekt 636 genannt, im Einsatz. Diese wurden erst vor wenigen Jahren gebaut. Zurzeit sind auch vier von sechs russischen U-Booten der Improved-Kilo-Klasse oder Projekt 877 im Schwarzen Meer im Einsatz.

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«Projekt 877» hat keine Gegner

«Im Grunde haben diese U-Boote keine Gegner», sagt Johannes Peters, Leiter der Abteilung Maritime Strategie & Sicherheit am Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel (D), zum «Spiegel». Auch die ukrainischen Neptun-Raketen, eine recht neue Eigenentwicklung aus Kiew, haben keine Chancen gegen die Bedrohung aus der Tiefe, so Peters. Während die Raketen zwar ziemlich genau Ziele auf dem Meer treffen, wird es unter Wasser schwierig für die ukrainischen Streitkräfte. U-Boote besitzt das Militär nämlich keine.

Seit dem Untergang der Moskwa, den auch Peters mit «sehr grosser Wahrscheinlichkeit» auf den Einsatz von Neptun-Antischiffswaffen zurückführt, können sich die russischen Überwasserschiffe nicht mehr so sicher bewegen wie zuvor. Doch Russland verzagt nicht, denn: Die U-Boote des Projekt 877 seien, so Peters, dazu in der Lage, sich näher an die umkämpften Gebiete in der Ostukraine heranzuwagen – die U-Boote operieren quasi im Verborgenen. Die knapp 74 Meter langen Jagd-U-Boote wurden alle zwischen 2014 und 2016 in der russischen Flotte eingeführt.

U-Boote können Marschflugkörper abfeuern

Eigentlich führt die 52-Mann-Besatzung Aufklärungsmissionen durch, bekämpft mit ihren Torpedos im Unterwasserkrieg feindliche U-Boote sowie Überwasserboote. Dabei kommt den U-Booten zugute, dass sie im Gegensatz zu den Atom-U-Booten mit ihren verhältnismässig lauten Kühlsystemen fast keine Geräusche machen, die sie verraten. In der Ukraine dürfte aber eine andere Eigenschaft der Improved Kilos noch viel wichtiger sein: Sie können auch Marschflugkörper vom Typ Kalibr-PL abfeuern. Um die Lenkwaffen zu starten, müssen die Boote nicht einmal auftauchen, sondern sich lediglich schräg ins Wasser legen.

Militärexperte Peters misst der russischen Marine zwar noch keine tragende Rolle bei, doch: Die U-Boote übernehmen eine wichtige symbolische Funktion im Ukraine-Krieg. Moskau hätte sicher Interesse, gezielte und demonstrative U-Boot-Angriffe auf wichtige militärische oder zivile Ziele in der Ukraine für die eigene Kriegspropaganda auszuschlachten. Dann könnte die Nachricht lauten: «Seht her, wir sind auch nach dem Ende der Moskwa von See schlagkräftig und können den Ausfall unseres Flagschiffs kompensieren.» (chs)

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