Nahost-Experte Erich Gysling über Trumps Friedensplan
«Eine Farce auf Kosten der Palästinenser»

Im BLICK-Interview erklärt Nahost-Journalist Erich Gysling, warum hinter Donald Trumps Israel-Plan bloss Innenpolitik steht.
Publiziert: 28.01.2020 um 22:02 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2020 um 22:16 Uhr
Myrte Müller

BLICK: Donald Trump hat seinen Friedensplan vorgestellt: eine Zwei-Staaten-Lösung. Israel behält zwar die Kontrolle über Jerusalem, aber die Palästinenser sollen einen Teil von Ost-Jerusalem erhalten. Jordantal und Golan-Höhen werden Israel übertragen, und die meisten israelischen Siedlungen im Westjordanland bleiben bestehen. Was sagen Sie dazu?
Erich Gysling:
Für mich bietet Donald Trump lediglich eine einseitige Lösung zugunsten von Israel. Die Palästinenser wurden damit förmlich überfahren. Sie waren in Washington bei der Ausarbeitung auch gar nicht vertreten.

Hat dieser Friedensplan trotzdem eine Chance?
Er hat keine Chance. Null. Es ist eine reine Farce auf Kosten der Palästinenser und ein Affront gegen die arabische Seite.

Wenn das so ist, was steckt dann hinter dieser Strategie?
Donald Trump und Benjamin Netanyahu wollen sich lediglich innenpolitisch gut positionieren. Gegen Trump läuft ein Amtsenthebungsverfahren, und Netanyahu will im März wiedergewählt werden.

Protest gegen Trumps «Deal des Jahrhunderts»: Wütende Palästinenser in Gaza-Stadt.
Foto: Getty
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Also nur eine grosse Show?
So ist es. Der Auftritt soll schlicht von innenpolitischen Problemen ablenken. Trump will einen Deal präsentieren und, wenn dieser nicht funktioniert, dann wird er die Verantwortung dafür bei anderen suchen.

Wenn der Plan derart einseitig ist, wie werden dann die Palästinenser reagieren? Und was wird der Rest der Welt sagen?
Es werden heftige Demonstrationen folgen, vor allem auf der Westbank und in Gaza. Und die EU wird nicht einverstanden sein. Denn dieser Friedensplan übergeht sämtliche internationalen Verträge und Uno-Resolutionen. Interessant wird sein, wie Saudi Arabien reagiert: Einerseits ist Jerusalem für die Saudis die drittwichtigste Stätte des Islams, andrerseits werden sie ihre guten Beziehungen zu den USA nicht gefährden wollen.

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