«New York Times» deckt auf
Schweizer Multi-Milliardär finanziert die Demokraten

Der in Bern geborene Hansjörg Wyss (85) nimmt ziemlich viel Einfluss auf die US-Politik. Eine Recherche deckt weitgehende Verflechtungen auf – finanziell und personell.
Publiziert: 04.05.2021 um 18:36 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2021 um 03:02 Uhr

Für ihren Erfolg bei der US-Wahl dürfen sich die Demokraten auch bei einem Schweizer bedanken. Der Multi-Milliardär Hansjörg Wyss (85) hat zwischen 2016 – dem Jahr, in dem Trump gewählt wurde – und Anfang vergangenen Jahres 208 Millionen US-Dollar an drei gemeinnützige Fonds gespendet, die das Geld an progressive Unterstützer-Gruppen der Demokraten verteilt haben. Das zeigen Recherchen der «New York Times». Der Schweizer sei «stillschweigend» zu einem der wichtigsten Spender linker Interessensgruppen und zu einer «zunehmend einflussreichen Kraft» unter den Demokraten geworden.

Um den Finanzier zu verschleiern, sei das Geld über zwei Organisationen von Wyss geflossen, schreibt die «NYT»: eine Stiftung und einen gemeinnützigen Fonds. «Dark money» wird das auch genannt – «dunkles Geld». Ein umstrittenes Mittel, mit dem Wohlhabende im US-Wahlkampf unerkannt Einfluss auf politische Prozesse nehmen.

Wyss streitet Spenden für politische Kampagnen ab

Über seinen politischen Aktivismus spricht Wyss, der in Bern aufwuchs und 1963 als Student in die USA ging, nicht gern. «Wir engagieren uns für zahlreiche soziale Projekte in den USA, von denen viele gar nicht bekannt sind, weil ich mich nicht offen politisch engagieren will», sagte er der «Bilanz» über die Arbeit seiner Wyss-Foundation im vergangenen Jahr. Ihm ginge es etwa um die Verteidigung des Abtreibungsrechts oder den Kampf um einen höheren Mindestlohn.

Soll den Demokraten beim Kampf ums Weisse Haus und den Kongress kräftig geholfen haben: der Schweizer Hansjörg Wyss.
Foto: Keystone
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Der studierte Bauingenieur und Top-Manager hat mehr als 10 Milliarden Dollar mit dem Verkauf seiner Anteile am Medizintechnik-Unternehmen Synthes gemacht und trat 2013 der von Bill Gates (65) und Warren Buffett (90) gegründeten Initiative «Giving Pledge» bei– als bisher einziger Schweizer. Die Mitglieder verpflichten sich, die Hälfte ihres Vermögens zu spenden. «Das einfachste, was ich je unterschrieben hatte», so der Superreiche in der «Bilanz» über die freiwillige Verpflichtung. Ging auch Geld an politische Kampagnen?

Das streitet ein Vertreter von Wyss auf Anfrage der «NYT» ab. Steuererklärungen, Dokumente und Interviews bewiesen jedoch, wie herausragend Wyss' Rolle bei der Finanzierung der Demokraten ist. «Während der grösste Teil der jüngsten politisch orientierten Spenden (...) über die drei gemeinnützigen Fonds abgewickelt wurde, spendeten die Organisationen von Herrn Wyss seit 2016 auch direkt zig Millionen Dollar an Gruppen, die sich gegen den ehemaligen Präsidenten Donald J. Trump (74) aussprachen und Demokraten und ihre Anliegen förderten», heisst es in dem Artikel.

Wyss-Mitarbeiter arbeiten für Biden

Die Verflechtungen zwischen Wyss und den Demokraten geht aber noch weiter. Zahlreiche Mitarbeiter seiner Organisationen hätten bei der Amtsübergabe mitgewirkt oder in die Biden-Administration gewechselt. Besonders bei Umweltfragen lägen Wyss und der US-Präsident Joe Biden (78) auf einer Wellenlänge.

Bereits letzten Monat hatte der wachsende politische Einfluss von Wyss für Aufmerksamkeit gesorgt: Er stand kurz davor, den Verlag «Tribune Publishing», zu dem zahlreiche traditionsreiche US-Tageszeitungen gehören, zu kaufen.

Im Gegensatz zu einem offenen Bieterverfahren könnten die verdeckten politischen Spenden ein Problem darstellen. Denn: Ausländer ohne ständigen Wohnsitz in den USA dürfen zwar an Gruppen, die mit ihrer Arbeit politischen Einfluss nehmen, spenden, nicht jedoch direkt an politische Kandidaten oder Aktionskomitees von Parteien. Von Wyss, der in Wyoming lebt, ist laut der «NYT» nicht bekannt, ob er die US-Staatsbürgerschaft oder einen ständigen Wohnsitz in den USA besitzt. (kin)

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