Chinas Militärübung soll bis Sonntag dauern
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Taiwan umzingelt:Chinas Militärübung soll bis Sonntag dauern

Schiffe sollen Gebiet verlassen und Flüge ihre Routen ändern
China beginnt Taiwan-Blockade

China führt seine bislang grössten Militärmanöver der Geschichte um Taiwan durch. Die De-facto-Blockade der Insel trifft auch den Schiffs- und Flugverkehr. Schiffe werden zur Evakuierung aufgerufen, Fluglinien sollen Routen ändern. Ab Freitag werde scharf geschossen.
Publiziert: 04.08.2022 um 02:03 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2022 um 10:21 Uhr

Der Blitzbesuch von US-Parlamentsführerin Nancy Pelosi (82) am Mittwoch in Taiwan hat eine militärische Krise im östlichen Asien ausgelöst, die erst nach der Abreise der hohen US-Politikerin so richtig beginnen dürfte. Kaum war Pelosi am späten Dienstag beim Verbündeten gelandet, hatte die chinesische Führung über Staatsmedien massive Militärmanöver rund um Taiwan angekündigt. Diese beginnen heute Donnerstag. China bezeichnet die grossangelegten Militäraktionen als eine «Probe der Operation Wiedervereinigung». Auch werde damit eine mögliche Eroberung Taiwans geübt.

Bis am Sonntag, so hat Peking wissen lassen, werde Taiwan im Rahmen von viertägigen Militärmanövern der chinesischen Luftwaffe und Marine von gleich sechs Seiten eingekesselt. Punkt Mitternacht auf Donnerstag Ortszeit meldet die Hongkonger Zeitung «South China Morning Post»: «China wird eine beispiellose Militärübung starten, die Taiwan bis Sonntagnachmittag effektiv blockiert.»

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Demnach haben auch der Schiffs- und Luftverkehr der Region mit Einschränkungen zu rechnen. «Noch nie dagewesene Schiessübungen rund um die Insel werden Flüge und die Schifffahrt blockieren», berichtet die Zeitung – und fügt an, dass dies laut Analysten womöglich nur der Beginn von weiteren Strafmassnahmen sei.

Chengdu J-7-Kampfjets der chinesischen Marine während einer Übung über einer Küstenregion – jetzt hat China viertägige Militärmanöver rund um Taiwan begonnen.
Foto: Getty Images
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Feuert China Raketen über Taiwan ab?

Scharf werde am Freitag geschossen, zwei Tage nach Pelosis Abreise am Mittwoch, meldete die «Global Times», das englischsprachige Sprachohr Pekings, am frühen Donnerstag. Dies lasse genügend «Zeit für Schiffsevakuierungen und Anpassungen von Flugplänen». Bis am Wochenende werde die Insel «aus allen Richtungen umzingelt».

Demnach umfassen die Manöver auch Schiessübungen auf grosse Entfernungen und Teststarts mit konventionellen Raketen. Es werde erwartet, so die Zeitung, dass China «zum ersten Mal konventionelle Raketen über die Insel Taiwan» abfeuern werde. Bei den Manövern kämen auch Hyperschallraketen der neuesten Generation zum Einsatz.

Auch die «South China Morning Post» nennt die 10 Meilen, umgerechnet 16 Kilometer, auf die sich die chinesischen Einheiten der Insel nähern werden. Damit würden die Chinesen nicht nur in Taiwans Hoheitsgewässer eindringen, die einen 22 Kilometer breiten Gürtel von Küstengewässern umfassen – und die Peking ohnehin nicht anerkennt. Zwei der angekündigten sechs Gebiete, in denen Chinas Militär wahrscheinlich Raketen und Artillerie abschiessen wird, liegen innerhalb von Taiwans Seegrenze, die wenige Kilometer vor der Küste verläuft.

De-facto-Blockade Taiwans

China hat in Vergangenheit regelmässig militärische Übungen in der Nähe von Taiwan durchgeführt, aber nie versucht, die Insel einzukreisen und eine De-facto-Blockade zu errichten. Die «Global Times» titelte im Vorfeld, dass solche «Militärübungen zur Blockade der Insel zur Routine werden».

Nach Angaben des taiwanischen Verteidigungsministeriums haben die chinesischen Streitkräfte bereits am Mittwoch 27 Flugzeuge in die Nähe Taiwans geschickt. 22 davon haben die sogenannte Mittellinie der Strasse von Taiwan überflogen, die das chinesische Festland und die Insel trennt. China hat diese 1955 von den USA gezogene Demarkationslinie nie akzeptiert. Fünf der chinesischen Flieger drangen am Mittwoch in den südlichen Teil von Taiwans Luftraum ein.

Angeschlagenes Regime

Dabei wird es laut Beobachtern wohl bei chinesischen Muskelspielen bleiben und nicht zu einer Invasion kommen. Peking spielt die patriotische Karte; versucht, die Taiwan-Krise in einer Zeit der vielen Probleme zu nutzen, um gegenüber der eigenen Bevölkerung Stärke zu demonstrieren.

Es ist ein schwieriges Jahr für Staatspräsident Xi Jinping (69) und China. Die auch durch Xis Null-Covid-Politik verursachte Wirtschafts- sowie die Immobilienkrise spitzen sich weiter zu. Junge Menschen finden keine Arbeit. Chinas Führung braucht eine Erfolgsmeldung. Eine offene Eskalation indes würde den eigenen Interessen mehr schaden als nützen.

Die Taiwan-Strasse ist eine der wichtigsten Wasserstrassen überhaupt. Dieses Jahr bediente sie laut der Nachrichtenagentur «Bloomberg» 88 Prozent der grössten Containerschiffe der Welt. Ein Grossteil der chinesischen Ausfuhren erreicht den Weltmarkt über die Strasse von Taiwan. Mit einer Behinderung dieser Transportroute schadet China seiner schon schwer angeschlagenen Wirtschaft selbst. (kes)

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