Was die Schweiz von anderen Ländern lernen kann
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Notstand und volle Spitäler:Was die Schweiz von anderen Ländern lernen kann

Notstand in Madrid, volle Spitäler in Holland
Was die Schweiz von anderen Ländern lernen kann

Die aktuell niedrige Zahl der Hospitalisierungen in der Schweiz könnte täuschen. Das zeigt der Blick in die Nachbarländer.
Publiziert: 09.10.2020 um 22:56 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2020 um 17:23 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Von Grossbritannien über Italien bis Spanien zeigt sich das gleiche Bild: Die Zahl der Corona-Patienten im Spital wächst im Verhältnis zu den Neuinfektionen. Besonders Ballungsräume sind betroffen. Und die Schweiz dürfte angesichts der Kurvenentwicklung keine Ausnahme bilden.

Die gute Nachricht: Alle Länder haben aus der ersten Welle gelernt, verfügen über einen besseren Notfallplan für Spitäler und mehr Schutzausrüstung. Die Covid-19-Behandlung hat sich zudem deutlich verbessert: Die Ärzte hängen die Patienten weniger schnell ans Beatmungsgerät, das «Trump-Medikament» Remdesivir und Steroide kommen routinemässig zum Einsatz und schwerkranke Corona-Patienten müssen etwa statt oft mehr als 20 Tagen im Schnitt meist weniger als acht Tage auf der Intensivstation verbringen. Doch auch die nicht invasive Sauerstofftherapie an hoch infektiösen Patienten belastet die Spitäler.

Der ehemalige Leiter der Corona-Taskforce, Matthias Egger (63), warnte vergangene Woche vor dem «Holland-Szenario». In den Niederlanden – einwohnermässig ziemlich genau doppelt so gross wie die Schweiz – füllten Anfang Oktober rund 700 schwerkranke Corona-Patienten, die rund um die Uhr betreut werden müssen, die Spitäler. Zwei Wochen vorher lag die tägliche Anzahl der Neuinfektionen etwa bei rund 1500 pro Tag – so viele wie auch die Schweiz am Freitag meldete.

Die Situation in zahlreichen Ballungsräumen Europas ist angespannt.
Foto: AFP
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Selbst Deutschland sagt wieder Operationen ab

Im krisengebeutelten Spanien dreht die Regierung die Zeit zurück. Am Freitag rief sie den Notstand für Madrid aus, um die Abriegelung der Hauptstadt durchzusetzen. Auch wenn die Fallzahlen und damit auch die Anzahl Hospitalisierungen landesweit aktuell wieder sinken: Der Ende September verhängte Lockdown in einzelnen Vierteln der Hauptstadt war offenbar nicht ausreichend – möglicherweise weil zwischen dem eigentlich abgeriegelten Süden der Stadt und der «freien» Innenstadt viele Menschen zur Arbeit pendelten.

Die Genfer Virologin Isabella Eckerle sieht die Schweiz von der Corona-Situation her aktuell zwischen Frankreich und Deutschland. In Frankreich hat sich die Zahl der Intensivpatienten im vergangenen Monat verdoppelt – 1427 von insgesamt 6000 Betten sind nun belegt.

Und auch Deutschland stellt sich auf mehr Hospitalisierungen ein. In der geschichtsträchtigen Charité in Berlin werden planbare Eingriffe und Behandlungen wieder verschoben. Dabei war die Situation noch vor drei, vier Wochen stabil. Lediglich zehn alte Covid-19-Fälle wurden damals beatmet. Berlin ist mit der Situation nicht allein: Experten rechnen damit, Corona-Patienten in den nächsten Wochen quer über Deutschland zu verlegen, wenn der lokale Druck zu gross wird.

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