Hunderte Menschen legen in Prag Rosen nieder
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Im Gedenken an die 14 Opfer:Hunderte Menschen legen in Prag Rosen nieder

Prager Todesschütze David K. hatte den Amoklauf schon lange geplant
«Ich wollte schon immer töten»

14 Menschen starben beim Blutbad in Prag am Donnerstag. Der Todesschütze David K. hatte zu Hause seinen Vater getötet und dann das Feuer an der Uni eröffnet. Der 24-Jährige wollte offenbar zwei russischen Amokläufern nacheifern.
Publiziert: 22.12.2023 um 10:51 Uhr
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Aktualisiert: 22.12.2023 um 19:25 Uhr
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Anastasia MamonovaBlattmacherin Digital

David K.* (†24) nahm am Donnerstag mindestens 14 Menschen in Prag das Leben. Kaltblütig hatte er sie an der Karls-Universität erschossen, bevor er selbst starb.

Der Massenmord erschüttert Tschechien. Ermittlungen sind im Gange. Blick ordnet ein, was bisher zum Todesschützen, seinem Motiv und den Hintergründen bekannt ist.

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Der Tathergang

Noch bevor David K. an der Prager Uni das Feuer eröffnet, tötet er zu Hause in Hostouň – rund eine halbe Stunde Autofahrt von der Hauptstadt entfernt – seinen Vater. Die alarmierten Polizisten finden am Nachmittag die Leiche.

An der philosophischen Fakultät der Prager Universität hat David K. am Donnerstagnachmittag das Feuer eröffnet. Er zeigte sich mit dem Sturmgewehr auf dem Balkon des Gebäudes.
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Um 14 Uhr hätte der Student der Philosophischen Fakultät einen Vortrag halten sollen. Stattdessen beginnt der Schütze mit dem Töten – aus dem vierten Stock schiesst er mit dem berüchtigten Sturmgewehr AR-15, das amerikanische Amokschützen oft benutzen, auf seine Opfer.

«Ich hielt gerade eine Vorlesung an der Universität, als im Gebäude Schüsse fielen und die Fenster zu zittern begannen», schreibt ein Professor auf Facebook.

Die ausgerückten Einsatzkräfte können kurz nach 15 Uhr – rund 20 Minuten nach dem Eingang der ersten Notrufe – den Tod von K. vermelden. Seine Leiche lag auf dem Trottoir des Bildungsgebäudes beim Jan-Palach-Platz, unweit der berühmten Karlsbrücke. Laut der Polizei nahm er sich das Leben. 

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Die Opfer

Die Bilanz des blutigen Massakers: 14 Tote und 25 Verletzte, davon zehn lebensgefährlich. Sämtliche Polizisten blieben unverletzt.

Einige Studenten hatten es geschafft, sich in den Hörsälen zu verbarrikadieren.

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Andere rannten in Panik um ihr Leben. Ein eindrückliches Foto zeigt mehrere Personen, die unter einem Fenster auf einem Mauervorsprung kauern. 

In einem Video ist später zu erkennen, wie sie es schaffen, auf einen Balkon unterhalb des Sims herunterzuspringen.

Menschen springen aus dem Fenster in Sicherheit
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Um dem Amokläufer zu entkommen:Menschen springen aus dem Fenster in Sicherheit

13 Todesopfer konnten bis Freitagmorgen identifiziert werden, meldet die Polizei. Nähere Details zu ihnen sind derzeit nicht bekannt.

Unter den Verletzten befinden sich drei ausländische Bürger, bestätigte der Innenminister Vit Rakusan. Zwei stammen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, einer kommt aus den Niederlanden.

Zudem verdächtigen die Ermittler K., bereits letzten Freitag zwei weitere Menschen im Prager Vorort Kladensk erschossen zu haben – einen Vater (†32) und dessen Tochter (†2 Monate), die bei einem Wald-Spaziergang auf den jungen Mann trafen. Der Polizei zufolge stand er in keiner Beziehung zu diesen beiden Personen, er habe sie womöglich nach reinem Zufallsprinzip ausgewählt.

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Der Täter

David K. studierte an der Philosophischen Fakultät Geschichte und Europastudien. Der junge Mann galt als guter Student. Im Mai dieses Jahres hatte er eine Auszeichnung vom Polnischen Institut in Prag für seine Arbeit mit dem Titel «Problematik der Konfrontation der galizischen Bauern- und Krakauer Aufstände im Jahr 1846» erhalten, schreibt das tschechische Portal «Expres».

Er war bisher nicht vorbestraft. Bei seinem Amoklauf plante er aber offenbar, deutlich mehr Menschen zu töten. Die Polizei fand bei ihm eine Tasche mit weiteren Waffen, die er zur Uni mitbrachte. Für mehrere dieser Waffen hatte er entsprechende Scheine besessen.

Am Donnerstagabend wurde seine Wohnung in Hostouň durchsucht und sein Computer beschlagnahmt.

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Das Motiv

Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund gebe es keine, sagt der tschechische Innenminister Vit Rakusan. Auch soll K. ein Einzeltäter gewesen sein.

Kurz nach dem Amoklauf stossen mehrere Medien auf einen Telegram-Channel, der auf den Namen des Täters lautet und auf Russisch geführt wurde. Der Kanal wurde am 9. Dezember mit dem Post: «Dies wird mein Tagebuch über meinen Weg zum School Schooting sein» eröffnet. K. hatte seine Tat über eine längere Zeit geplant. 

Es folgen weitere verstörende Posts. In den Beiträgen hegte er einen Groll gegen die Menschheit, glaubte, dass er von allen gehasst werde, und schrieb, dass er schon immer töten wollte. 

Der junge Mann liess sich bei seinem Vorhaben offenbar von der 14-jährigen Schülerin Alina A.*, die am 7. Dezember in einem Gymnasium in Brjansk (Russland) eine Mitschülerin und sich selbst umgebracht hatte, «inspirieren», wie er schreibt. 

Zusätzlich spielte er auf einen weiteren Amoklauf in Russland an. Im Mai 2021 erschoss Ilnas G.* in einer Schule in Kasan neun Menschen.

«Als Ilnas die Schiesserei beging, wurde mir klar, dass es profitabler ist, Massenmorde zu begehen als Serienmorde.»

K. schrieb zudem, dass er zunächst vorhatte, den Account von Anfang an öffentlich zu machen. Dann habe er aber eine Anleitung gefunden, wonach es besser sei, den Kanal erst wenige Stunden vor der Tat öffentlich zu stellen. Letzte Woche spielte er erneut mit dem Suizidgedanken: «Ich trinke Tee und möchte mich erschiessen», schrieb er.

Der letzte Post wurde am Dienstag verfasst. Mittlerweile wurde der Account gelöscht.

Warum er sich ausgerechnet die Uni ausgesucht hatte und ob er seine Opfer kannte, ist unklar. 

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Die Reaktionen

Der tschechische Präsident Petr Pavel (62) hat den Angehörigen der Getöteten sein Beileid ausgesprochen. Er dankte den Bürgern auf X dafür, dass sie den Anweisungen der Sicherheitskräfte gefolgt seien. Wie das Büro des Staatsoberhaupts mitteilte, bricht Pavel seinen derzeitigen Frankreich-Besuch ab und kehrt vorzeitig nach Tschechien zurück.

Der Schweizer Botschafter in Tschechien, Philippe Guex, hat ebenfalls sein Mitgefühl ausgedrückt. «Ich spreche den Familien der Opfer mein aufrichtiges Beileid aus und spreche der tschechischen Regierung und der gesamten tschechischen Bevölkerung mein tiefstes Mitgefühl aus», schrieb er auf X. 

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich tief bestürzt. «Unsere Gedanken sind bei den Familien und Freunden der Opfer, unser Mitgefühl gilt unseren tschechischen Freundinnen und Freunden», schrieb der SPD-Politiker auf X. 

Das Weisse Haus rund um US-Präsident Joe Biden bot dem osteuropäischen Land ebenfalls seine volle Unterstützung an. «Die USA sind schockiert über die sinnlose Gewalttat.»

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Am Freitagmorgen gelten in Tschechien landesweit Vorsichtsmassnahmen. Es gebe zwar keine Informationen zu einer konkreten Bedrohung, jedoch wolle man präventiv «ein Signal setzen», dass die Polizei «hier und bereit» sei.

*Namen bekannt 

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