Protest wegen Nahost-Konflikt
100'000 Wähler entziehen Biden in Michigan die Stimme

Als Protest gegen die militärische Israel-Unterstützung der USA haben rund 100'000 Menschen aus dem Bundesstaat Michigan bei den Vorwahlen ihre Stimme enthalten. In der letzten Wahl konnte Biden den Staat nur knapp für sich gewinnen.
Publiziert: 28.02.2024 um 21:14 Uhr
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Aktualisiert: 01.03.2024 um 18:40 Uhr

US-Präsident Joe Biden hat bei der Vorwahl seiner Demokratischen Partei in Michigan einen Denkzettel verpasst bekommen. Zwar gewann Biden laut dem am Mittwoch veröffentlichten vorläufigen Ergebnis die Abstimmung klar mit rund 81 Prozent der Stimmen – jedoch enthielten ihm mehr als 100'000 Teilnehmer ihre Stimme vor.

Aus Protest gegen die Nahostpolitik des Präsidenten kreuzten sie «uncommitted» («neutral») an, was einem leeren Stimmzettel gleichkommt.

Die Kampagne «Listen to Michigan» («Hört auf Michigan») hatte dazu aufgerufen, dem Präsidenten bei der Vorwahl am Dienstag die Stimme zu verweigern. Das Ergebnis sei eine «laute und klare Botschaft» an Biden für einen «dauerhaften Waffenstillstand» im Gazakrieg, sagte Layla Elabed, eine der Leiterinnen der Kampagne, bei einer Pressekonferenz.

Rund 100'000 Wähler aus Michigan haben dem Demokraten Joe Biden ihre Stimme vorenthalten.
Foto: keystone-sda.ch
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Das Zehnfache an erhofften Beteiligten

In dem Bundesstaat im Mittleren Westen gibt es einen hohen Anteil muslimischer Wähler mit Wurzeln im Nahen Osten und Nordafrika. Abdullah Hammud, Bürgermeister des vorrangig arabisch und muslimisch geprägten Detroiter Vororts Dearborn, sagte, er hoffe, dass Biden «die Demokratie statt der Tyrannei» wählen werde und sich für das amerikanische Volk und nicht für den israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu entscheide.

«Listen to Michigan» hatte sich das Ziel gesetzt, 10'000 Stimmen für «neutral» zu gewinnen. Dass dieses Ziel so deutlich übertroffen wurde, ist für Biden ein Warnsignal. Michigan gehört zu den sogenannten Swing States ohne eindeutige politische Präferenz – die Ergebnisse in diesen Bundesstaaten sind letztlich für den Ausgang der Präsidentschaftswahl Ausschlag gebend.

Der US-Präsident dankte in einer Erklärung den Wählern in Michigan. Er hob seinen Einsatz für die Mittelschicht in dem Bundesstaat hervor, räumte aber ein, dass es noch «viel zu tun» gebe. «Listen to Michigan» erwähnte der Präsident mit keinem Wort.

310'000 Muslime in Michigan

Seit dem 7. Oktober führt die israelische Armee massive Angriffe im Gazastreifen aus, bei denen laut Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza inzwischen fast 30'000 Menschen getötet wurden, die meisten von ihnen Zivilisten. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig prüfen, werden von der Uno allerdings als glaubwürdig eingeschätzt. 

Die Biden-Regierung sagt zwar, sie würde sich für eine Waffenruhe einsetzen, liefert aber dennoch Waffen an Israel. Die Kampagne «Listen to Michigan» war einer der Höhepunkte der seit Monaten in den USA andauernden Proteste gegen die israelische Kriegsführung und den Umgang der Biden-Regierung mit dem Konflikt.

Michigan ist der Bundesstaat mit dem landesweit grössten Anteil von muslimischen Wählern. Laut dem US-Zensusbüro leben dort 310'000 Menschen, die nach eigenen Angaben ihre Wurzeln im Nahen Osten und Nordafrika haben.

Biden gewann Staat nur knapp

2020 hatte Michigan wesentlich zum Sieg Bidens gegen Trump beigetragen. Bidens dortiger Vorsprung vor dem damaligen Präsidenten betrug jedoch nur rund 150'000 Stimmen.

Auf der Seite der Republikaner sagten am Dienstagabend (Ortszeit) die US-Sender nur wenige Sekunden nach Schliessung der Wahllokale in Michigan den Sieg von Donald Trump voraus. Wegen des komplexen Vorwahlsystems seiner Partei in dem Bundesstaat muss der Ex-Präsident allerdings noch bis zum Wochenende auf eine Bestätigung warten. Bei der Präsidentschaftswahl am 5. November läuft demzufolge alles auf ein erneutes Duell zwischen Biden und Trump hinaus. (AFP/mrs)

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