Putin und Kim treffen sich für Waffen-Deal
So gefährlich ist die neue Diktatoren-Allianz

Der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un wird Mitte September nach Wladiwostok reisen, um mit Kremlchef Wladimir Putin einen Waffendeal zwischen den beiden Ländern zu konkretisieren. Was passiert, wenn die beiden gemeinsame Sache machen?
Publiziert: 05.09.2023 um 20:28 Uhr
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Aktualisiert: 05.09.2023 um 20:47 Uhr
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Russland hat zu wenig Artillerie, zu wenig Geschütze, zu wenig Soldaten. Alles Dinge, die Kremlchef Wladimir Putin (70) dringend für seinen Krieg in der Ukraine braucht. So dringend, dass er sogar den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un (39) um Unterstützung bittet, wie die US-Zeitung «New York Times» unter Berufung auf US-Beamte publik macht.

Bereits vor einer Woche wurde bekannt, dass sich die zwei Länder aktiv austauschen. Nun wollen sich die beiden Despoten Mitte September im russischen Wladiwostok treffen, um einen Waffendeal auszuhecken. Die wichtigsten Antworten zum bevorstehenden Schurken-Gipfel.

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Wie soll Nordkorea Russland unterstützen?

Russland braucht vor allem Artillerie und Munition. Und Nordkorea kann hier aushelfen, wie Nordkorea-Experte Hanns-Günther Hilpert von der Stiftung Wissenschaft und Politik gegenüber Blick erklärt. «Nordkorea kann Artilleriemunition verschiedener Art liefern, für Kanonen und für Raketenwerfer.»

Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un (l.) und Kremlchef Wladimir Putin wollen sich Mitte September im Osten Russlands treffen.
Foto: keystone-sda.ch
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Laut Rüdiger Frank, Nordkorea-Experte an der Uni Wien, gibt es viele Zeichen, die darauf hinweisen, dass Nordkorea Waffen verkaufen möchte. «Die vielen Waffentests Nordkoreas seit 2022, einschliesslich der Vorführung von Drohnen, haben sehr nach einer Verkaufsshow ausgesehen.»

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Wie mächtig ist das nordkoreanische Militär?

Das nordkoreanische Militär ist das viertgrösste der Welt und hat fast 1,3 Millionen aktive Soldaten, was etwa 5 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Mehr als 600'000 weitere dienen als Reservesoldaten. Laut Hilpert ist Nordkorea bei den konventionellen Streitkräften trotzdem ein Stümper-Staat: «Die Soldaten sind unterernährt und schlecht ausgebildet.»

Die wahre Stärke Nordkoreas liegt allerdings bei den Massenvernichtungswaffen. «Wir unterschätzen Nordkorea im Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen und überschätzen Nordkorea, was die konventionellen Fähigkeiten angeht», betont Hilpert. Hier ist Nordkorea klar eine Rüstungsmacht. Auch Russlands anderer militärischer Verbündeter, der Iran, kann nicht mithalten.

Kim etablierte das nordkoreanische Atomprogramm als wichtigstes Erbe seines Grossvaters und Vaters. Laut dem Zentrum für Rüstungskontrolle und Non-Proliferation besitzt Nordkorea 30 Nuklearwaffen und viele weitere ballistische Raketen.

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Was könnte Nordkorea überhaupt liefern?

Ob Nordkorea all dieses Material überhaupt liefern kann, ist fraglich, so die beiden Experten. Denn eigentlich, so Hilpert, braucht Nordkorea all seine Waffen selbst. «Als Abschreckung gegenüber den USA und Südkorea.» Auch Frank meint: «Nordkorea ist ständig zum Krieg bereit und wird seine eigenen Lager nicht räumen.»

Er erklärt: «Hinzu kommt das Transportproblem, immerhin ist Nordkorea 9000 Kilometer von der Front in der Ukraine entfernt.» Die einzige Möglichkeit: «Die Lieferung kleinerer Mengen an regulärer Munition per Eisenbahn oder von speziellen Waffen wie Drohnen. Einen Beitrag wird Nordkorea auf jeden Fall leisten können, auch wenn dieser nicht entscheidend sein kann.»

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Welche Gegenleistung soll Russland erbringen?

Es darf weder Kriegsmaterial an Nordkorea geliefert werden, noch darf man Kriegsmaterial aus Nordkorea importieren. Dementsprechend lang ist die Wunschliste des Landes an Russland: Öl, Dünger, Lebensmittel – und Technologien für Massenvernichtungswaffen. All das könnte Kim von Putin fordern. Und der Kremlchef wird wohl spuren.

Der Haken laut Hilpert: «Alles, was gerade zwischen den beiden Ländern passiert, ist ein Bruch mit jeglichen Sicherheitsresolutionen.» Nordkorea ist nach Russland, Iran und Syrien das meist sanktionierte Land der Welt. «Sich mit einem Staat zu verbünden, der Menschenrechte mit Füssen tritt, ist ein weiterer Abstieg Russlands.»

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Was bedeutet die vertiefte Zusammenarbeit für Russland und Nordkorea?

«Mit Russland als Partner wäre Nordkorea sicher, könnte sich wirtschaftlich und militärisch weiterentwickeln, und könnte Druck aus den USA gelassener entgegensehen», so Frank. Hilpert fügt an: «Dieses Treffen in Wladiwostok ist natürlich eine Demütigung Russlands. Nun sind sie auf gleicher Stufe mit Nordkorea.»

Und: Dass der grosse Goliath Russland beim kleinen David Nordkorea um Unterstützung bitten muss, kann nur als weitere Demütigung Putins gesehen werden.

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