Boris Johnson wird Aussenminister, aber:
Erhält der Brexit-Turbo EU-Verbot?

Theresa May ist die neue Premierministerin Grossbritanniens. Sie ernannte Boris Johnson als Aussenminister - und nimmt ihn so in die Pflicht.
Publiziert: 13.07.2016 um 18:44 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 21:04 Uhr

Der frühere Londoner Bürgermeister Johnson galt zunächst als Favorit im Rennen um den Premierposten, verzichtete dann aber auf eine Kandidatur.

Nun wird der Brexit-Befürworter  neuer britischer Aussenminister. Das teilte das Büro von Premierministerin Theresa May am Mittwochabend mit. Johnsons Einsatz galt als entscheidend für den Erfolg der Brexit-Kampagne.

Verschwand nach dem Brexit-Ja von der Bildfläche: Nun ist Boris Johnson wieder da und muss seinen Abstimmungserfolg ausbaden.
Foto: Keystone

Allerdings dürfte Johnson vermutlich bei den Verhandlungen über das künftige Verhältnis Grossbritanniens mit der Europäischen Union nur eine geringe Rolle spielen. Es wird damit gerechnet, dass May einen neuen Ministerposten für diese Aufgabe schafft.

Zunächst wird der Abgeordnete David Davis wird als Staatssekretär für den geplanten Brexit zuständig sein. An diesem wird May übrigens festhalten. Die Briten stimmten am 23. Juni mit 51,9 Prozent für den Austritt aus der EU.

Den bisherigen Aussenminister Philip Hammond ernannte May zum neuen Schatzkanzler. Finanzminister George Osborne trat zurück, wie Downing Street weiter mitteilte.

Hammond dürfte bei den anstehenden Austrittsverhandlungen mit der EU nun eine wichtige Rolle spielen. Liam Fox wird Minister für internationale Handelsbeziehungen - ebenfalls ein wichtiges Amt mit Blick auf den geplanten Brexit. Zudem rückt die Abgeordnete Amber Rudd an Spitze des Innenministeriums. Das Ministerium war zuvor von May geführt worden. Michael Fallon bleibt Verteidigungsminister.

May will Ungerechtigkeit bekämpfen

In einer ersten Rede betonte die 59-Jährige vor dem Regierungssitz in der Downing Street, dass sie gegen die «brennende Ungerechtigkeit» kämpfen wolle. Grossbritannien müsse eine Union aller Bürger sein, betonte May in ihrer Rede. Sie werde keine Entscheidungen treffen, die von den Interessen einiger weniger Privilegierter getrieben seien. «Gemeinsam werden wir ein besseres Britannien bauen«, sagte sie.

Die Ernennung der britischen Premierministerin Theresa May fand traditionell in einer «Kissing Hands» genannten Zeremonie bei der Queen statt.
Foto: Pool

May ist die erste Frau an der Regierungsspitze seit dem Rücktritt von Margaret Thatcher 1990. Sie würdigte ihren Vorgänger David Cameron, der nach dem Votum der Briten für einen Austritt aus der EU zurückgetreten war. Cameron hatte seine Frau und drei Kinder mit in den Buckingham-Palast gebracht. May wurde von ihrem Mann begleitet.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will rasch mit May über die Folgen des Brexit-Votums sprechen. In seinem Glückwunschschreiben an die Regierungschefin schrieb er: «Das Ergebnis des Referendums im Vereinigten Königreich hat eine neue Lage geschaffen, die das Vereinigte Königreich und die Europäische Union bald angehen müssen.»

Auch Putin gratulierte May

Auch der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte May. Putin habe in einem Telegramm seine Bereitschaft zu einem konstruktiven Dialog mit der Premierministerin betont, teilte der Kreml mit.

Cameron sagte, Grossbritannien solle der EU auch künftig «so nahe bleiben, wie wir nur können«. Wenige Stunden vor seinem offiziellen Abgang verabschiedete er sich mit launigen Worten vom Parlament. «Ich war einmal die Zukunft», sagte er nach sechsjähriger Amtszeit unter grossem Beifall der Abgeordneten. «Ich werde die Rufe der Menge vermissen, ich werde die Buhs der Opposition vermissen."

Cameron, der für den Verbleib in der EU gekämpft hatte, gibt sein Amt wegen der schweren Niederlage beim Brexit-Referendum vom 23. Juni auf. 52 Prozent der Wähler hatten für den Austritt aus der EU gestimmt. Cameron hatte das Referendum selbst initiiert. May setzte sich im Wahlkampf ebenfalls für den Verbleib in der EU ein, aber nur sehr verhalten. Nun will sie die zerstrittene Tory-Partei einigen.

Wirtschaft fürchtet den Brexit

Wichtigste Aufgabe Mays wird es in den nächsten Monaten sein, den geplanten Austritt aus der Europäischen Union zu regeln. Ein genaues Datum für den Beginn der formellen Austrittsverhandlungen gab May bisher nicht an - Brüssel mahnt aber rasches Handeln an.

Zudem kommt es für die neue Premierministerin darauf an, negative wirtschaftliche Folgen des Brexit-Votums zu mildern. Bereits am Donnerstag dürfte die Bank of England die Leitzinsen senken, um so die lahmende Konjunktur anzukurbeln.

Während die Konservativen ihre Brexit-Krise schneller als erwartet beilegten, geht der Aufruhr bei der Opposition weiter. Die Labour-Partei steuert auf eine Urwahl der Parteibasis um den Vorsitzendenposten zu.

Der unter Druck stehende Vorsitzende Jeremy Corbyn dürfte dabei vor allem der Abgeordneten Angela Eagle gegenüberstehen. Kritiker werfen Corbyn vor, die Partei sei unter seiner Führung bei jüngsten Wahlen und beim EU-Referendum gescheitert. (SDA)

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