Was lief da wirklich über Giulianis Gesicht?
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Giulianis seltsame Wandlung:Vom 9/11-Held zum irren Trump-Anwalt

Rudy Giulianis seltsame Wandlung
Vom 9/11-Held zum irren Trump-Anwalt

Er räumte einst New York nach 9/11 auf, jetzt räumt er dem Präsidenten hinterher: Rudy Giulianis tiefer Fall hat schon vor über einem Jahr begonnen. Die Gaga-Pressekonferenz vom Donnerstag ist ein neuer Tiefpunkt.
Publiziert: 20.11.2020 um 08:36 Uhr
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Aktualisiert: 25.01.2021 um 15:28 Uhr
Nicola Imfeld und Fabienne Kinzelmann

Rudy Giuliani (76) ist für wilde TV-Auftritte bekannt. Doch seit er 2018 Donald Trumps (74) persönlicher Rechtsanwalt wurde, sind seine Interviews und Ansprachen noch wilder geworden. Und vor allem: wirrer.

Das Unheil hat mit der Ukraine-Affäre und dem darauffolgenden Impeachment des Präsidenten seinen Lauf genommen. Giuliani, der in diese ganze Saga selbst verstrickt war und in der Ukraine kompromittierendes Material gegen Joe Biden (78) und dessen Familie auftreiben wollte, trat im Herbst 2019 in einer Show nach der anderen auf. «Halten Sie den Mund, Sie Volltrottel! Halten Sie den Mund, Sie wissen nicht, was Sie sagen! Sie Idiot!», brüllte Giuliani im Herbst vergangenen Jahres einen liberalen Radio-Journalisten an, der ihm während einer Fox-News-Sendung Rechtsbruch vorgeworfen hatte.

Ein Jahr später, kurz vor den Präsidentschaftswahlen, machte Giuliani erneut von sich reden. Er schickte E-Mails von Joe und Hunter Biden an die konservative Zeitung «New York Post». Diese sollten beweisen, dass der Demokrat und seine Liebsten in schmutzige Geschäfte verwickelt waren. 50 ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter aber waren sich sicher, dass Giuliani einer Kampagne Russlands aufgesessen war. Fakt ist: Die Ukraine-Vorwürfe gegen Biden wurden bereits mehrfach als falsch entlarvt.

Rudy Giuliani ist seit 2018 der persönliche Rechtsanwalt von US-Präsident Donald Trump.
Foto: AP
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Giulianis Borat-Trauma

Oder die Borat-Affäre, die ebenfalls im Oktober ans Tageslicht kam. Giuliani war vor laufender Kamera in die Sexfalle getappt und dem britischen Komiker Sacha Baron Cohen (49) auf den Leim gegangen. Nach einem schmeichelhaften Interview für eine gefälschte konservative Nachrichtensendung zog er sich mit der minderjährigen Journalistin, die von der Schauspielerin Maria Bakalova (24) gespielt wurde, in ein Hotelzimmer zurück. Dort öffnete Giuliani schon den Hosenladen, bevor Borat hereinplatzte und schrie: «Sie ist 15. Sie ist zu jung für dich.»

Am Donnerstag hat sich der 76-Jährige aber nun selbst übertroffen. In einer gross anberaumten Pressekonferenz wollte Giuliani mit weiteren Trump-Anwälten endlich stichhaltige Beweise liefern, dass bei der US-Wahl am 3. November betrogen wurde. Doch anstatt Belege hagelte es bloss weitere unbegründete Anschuldigungen und Vorwürfe. Giuliani redete sich derart in Rage, dass er heftig zu schwitzen begann. So stark, dass nicht nur Schweiss von seinem Kopf rann – sondern auch seine dunkelbraune Haartönung.

Lichtgestalt wird Dunkelmann

Giuliani ist nicht irgendwer: Als Staatsanwalt in New York machte er sich als unerbittlicher Mafia-Jäger einen Namen. Dann sorgte er als Bürgermeister dafür, dass die verlotterte Metropole sicher wie sauber wurde – und erwarb sich nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Weltruhm als einfühlsamer und respektierter Krisenmanager. «Morgen wird New York noch da sein – und wir bauen es wieder auf», sagte er. «Wir werden stärker sein als zuvor.»

Es hagelte Lob und Auszeichnungen. Das «Time-Magazine» erhob ihn zum Mann des Jahres, TV-Star Oprah Winfrey (66) feierte Giuliani als «Amerikas Bürgermeister».

Seine Mission: «Die Welt zerrütten»

Giuliani räumte in New York auf, jetzt räumt er ausgerechnet Trump hinterher. Auf Fox News ist er ein Dauergast und spinnt dort wöchentlich Verschwörungstheorien gegen Vater und Sohn Biden oder andere namhafte Demokraten. Seine Bedenkenlosigkeit steht der des Präsidenten in nichts nach.

Von Fox News wurde Giuliani einst gefragt, was seine Mission sei. Er antwortete: «Die Welt zerrütten.» Offenbar hat die einstige Lichtgestalt von 9/11 nun bei sich selbst damit begonnen.

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