Russland-Experte erklärt Putins Plan
Darum schickt Putin seinen Aussenminister auf Afrika-Tour

Putin hat seinen Aussenminister Lawrow auf Afrikareise geschickt. Und so klappert er ein Land nach dem anderen ab. Aber warum? Was steckt dahinter? Russland-Experte Ulrich Schmid erklärt die ungewöhnliche Tour.
Publiziert: 28.07.2022 um 00:25 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2022 um 07:59 Uhr
Guido Felder

Der russische Präsident Wladimir Putin (69) streckt seine Fühler Richtung Afrika aus. Sein Aussenminister Sergei Lawrow (72) ist am Sonntag abgereist, um Ägypten, Äthiopien, Uganda und die Republik Kongo zu besuchen – nicht ohne im Vorfeld Stimmung zu machen.

Vor seiner Abreise schrieb Lawrow in Zeitungen dieser vier Länder: «Wir wissen, dass die afrikanischen Kollegen die unverhohlenen Versuche der USA und ihrer europäischen Satelliten, der internationalen Gemeinschaft eine unipolare Weltordnung aufzuzwingen, nicht gutheissen.»

Um Stimmung gegen den Westen zu machen, nutzen die Russen besonders ein Thema gerne: den Kolonialismus. Europäische Länder waren in der Vergangenheit in afrikanische Länder eingefallen und zwangen den Menschen ihre Lebensweise und Religion auf. Russland sei «nicht mit den blutigen Verbrechen des Kolonialismus befleckt», schrieb Lawrow, und «drängt anderen nichts auf und lehrt sie nicht, wie sie zu leben haben».

Der russische Präsident Wladimir Putin umgarnt die afrikanischen Staaten.
Foto: keystone-sda.ch
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Russen wollen Hunger und die sozialen Unruhen Afrikas nutzen

Zudem hat Putin vergangene Woche in einer Ansprache über die «goldene Milliarde» gelästert – die Bevölkerung der reichen G7-Staaten, die auf Kosten Afrikas und Asiens in Wohlstand leben würden.

Was hat Putin mit Afrika vor? «Das isolierte Russland versucht, eine neue geopolitische Koalition zu schmieden», sagt Ulrich Schmid (56), Russland-Experte an der Uni St. Gallen. Putin empfehle sich den afrikanischen Staaten als stabiler Partner, der – anders als die USA mit ihren Mahnungen zu Menschenrechten und Demokratie – ohne moralische Ansprüche auf sie zugehe.

Lawrow wird den Hunger und die sozialen Unruhen Afrikas zum Vorteil Russlands nutzen. Denn wegen des Krieges sind die Preise für lebenswichtige Güter wie Getreide explodiert. Es droht eine Hungersnot. Lawrow hat versprochen, die blockierten Weizen in der Ukraine freizugeben.

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Kein afrikanisches Land hat sich den Sanktionen angeschlossen

Dass die Kreml-Botschaft in Afrika ankommt, dafür sorgen die russischen Propagandamedien. Im Gegensatz zum Westen, wo sie teilweise gesperrt worden sind, dürfen sie in Afrika weiterhin ungehindert Desinformationen verbreiten. An mehreren Orten haben die staatlichen russischen Sender Russia Today (RT) und Sputnik ihr Angebot sogar ausgebaut und senden auch auf Französisch, um eine möglichst breite Bevölkerung zu erreichen.

Die Sympathie oder auch die Angst und Abhängigkeit afrikanischer Staaten gegenüber Moskau ist gross – nicht zuletzt auch wegen der privaten Wagner-Truppe, die in verschiedenen Staaten als militärischer Stabilisator der aktuellen Regimes auftritt. Kein afrikanisches Land hat sich den amerikanischen und europäischen Sanktionen angeschlossen, als es darum ging, Russland für den Einmarsch in die Ukraine zu bestrafen.

Ulrich Schmid geht davon aus, dass sich afrikanische Staaten wirtschafts- und geopolitisch auf Russland zu bewegen werden. Der Experte zu Blick: «Das könnte heissen, dass Russland bei den afrikanischen Ländern eine grössere Abstimmungsdisziplin in der UN-Vollversammlung einfordert oder eine Begünstigung bei der Lieferung von Rohstoffen wie seltene Erden verlangt.»

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