Schnaps statt Impfung
Das Ausland lacht über unsere Corona-Skeptiker

Die Impfgegner in Alpthal, Walliser Skeptiker-Wirte und Freiheitstrychler tauchen immer mehr in den ausländischen Medien auf. Dort fragt man sich, warum die Demonstranten überhaupt auf die Strasse gehen, wo die Massnahmen doch so mild seien.
Publiziert: 17.11.2021 um 09:05 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2021 um 16:42 Uhr
Die Corona-Skeptiker, darunter auch die Freiheitstrychler, sind mittlerweile auch im Ausland bekannt.
Foto: keystone-sda.ch
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Im Ausland ist die Schweiz für den Käse, die Berge und neu auch für die Corona-Skeptiker bekannt. Die Massnahmenkritiker und Impfgegner sorgten in den vergangenen Monaten nicht nur hierzulande für Aufsehen. Auch in Deutschland oder Grossbritannien stehen sie in den Schlagzeilen.

Das neuste Ereignis, das im Ausland für Kopfschütteln sorgt, ist der Fall Alpthal SZ. Der Gemeinderat hatte vor Beginn der Impfwoche beschlossen, dass der Impfbus im Dorf nicht halten darf. Alpthal sei dadurch zum «Synonym für radikale Impfgegner» geworden, schreibt der «Spiegel». «Eine kleine Gemeinde, die, je nach Perspektive, das letzte gallische Dorf der Aufrechten im Land darstellt – oder aber: der Ort ist, an dem Desinformation und Wissenschaftsfeindlichkeit die Mehrheitsmeinung sind.»

Symbolisch dafür steht auch ein Mann, der im Bericht zu Wort kommt. Er sei ein «Naturmensch», zitiert ihn der «Spiegel». Statt sich zu impfen, trinke er lieber jeden Morgen einen Schnaps. So bleibe er gesund, heisst es weiter. Besonders kurios wird es, als rauskommt, dass der Mann gegenüber der Reporterin einen falschen Namen angegeben habe. In Wirklichkeit habe es sich um einen der sieben Gemeinderäte, die den Impfbus nicht im Dorf haben wollten, gehandelt.

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ZDF-Reporter beschimpft

Das ist nicht das erste Mal, dass über die hiesiegen Corona-Skeptiker berichtet wird. Bereits im September porträtierte das ZDF-Fernsehteam den Kopf der Skeptiker-Bewegung «Massvoll», Nicolas Rimoldi. Der Besuch der Corona-Demo, an der Rimoldi mitmarschierte, endete für die Journalisten unschön. Nach einem Interview mit dem «Massvoll»-Aushängeschild wurden die Reporter beschimpft, bedrängt und behindert. Sogar eine Kamera sei während des Drehs von einem Demonstranten beschädigt worden.

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Im TV-Beitrag wurde dann deutlich, dass die Reporter nicht wirklich nachvollziehen können, weshalb in Uster ZH und anderen Schweizer Städten überhaupt solche Protest-Aktionen stattfinden. «Warum protestieren so viele Menschen in einem Land, das mit so wenig Massnahmen durch die Krise geht?», fragt denn auch die Erzählerin des Videos.

«Laut trotz milder Massnahmen»

Diese Frage stellen auch andere Medien im Ausland. Neben Rimoldi stehen auch die Freiheitstrychler, die besonders mit ihrem Äusseren auffallen, im Fokus. Die Kuhglocken-Schwinger würden nun «zum Leidwesen vieler Bewohner» in städtischen Fussgängerzonen auftauchen, schreibt der «Spiegel».

Auch die Skeptiker-Wirte der Walliserkanne sind bereits über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Nach den Ereignissen in Zermatt schrieb der «Spiegel»: «Die Impfgegner in der Schweiz sind so laut und omnipräsent wie sonst nirgends in Europa.» Und das bei vergleichsweise milden Corona-Massnahmen! «Dabei dürfen die Schweizer – ganz demokratisch – am 28. November bereits zum zweiten Mal über die Corona-Schutzmassnahmen ihres Landes abstimmen», betont das Magazin.

Die Skeptiker würden sich wegen des Covid-Zertifikats über eine Diskriminierung von Ungeimpften beklagen, dabei aber selber «mit einem ausgesprochen aggressiven und lautstarken Abstimmungskampf» zur Spaltung beitragen. Auch die Skeptiker-Polizisten von «Wir für Euch» tragen wohl kaum zum positiven Image im Ausland bei. Der «Spiegel» spricht von einer «obskuren Vereinigung». Dass in all diesen Kreisen auch Verschwörungstheorien, Desinformationen und radikale Botschaften einen Platz haben, bleibt nicht im Verborgenen.

Genau wie in den anderen deutschsprachigen Ländern würden viele Schweizer Impfungen und Schulmedizin generell skeptisch gegenüberstehen, schreibt der «Spiegel». Diese Länder würden darum das Schlusslicht in Westeuropa bilden. Bei uns würde noch hinzukommen, dass viele Menschen «geprägt durch die direkte Demokratie und den ausgeprägten Föderalismus» einen «Abwehrreflex gegen Vorschriften aus Bern» hätten.

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«Viele unterschätzen, wie tödlich das Virus sein kann»

Die britische Zeitung «The Guardian» glaubt, dass Skepsis und tiefe Impfquote in der Schweiz und in anderen deutschsprachigen Ländern mitunter auch mit einem vergleichsweise glimpflichen Verlauf zusammenhängen. Im Gegensatz zu Italien oder Spanien beispielsweise. Dies führte möglicherweise dazu, «dass viele unterschätzen, wie tödlich das Virus sein kann», resümiert «The Guardian».

Auch die Tageszeitung «Financial Times» berichtet über die Protestierenden, die gegen das Impfdorf am Zürcher HB demonstrierten. Obwohl die Schweiz eines der reichsten Länder der Welt sei, habe sie eine «überraschend niedrige Impfrate» in Westeuropa, schreibt die Zeitung.

Derweil sind hier knapp 65 Prozent der Einwohner vollständig geimpft. In der vergangenen Impfwoche wurden nach Angaben der Behörden 35'000 Erstimpfungen verabreicht. Das sind zwar mehr als in den beiden Wochen zuvor, aber immer noch massiv weniger als in der ersten Oktoberwoche, als über 52'000 Erstimpfungen verabreicht worden sind. (man)

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