Schwerer Vorwurf aus Ukraine
Rotes Kreuz soll Putin bei Zwangsdeportationen helfen

Erneut erhebt die Ukraine schwere Vorwürfe gegen das Rote Kreuz. Die Hilfsorganisation soll angeblich mit Russland kollaborieren. Es geht um Zwangsdeportationen.
Publiziert: 21.04.2022 um 09:27 Uhr
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Aktualisiert: 21.04.2022 um 10:15 Uhr

Die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denisowa (61), hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) der Kollaboration mit Russland bei Zwangsdeportationen aus der Ukraine beschuldigt. «Das Internationale Rote Kreuz erfüllt sein Mandat nicht, dessen bin ich mir sicher», sagte Denisowa am Mittwoch im ukrainischen Fernsehen nach einem Treffen mit dem Leiter der ukrainischen Niederlassung des IKRK. Das IKRK wies die Anschuldigungen Kiews zurück.

Grundlage für Denisowas Anschuldigungen ist die Ankündigung des IKRK, eine Zweigstelle in der südrussischen Region Rostow zu eröffnen. Dort will das Rote Kreuz ukrainischen Flüchtlingen helfen, die nach Angaben Kiews gewaltsam nach Russland transportiert wurden.

Unter Berufung auf Daten der Uno sagte Denisowa, dass etwa 550'000 Ukrainer, darunter 121'000 Kinder, im Laufe des Krieges nach Russland verschleppt worden seien. Ihre Regierung habe aber keine Informationen über die Identität oder den Aufenthaltsort ihrer Bürger in Russland. Auf die Frage der Fernsehmoderatorin, ob Denisowa den Verdacht hege, dass das Rote Kreuz mit Russland «zusammenarbeitet», antwortete Denisowa: «Ja, ich vermute, dass sie das tun.»

Dieser Handschlag sorgte bereits Anfang April für Wirbel. IKRK-Chef Peter Maurer (65, l.) und Russlands Aussenminister Sergei Lawrow (72) in Moskau.
Foto: keystone-sda.ch
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Teamleiter Ukraine-Operation:«Wir rechnen mit einer neuen Flüchtlingswelle»

«Unser einziges Ziel ist es, das Leid der Menschen zu lindern»

Das IKRK widersprach: «Das IKRK hilft niemals bei der Organisation oder Durchführung von Zwangsevakuierungen. Wir würden keine Operation unterstützen, die gegen den Willen der Menschen und das Völkerrecht verstösst.»

Die Organisation betonte: «Der Aufbau und die Aufrechterhaltung eines Dialogs mit den Konfliktparteien ist unerlässlich, um Zugang zu allen betroffenen Menschen zu erhalten und die notwendigen Sicherheitsgarantien für unsere Teams zu erhalten, damit sie lebensrettende Hilfe leisten können.»

Das Rote Kreuz bestätigte, dass es die Möglichkeit eines Büros in Südrussland weiter prüft. «Unser einziges Ziel ist es, das Leid der Menschen zu lindern, die von dem bewaffneten Konflikt betroffen sind. Und das Leid ist im Moment einfach immens.»

Treffen zwischen IKRK-Chef und russischem Aussenminister

Bereits Anfang April geriet das IKRK ins Visier der Ukraine. Auslöser dafür war ein Treffen zwischen dem IKRK-Chef Peter Maurer (65) und Russlands Aussenminister Sergei Lawrow (72) in Moskau. Obwohl es dabei eigentlich nur darum ging, wie die Organisation ihre Hilfsgüter zu den Menschen ins Kriegsgebiet bringen kann, sorgte das Treffen in der Ukraine für mächtig Wirbel.

Und das nicht allein, weil die beiden Männer sich lachend die Hände schüttelten – auch der Plan, in der südrussischen Stadt Rostow am Don ein Büro zu eröffnen, stiess schon damals in der Ukraine sauer auf. Das IKRK verteidigte sich und warnte davor, dass die Verbreitung von Falschinformationen ihre Arbeit in der Ukraine gefährde. (AFP/jmh)

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