Sein grösster Fehlentscheid
Bidens Treue zu Kamala Harris ist ein Geschenk für Trump

Die alte soll die neue sein: Vizepräsidentin Kamala Harris spielt eine zentrale Rolle in Bidens Wiederwahl-Kampagne. Doch sie wird für ihn zur gefährlichen Last– aus zwei Gründen. Eine Analyse.
Publiziert: 30.04.2023 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 30.04.2023 um 08:55 Uhr
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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Augenreiben in Amerika: Joe Biden wills wirklich nochmal wissen. Vier weitere Jahre möchte der heute 80-jährige Demokrat im Weissen Haus bleiben und – so sagt er es im Auftaktvideo seines Wiederwahlkampfs – «den Job vollenden». Ganze 70 Prozent der Wählerschaft finden das gar nicht lustig, wie eine aktuelle Umfrage des Senders NBC zeigt. Fragt man nur die Demokratinnen und Demokraten, finden immer noch 51 Prozent, dass ein US-Präsident weit über 80 nicht die ideale Besetzung für den mutmasslich härtesten Job der Welt ist.

Doch was hätte Biden auch tun sollen? Seine Partei hat es nicht geschafft, in den zweieinhalb Jahren seit seinem Amtsantritt auch nur eine valable Alternative zu präsentieren. Lieber sonnen sich die Demokraten in ihrem Zwischenwahl-Erfolg vom November (sie haben nur eine und nicht wie vermutet beide Parlamentskammern an die Republikaner verloren), als die alte Garde in den Polit-Ruhestand zu schicken und nach neuen Leaderfiguren zu suchen.

Bidens grösster Fehlentscheid

Dass Biden sein Versprechen brechen muss, er sei nur eine «Brücke» für ebendiese neue Generation von Leaderinnen und Leadern, liegt aber auch an seinem eigenen grössten Fehlgriff als Präsident: der Wahl von Kamala Harris (58) zu seiner Stellvertreterin.

Die politische Umarmung hält an: Joe Biden setzt auch im nächsten Wahlkampf auf Kamala Harris als Vizepräsidentin.
Foto: keystone-sda.ch
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Die allererste Frau im hohen Amt galt noch vor zwei Jahren als die wichtigste Anwärterin auf den Top-Job im Oval Office. Und hätte sie ihr Amt zur Zufriedenheit des allseits kritischen Publikums ausgeführt, dann wäre Biden jetzt wohl – trotz der neuerlichen Kandidatur seines Erzfeinds Donald Trump (76) – zur Seite getreten und hätte ihr den roten Teppich auf den politischen Olymp ausgerollt.

Harris aber hat enttäuscht: die Amerikaner (Zustimmungswerte von gerade mal 40 Prozent: noch schlechter als jene für Joe Biden), ihre Mitarbeitenden (d. h. eine der höchsten Abwanderungsraten der US-Geschichte) und ihren Chef.

Donald Trump reibt sich die Hände

Doch Biden kann gar nicht anders, als erneut auf die einstige Senatorin aus Kalifornien zu setzen. Sie zu schassen, würde ihm das Unverständnis der schwarzen und weiblichen Wählerschaft einbrocken. Deshalb bleibt ihm nichts anderes übrig, als Harris einen prominenten Platz in seinem ersten Wahlkampfvideo einzuräumen und ihr Image von Heerscharen von PR-Profis aufpolieren zu lassen.

Auf der republikanischen Seite aber sind die Meinungen gemacht: Die «linksradikale» Harris wäre als neuerliche Vize des Polit-Seniors Biden einen einzigen Herz- oder Hirnschlag von den Hebeln der Macht entfernt. Brandgefährlich! Donald Trump reibt sich statt der Augen schon mal die Hände.

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