Sie machte bloss Frühstück
Israelin wegen Kochvideo verhaftet und beschimpft

Sie wollte nur ihre Kochkünste zelebrieren – doch dafür wurde Bayan Khateeb verhaftet. Zudem verlor sie ihre Jobs und wurde von der Uni ausgeschlossen. Die junge Frau ist kein Einzelfall – seit den Terrorattacken der Hamas werden arabische Israelis schikaniert.
Publiziert: 17.11.2023 um 16:13 Uhr

Als einzige Muslimin ihres Jahrgangs studierte sie Data Science an einer der besten Hochschulen des Nahen Ostens. Doch am Technion, der Technischen Universität Israels in Haifa, war Bayan Khateeb nie allein. Sie hatte viele Freunde, auch jüdische Israelis, wie der «Spiegel» berichtet. Als Palästinenserin wollte die 23-Jährige ein Vorbild sein in der männerdominierten Welt der künstlichen Intelligenz.

Doch ein Video wurde Katheeb zum Verhängnis: Da sie als schlechte Köchin galt, feierte sie eine gelungene Shakshuka, eine Spezialität der levantinischen Küche, ausgiebig. «Bald können wir eine Sieges-Shakshuka essen», schrieb sie über ihren Erfolg. Daneben stellte sie die palästinensische Flagge. Das Video postete sie auf Instagram in einer privaten Gruppe von sechs Freundinnen.

Sieg in der Küche, nicht im Krieg

«Es ging nicht um den Krieg, es ging nicht um die Hamas», erklärt sie dem «Spiegel» einen Monat nach dem Massaker vom 7. Oktober. Für sie war es ein Sieg in der Küche. «Ich habe es euch bewiesen, ich habe gewonnen, ich kann kochen», verrät sie die Bedeutung des Videos. Eine Freundin sah das anders.

Bayan Khateeb ist die einzige muslimische Frau, die in diesem Jahr an der Technischen Universität von Israel Data Science studiert. (Symbolbild)
Foto: Getty Images
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Kurzerhand schickte diese Khateebs Video weiter. Rasant verbreitete es sich in den sozialen Medien – und die Palästinenserin wurde als Terroristin beschimpft, die keinen Platz in der israelischen Gesellschaft habe. Sie sahen in dem Video die Zelebrierung der Hamas-Angriffe. 

Das sahen nicht nur Fremde so: Kommilitonen teilten ihr mit, dass sie nicht mehr auf demselben Campus wie sie studieren wollten. Dies, obwohl die arabische Israelitin keinerlei böse Absichten hegte, wie auch die «Washington Post» berichtete. 

«Die Bilder der Toten vom 7. Oktober sind furchtbar schmerzvoll für alle, auch für mich», sagt Khateeb. «Kein klar denkender Mensch kann so ein Blutvergiessen gut finden.» Doch ihre Ausführungen nützen ihr nichts.

Verhaftungen, Verhöre, Entlassungen

Zwei Wochen nach dem Video wurde die 23-Jährige von der Polizei verhaftet. 24 Stunden lang wurde sie im Gefängnis gedemütigt und verhört, erzählt sie dem «Spiegel». Als sie am 26. Oktober nach Hause durfte, erfuhr sie, dass die Universität sie vorübergehend vom Studium ausgeschlossen hatte. Zudem verlor sie zwei Jobs: den als Mathematiklehrerin und den als Barista. Jetzt habe sie ständig Angst, «dass sie zurückkommen und mich verhaften».

Mit dieser Angst ist Khateeb nicht allein. Viele arabische Israelis fühlen sich durch die Welle von Verhaftungen, Verhören, Entlassungen und Suspendierungen innerhalb der arabischen Gemeinschaft in Israel zunehmend bedroht. Laut der israelischen Zeitung «Haaretz» herrscht ein starkes Misstrauen. Auf Facebook etwa suchen Leute nach belastenden Aussagen von Arbeitskollegen – oft Jahre zurück. Dann melden sie es der Polizei.

Meinungsfreiheit stark unterdrückt

«Ein unschuldiger Tweet kann einen Araber ins Gefängnis bringen», bestätigt der israelische Publizist Gideon Levy. Ärzte werden ohne Erklärung entlassen, Influencer verhaftet, Geschäftsleuten die Konten gekündigt. Manche Behörden verbannen Palästinenser sogar aus bestimmten Tätigkeitsberiechen, so der «Spiegel».

Michael Sfard, einer der führenden Menschenrechtsanwälte Israels, spricht gegenüber der Zeitung über die Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Israel seit dem Angriff der Hamas. «Dies sind die schlimmsten Tage für die Meinungsfreiheit und den politischen Diskurs, die ich je in Israel erlebt habe. Bei weitem.» (gs)

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