«Die Leute gehen trotz Raketen normal arbeiten»
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Schweizer berichten aus Israel:«Die Leute gehen trotz Raketen normal arbeiten»

Sirenen, Militär, Explosionen – Schweizer berichten aus Israel
«Die Menschen gehen trotz Raketen normal arbeiten»

Die Eskalation zwischen den Hamas und Israel trifft auch viele Schweizer hart. Gegenüber Blick erzählen sie, wie sich ihr Alltag momentan verändert.
Publiziert: 16.05.2021 um 19:48 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2021 um 20:06 Uhr
Karin Frautschi und Sven Ziegler

Heulende Sirenen, dumpfe Knalle der Raketenabwehr, schwer bewaffnetes Militär auf den Strassen: Szenen wie aus einem Kriegsfilm sind in der israelischen Metropole Tel Aviv derzeit Realität.

Seit Dienstag kommt es immer wieder zu schweren Raketenangriffen. Der Konflikt zwischen Israel und den Hamas ist eskaliert. Erst in der Nacht auf Sonntag kam es erneut zu Angriffen. Mittendrin sind auch Schweizer.

Bunker in der Wohnung

Tabea Oppliger (43) erlebt den Konflikt hautnah mit. Seit August 2014 lebt sie mit ihrer Familie in Tel Aviv, betreibt dort eine Sozialfirma. Eine solche Situation wie jetzt habe sie trotz der häufig angespannten Lage noch nie erlebt.

Die Raketenagriffe auf Israel nehmen weiter zu.
Foto: AFP
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«Mein Mann hat mich zwar vorgewarnt, dass uns ein paar schwere Tage bevorstehen. Dass es aber so extrem werden würde, hätte ich niemals gedacht», sagt Oppliger zu Blick.

In ihrem Neubau habe jede Wohnung standardmässig einen Bunker-Raum integriert. Dank verstärkten Wänden und speziellen Fensterscheiben sei man in diesem sicher vor Trümmerteilen der Raketen, erzählt Oppliger. «Wir haben uns mittlerweile in diesem Raum einquartiert und schlafen dort, um wenigstens ein bisschen Ruhe zu bekommen.»

«Das Raketenabwehr-System funktioniert fantastisch»

Besonders beeindruckt habe sie, wie die Bevölkerung in Israel auf die anhaltenden Angriffe reagierte. «Die Leute gehen normal zur Arbeit, lassen sich von den Alarmen kaum mehr beeindrucken. Alle sind auf die Angriffe vorbereitet, niemand bleibt zu Hause. Einzig die Schulen bleiben geschlossen und kaum jemand hält sich lange im Freien auf.»

Übers Wochenende sei es in Tel Aviv mehrheitlich ruhig geblieben. Erst in der Nacht auf Sonntag, der in Israel als Arbeitstag gilt, habe es wieder Raketenangriffe gegeben. «Im Süden des Landes sieht es anders aus. Die Städte dort erleben quasi eine Nonstop-Bombardierung».

Rückkehr trotz Angriffen unvorstellbar

Das Raketenabwehrsystem «Eisenkuppel» funktioniere aber «fantastisch», sagt Oppliger. «Unser grösstes Problem sind nicht die Raketen, sondern die Ungewissheit, dass wir nie wissen, wo die Trümmerteile herunterfallen.» In ihrer Nachbarschaft sei eine Frau an der Bushaltestelle von einem Raketenteil getroffen und getötet worden, so Oppliger.

Ori Strassberg wohnt seit rund 23 Jahren in Israel. Er erlebt bereits die vierte Attacke auf Tel Aviv. «Wenn man sich an die Anweisungen der Behörden hält, kann nicht viel passieren», sagt Strassberg. Er habe daher mittlerweile auch keine Angst mehr. «Ein grosser Respekt ist aber immer noch da.»

Eine Rückkehr in die Schweiz kann er sich sowohl beruflich als auch privat dennoch nicht vorstellen. «Israel ist meine Heimat. Hier lebe ich, hier arbeite ich – und hier bleibe ich.» Und auch Tabea Oppliger sagt: «Niemand hier will Krieg. Aber der Terror muss aufhören.»

Weshalb Ori Strassberg nur 30 Sekunden Zeit hat, um bei einem Alarm in den Bunker zu flüchten und er sich dennoch privilegiert fühlt, sehen Sie im Video.

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