Terror-Organisation Atomwaffen Division
US-Neonazis nutzen Schweizer Mail-Programm

Die Neonazi-Organisation Atomwaffen Division kommuniziert mit einem Schweizer Mailprogramm. Sie profitiert dabei von den Gesetzen über die Privatsphäre.
Publiziert: 30.11.2019 um 18:27 Uhr
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Aktualisiert: 30.11.2019 um 19:33 Uhr
Mitglieder der Neonazigruppe Atomwaffen Division nutzten Schweizer Verschlüsselungstechnik.
Foto: Twitter
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Cyrill Pinto und Simon Huwiler

Sicherheitsbehörden weltweit fürchten sich vor sogenannten einsamen Wölfen. Das sind Terroristen, die alleine handeln. Die US-Neonazi-Gruppe Atomwaffen Division zählt auf solche Einzeltäter – «führerloser Widerstand» heisst dies in ihrer verquasten Nazisprache. Mit Anleitungen im Internet und Trainings in sogenannten Hate-Camps bilden sie Sympathisanten aus, die dann auf eigene Faust losschlagen sollen.

Die Atomwaffen Division wurde 2015 in den USA gegründet, dort zählt sie rund 100 Mitglieder. Drei von ihnen töteten seither insgesamt fünf Menschen. Seit 2018 gibt es einen Ableger der Atomwaffen Division in Europa. Diese Gruppe steht im Verdacht, mehrere deutsche Politiker mit dem Tod bedroht zu haben.

Anfang November wurde die Neonazi-Website «Iron March» gehackt. IP-Adressen und Nachrichten von Mitgliedern und Sympathisanten der Atomwaffen Division sind darum jetzt öffentlich. Darunter sind auch Nutzer aus der Schweiz. Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) schreibt auf Anfrage: «Möglich sind vereinzelte Berührungspunkte zwischen Anhängern der Atomwaffen Division in Deutschland und der gewalt­tätig-rechtsextremen Szene.»

Produktempfehlung eines Neonazi

Die publizierten Daten von «Iron March» zeigen auch: Neonazis bedienen sich Schweizer Infrastruktur, um verschlüsselt miteinander zu kommunizieren. So nutzen sie den Mail-Server der Firma Proton Technologies, eines am Genfer Cern gegründeten Start-ups. Auf «Iron March» werben Nutzer für den Schweizer Anbieter. «Die Mail-Plattform profitiert von Schweizer Gesetzen über die Privatsphäre und bietet End- zu-End-Verschlüsselung», schwärmt ein Neonazi und schliesst seine Produktempfehlung mit «Sieg Heil!».

Ein Sprecher von Protonmail sagt: «Unser Auftrag ist der Zugang zu Privatsphäre, Sicherheit und Informationsfreiheit für jedermann.» Das beinhalte nicht den Schutz von Personen, welche Protonmail für kriminelle Zwecke nutzten. Man arbeite mit den Schweizer Strafver­folgungsbehörden zusammen. Sobald man Kenntnis von ille­galen Aktivitäten erhalte, blo­ckiere man Accounts oder sperre Nutzer.

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