«Titanic»-Herausgeber Bernd Fritz über Satire nach dem Attentat auf «Charlie Hebdo»
«Ich würde die Finger vom Islam lassen!»

Im Interview sagt «Titanic»-Herausgeber Bernd Fritz, was er von der neusten Ausgabe von «Charlie Hebdo» hält, ob er sich als Fachmann sieht und wie er heute zur Satire steht.
Publiziert: 14.01.2015 um 18:51 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:03 Uhr
«Charlie Hebdo» lebt weiter. Gestern erschien die neue Ausgabe in einer Auflage von drei Millionen Exemplaren.
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Interview: Guido Felder und Silvana Guanziroli

BLICK: Bernd Fritz, was halten Sie von der neusten Ausgabe von «Charlie Hebdo»?
Bernd Fritz: Das Blatt ist wie eh und je: Es werden keine Themen und keine noch so provozierenden Bosheiten ausgelassen. Alle kommen dran. Die Redaktion ist kein Jota vom bisherigen Kurs abgewichen. Trotz Verlust der Stammredaktion scheint da ein grosses Reservoir an Satirikern vorhanden zu sein.

Wie gefällt Ihnen die Seite eins mit dem weinenden Mohammed?
Das Titelbild ist moderat, um die Leute nicht abzuschrecken. Das kann ich verstehen. Der Spruch «Alles ist vergeben» ist natürlich höhere Ironie.

Immer wieder fällt Kritik, dass die «Charlie»-Zeichner ihr Handwerk nicht richtig beherrschten. Wie sehen Sie das als Fachmann?
Sie pflegen nun mal die grafische Kümmerform. Das französische Publikum schätzt derbe Scherze und einfach gezeichnete Karikaturen. Wichtig bei Satire ist, dass auch in der bösesten Zeichnung wenigstens ein Funke Intelligenz steckt.

Es war zu erwarten, dass sich Muslime über das neue Heft entrüsten.
Was hätten die überlebenden Redaktoren denn machen sollen? Eine Koranschule überfallen und allen den Kopf abschneiden? Ein freches Heft zu machen ist bestimmt um einiges zivilisierter.

Finden Sie es richtig, dass «Charlie Hebdo» nach dem brutalen Anschlag weiter provoziert?
Jeder muss selber entscheiden, ob er als Märtyrer sterben will oder nicht. Ich persönlich würde den Islam aussparen. Obwohl das Thema natürlich reizt.

Weshalb? Aus Angst um Ihr Leben?
Man hat ja nur eines, und das will ich unter anderem mit meinen Enkeln geniessen. «Das Leben ist nicht hinterschreitbar», hat schon Nietzsche gesagt. Zudem muss man, wenn man nicht umgebracht wird, damit rechnen, das ganze Leben lang verfolgt zu werden.

Aber andere Religionen wie das Christentum würden Sie weiterhin auf den Arm nehmen?
Der Unterschied zwischen dem Katholizismus beispielsweise und dem Islam ist der, dass es keine katholischen Terrorbanden gibt. Christen können vergeben und stehen über der Sache. Einmal nur ging Papst Benedikt gegen uns vor Gericht. Er zog die Klage jedoch zurück.

Als ehemaliger Chefredaktor von Titanic lebten Sie von der Satire. Wie stehen Sie heute zu dieser bösen Art von Humor?
Ich will nicht mehr alles aus satirischer Sicht sehen müssen. Ich freue mich über das Schöne im Leben, über Landschaften, Wein und vieles andere. Man ändert sich eben im Leben.

«Titanic»-Satiriker Bernd Fritz

Bernd Fritz (69) ist Journalist, Satiriker und Schriftsteller. Der Deutsche war von 1987 bis 1990 Chefredaktor des Satire­magazins «Titanic», dessen Mitherausgeber er heute ist. Bekannt wurde Fritz, als er 1988 in der Sendung «Wetten dass..?» unter Pseudonym angab, Buntstifte am Geschmack erkennen zu können. Noch in der Sendung gab sich Fritz als «Titanic»-Redaktor zu erkennen, erklärte, er hätte unter der Brille hindurchgeschielt.

Bernd Fritz (69) ist Journalist, Satiriker und Schriftsteller. Der Deutsche war von 1987 bis 1990 Chefredaktor des Satire­magazins «Titanic», dessen Mitherausgeber er heute ist. Bekannt wurde Fritz, als er 1988 in der Sendung «Wetten dass..?» unter Pseudonym angab, Buntstifte am Geschmack erkennen zu können. Noch in der Sendung gab sich Fritz als «Titanic»-Redaktor zu erkennen, erklärte, er hätte unter der Brille hindurchgeschielt.

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