Hohe Ehre für den Schweizer Künstler Simon Berger (44) aus Niederönz BE: Er durfte von der ersten US-Vizepräsidentin Kamala Harris (56) ein Glasporträt anfertigen, das zurzeit beim Lincoln Memorial in Washington ausgestellt ist. Das Gesicht von Harris auf der zwei Meter grossen quadratischen Scheibe besteht aus unzähligen kleinen Glasbrüchen. Es soll die Vizepräsidentin beim Durchbrechen einer Glasdecke symbolisieren.
Das Werk wurde von Personen in Auftrag gegeben, die von der Wahl der ersten farbigen Frau in dieses hohe Amt begeistert sind. Holly Hotchner, Präsidentin und CEO des National Women's History Museum, sagte bei der Enthüllung am Donnerstag: «Das wird einfach ein wunderbares Zeichen für diesen Moment sein, und hoffentlich werden die Leute ein bisschen über diese Schranken nachdenken, die mit ihrer Wahl gebrochen worden sind.»
Lindsay Kaplan, Mitbegründerin von Chief, einer Netzwerkorganisation für weibliche Führungskräfte, und ebenfalls Sponsorin, ergänzte: «Was es für mich so bewegend macht, ist, diese kleinen Risse zu sehen, diese Spalten und alles, was sie darstellen.»
Made in Niederönz
Die Idee für dieses Porträt stammt von der Kreativagentur BBH in New York. Bei der Suche nach einem Künstler, der die Idee in ein Kunstwerk umsetzen könnte, landete sie beim Schweizer Simon Berger, der sich auf Glaskunst spezialisiert hat. 2016 hatte er sein erstes Porträt auf Glas geschaffen.
Berger ist stolz über die Anfrage. Zu BLICK sagt er: «Ich kam zu diesem wunderbaren Auftrag wie die Jungfrau zum Kind. Sie haben mich über die sozialen Medien entdeckt.» Er habe die Anfrage, wie alle andern auch, zuerst einfach seinem Agenten weitergeleitet. Der habe dann gefunden, dass dieser Auftrag interessant sei und er ihn unbedingt annehmen sollte.
Auftragswerke seien sonst nicht sein Ding. Er steige nur darauf ein, wenn er als Künstler mitsprechen könne. Berger: «Ich kann mich mit diesem Auftrag auch identifizieren, weil ich den Wechsel in den USA begrüsse. Zudem finde ich Kamala Harris eine wunderschöne Frau.»
In einem Tag fertig
Anhand eines Fotos, das die New Yorker Fotografin Celeste Sloman gemacht hatte, hämmerte Berger mit viel Gefühl auf die 159 Kilo schwere Verbundglasplatte, um die vielen kleinen Risse zu erzeugen, die Harris’ Abbild formen.
Ausgeführt hat der gelernte Schreiner das Projekt kurz nach den US-Wahlen vom 3. November 2020. Er brauchte dafür nur einen Tag. Nach einigen Korrekturwünschen aus den USA – es war den Auftraggebern zuerst etwas zu abstrakt – war das Werk zum sorgfältigen Verschiffen bereit.
Preis für alle gleich
Für das Kunstwerk haben ihm die Amerikaner rund 8000 Franken bezahlt. Das ist sein Standardpreis. «Ich mache keinen Unterschied, ob der Fritz von nebenan oder Kamala Harris oder wer auch immer mein Kunde ist», sagt Berger.
Das Porträt wird bis Samstag beim Lincoln Memorial ausgestellt. Danach wird es nach New York ins Chefbüro von BBH gebracht und möglicherweise später auch an anderen Orten gezeigt. «Wir wollen, dass es wirklich wie ein Ausstellungsstück ist, das die Leute sehen und mit dem sie interagieren und mit dem sie Kamala feiern können, wie sie es verdient hat», sagt Liz Loudy von BBH New York.
Kamala Harris hat Kenntnis von ihrem Porträt «made in Switzerland». Bisher hat sie es aber noch nicht gesehen. Über eine Rückmeldung von ihr, das sagt Simon Berger ganz offen, würde er sich natürlich ausserordentlich freuen.