Tote Schwarze, tote Polizisten
Was läuft schief in Amerika?

Einer hat ein defektes Rücklicht, der andere verkauft CDs. Am Schluss sind zwei Schwarze wegen Lappalien tot. Auf Polizeigewalt folgt die Wut der schwarzen Bevölkerung - nicht nur in Dallas. Die USA kriegt ihr Rassismus-Problem nicht in den Griff.
Publiziert: 08.07.2016 um 22:59 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 01:46 Uhr
Sie hat heute viele Kollegen verloren: Eine Polizistin in Dallas hält einen Moment inne.
Foto: Reuters
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USA hat ein Rassismus-Problem. Seit Monaten werden alle paar Wochen neue Fälle bekannt, bei denen Polizisten schwarze Menschen brutal durch Schüsse erschossen haben. Diese Woche erst starben die beiden Afro-Amerikaner Philando Castile (32) und Alton Sterling (37).

Castile starb am Mittwoch durch die Schüsse eines Polizisten, nachdem er und seine Freundin wegen eines defekten Rücklichts angehalten wurden. Sterling wurde einen Tag zuvor getötet, weil sich ein Mann bedroht fühlte.

«Black Lives Matter» - Schwarze Leben zählen: Demo gegen Polizeigewalt heute in New York.
Foto: Imago

Die jüngsten Tötungen sind keine Einzelfälle. Im August 2014 wurde in Ferguson der Afroamerikaner Michael Brown (18) von einem Polizisten getötet. Im April 2015 stirbt Freddie Gray (25), weil ihn die Polizei gefesselt hat. Es kommt zu schwere Unruhen und Plünderungen, die Angst vor «Rassenunruhen», wie sie die USA vor Jahrzehnten kannten, verbreitete sich.

Der rote Faden hinter allen Tötungen: Immer wieder gaben die Polizisten an, aus Angst oder aus dem Gefühl der Bedrohung gehandelt zu haben. Den getöteten Schwarzen wurden in den meisten Fällen Kleinigkeiten vorgeworfen. Etwa ein kaputtes Rücklicht. Oder der unbewilligte Verkauf von CDs.

Seit Monaten Rassenunruhen

In Dallas wollten Schwarze gegen den Rassismus demonstrieren. Die Unruhen sind mittlerweile Realität, seit Monaten ist die Stimmung unter der schwarzen Bevölkerung landesweit angeheizt. «Stoppt den Krieg auf das schwarze Amerika» hiess es etwa aus Washington. Ein Afro-Amerikaner stand vor der Hauptwache der Polizei mit einem Schild in der Hand: «Bin ich der Nächste?»

Lavish Reynold streamte den Tod ihres Freundes Philando Castile via Periscope-App
Foto: Twitter
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Die Demonstration war zunächst friedlich verlaufen. Minuten später herrschte Ausnahmezustand in Dallas. Heckenschützen schossen offenbar gezielt auf Polizisten. Die Rede ist auch von einer Bombe. Bisher starben fünf Leute. 

«Wir erleben so etwas viel zu oft»

Mittlerweile verdichten sich die Hinweise, dass es ein militanter Racheakt von schwarzen Einzeltätern war. Ein getöteter Attentäter sagte der Polizei, er habe einen «Hass auf Weissen» und er wolle sie töten. Insbesondere «weisse Polizisten».

Im Rahmen von früheren Anti-Rassismus-Protesten wurden in verschiedenen Städten bereits Steine und Pistolenkugeln auf Polizisten geschossen. Die jüngsten Ereignisse in Dallas sind damit aber nicht zu vergleichen. Die Schüsse auf die Polizisten passierten dafür zu präzise.

US-Präsident Barack Obama sagte in einer ersten Erklärung, dass die Todesfälle – damit meinte er sowohl die Polizisten, als auch die Schwarzen – von allen Amerikanern gleichermassen angegangen werden müssen. «Wir erleben so etwas viel zu oft», so Obama kurz vor dem Nato-Gipfel. 

Die jüngste Gewalt wird sich derweil auch im Präsidentschafts-Wahlkampf auswirken. Hillary Clinton stellte die Frage, was «im gesellschaftlichen Miteinander der USA» schieflaufe. Ihr Konkurrent, Donald Trump, der vor gut drei Wochen in Dallas einen Wahlkampf-Auftritt hatte, spricht auf Twitter sein Beileid aus. Und kündigt an, dass er seine Rede in Miami FL aufgrund der Ereignisse verschieben werde.

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Die «New York Post» titelte in ihrer aktuellsten Ausgabe in grossen Buchstaben «Bürgerkrieg». Wer dieses Land wieder zusammenbringen wird, wird sich in einigen Monaten zeigen. (pma)

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Tödliche Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA

Juli 2016: In Falcon Heights (Minnesota) stirbt ein 32-Jähriger im Krankenhaus, nachdem ein Polizist bei einer Fahrzeugkontrolle mehrfach auf ihn geschossen hatte. Nur einen Tag zuvor hatten zwei Beamte in Baton Rouge (Louisiana) einen 37-Jährigen auf einem Parkplatz zu Boden gezwungen und ihn aus nächster Nähe erschossen.  

Mai 2016: Am Steuer eines gestohlenen Autos wird eine junge Afroamerikanerin in San Francisco von einer Polizeikugel tödlich getroffen. Auf Druck des Bürgermeisters nimmt der Polizeichef seinen Hut.

Dezember 2015: In Chicago erschiessen Polizisten eine fünffache Mutter und einen Studenten. Beide sind schwarz. Der 19-Jährige hatte seinen Vater mit einem Baseballschläger gedroht, die Nachbarin wird nach Polizeiangaben aus Versehen getroffen.

Juli 2015: Ein Polizist erschiesst in Cincinnati (Ohio) bei einer Verkehrskontrolle einen unbewaffneten Schwarzen. Sein Wagen hatte vorne kein Nummernschild.

April 2015: Ein Afroamerikaner stirbt in Baltimore (Maryland) an den Folgen einer Rückenverletzung. Er war in Polizeigewahrsam misshandeltworden. Es kommt zu schweren Krawallen.

April 2015: In North Charleston (South Carolina) erschiesst ein Polizist einen flüchtenden, unbewaffneten Schwarzen von hinten. Derauf einem Video festgehaltene Fall sorgt international für Aufsehen.

März 2015: Tödliche Schüsse auf einen unbewaffneten jungen Schwarzenlösen in Madison (Wisconsin) Proteste aus. Angeblich schoss der Polizist in Notwehr.

Dezember 2014: Ein vierfacher schwarzer Familienvater wird in Phoenix (Arizona) nach einer Polizeikontrolle erschossen, weil er seine Handnicht aus der Hosentasche nehmen wollte. Darin waren Tabletten und keine Waffe. Es kommt zu einer landesweiten Protestwelle.

August 2014: Der unbewaffnete schwarze Teenager Michael Brown wird in Ferguson bei St. Louis (Missouri) von einem Polizisten erschossen. Der Vorfall löst schwere Unruhen aus. Später tritt der Polizeichef von Ferguson zurück - nach einem Bericht des Justizministeriums über weit verbreiteten Rassismus bei der Polizei. Mittlerweile ist dort ein Schwarzer Polizeichef.

Juli 2016: In Falcon Heights (Minnesota) stirbt ein 32-Jähriger im Krankenhaus, nachdem ein Polizist bei einer Fahrzeugkontrolle mehrfach auf ihn geschossen hatte. Nur einen Tag zuvor hatten zwei Beamte in Baton Rouge (Louisiana) einen 37-Jährigen auf einem Parkplatz zu Boden gezwungen und ihn aus nächster Nähe erschossen.  

Mai 2016: Am Steuer eines gestohlenen Autos wird eine junge Afroamerikanerin in San Francisco von einer Polizeikugel tödlich getroffen. Auf Druck des Bürgermeisters nimmt der Polizeichef seinen Hut.

Dezember 2015: In Chicago erschiessen Polizisten eine fünffache Mutter und einen Studenten. Beide sind schwarz. Der 19-Jährige hatte seinen Vater mit einem Baseballschläger gedroht, die Nachbarin wird nach Polizeiangaben aus Versehen getroffen.

Juli 2015: Ein Polizist erschiesst in Cincinnati (Ohio) bei einer Verkehrskontrolle einen unbewaffneten Schwarzen. Sein Wagen hatte vorne kein Nummernschild.

April 2015: Ein Afroamerikaner stirbt in Baltimore (Maryland) an den Folgen einer Rückenverletzung. Er war in Polizeigewahrsam misshandeltworden. Es kommt zu schweren Krawallen.

April 2015: In North Charleston (South Carolina) erschiesst ein Polizist einen flüchtenden, unbewaffneten Schwarzen von hinten. Derauf einem Video festgehaltene Fall sorgt international für Aufsehen.

März 2015: Tödliche Schüsse auf einen unbewaffneten jungen Schwarzenlösen in Madison (Wisconsin) Proteste aus. Angeblich schoss der Polizist in Notwehr.

Dezember 2014: Ein vierfacher schwarzer Familienvater wird in Phoenix (Arizona) nach einer Polizeikontrolle erschossen, weil er seine Handnicht aus der Hosentasche nehmen wollte. Darin waren Tabletten und keine Waffe. Es kommt zu einer landesweiten Protestwelle.

August 2014: Der unbewaffnete schwarze Teenager Michael Brown wird in Ferguson bei St. Louis (Missouri) von einem Polizisten erschossen. Der Vorfall löst schwere Unruhen aus. Später tritt der Polizeichef von Ferguson zurück - nach einem Bericht des Justizministeriums über weit verbreiteten Rassismus bei der Polizei. Mittlerweile ist dort ein Schwarzer Polizeichef.

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