Drohne trifft Ausstellungszentrum in Moskau
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Drohnenangriff auf Russland:Drohne trifft Ausstellungszentrum in Moskau

Ukrainische Drohnen-Angriffe auf Moskau spalten den Westen – wann reagiert Putin?
Die Briten jubeln, die Amerikaner zittern

Die Ukrainer beschiessen schon fast täglich die russische Hauptstadt Moskau. Strategisch wichtig oder ein Spiel mit dem Feuer? Experten sagen, wie gefährlich diese Angriffe sind.
Publiziert: 23.08.2023 um 16:06 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2023 um 15:55 Uhr
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Guido FelderAusland-Redaktor

Die Ukrainer nehmen Russlands Hauptstadt ins Visier. Seit wenigen Wochen schlagen fast täglich ukrainische Drohnen in Moskau ein oder werden kurz vor dem Einschlag abgefangen. Mehrere Gebäude wurden beschädigt. Auch in der Nacht auf Mittwoch traf ein Fluggeschoss ein noch nicht fertiggestelltes Gebäude im zentralen Geschäfts- und Büroviertel, zwei Drohnen konnte die russische Abwehr unschädlich machen.

Verwendet werden unter anderem Propeller-Drohnen des Typs UJ-22 mit einer Reichweite von bis zu 800 Kilometern. Sie können bis zu 20 Kilo Sprengstoff transportieren. Gezündet werden die Kamikazegeschosse in der Regel in der Ukraine, die 500 Kilometer von Moskau entfernt liegt. Es gibt aber auch Sabotageteams, die russische Infrastruktur vor Ort angreifen.

Obwohl Kiew keine direkte Verantwortung übernimmt, sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) vor kurzem in einer Videobotschaft, dass es «natürlich und fair» sei, dass der Krieg «allmählich auf russisches Territorium zurückkehrt».

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Foto: imago/UPI Photo
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Strategisch wichtig

Bei solchen Angriffen und Aussagen jubeln die Briten, die Amerikaner aber werden nervös. Nach Ansicht britischer Geheimdienstexperten sind solche Angriffe tief auf russischem Gebiet strategisch wichtig bei der Abwehr von Moskaus Angriffskrieg. Russlands Präsident Wladimir Putin (70) habe den Krieg wohl nur gestartet, weil er mit keinen Auswirkungen im eigenen Land gerechnet habe.

«Die Führung von Russlands Luft- und Weltraumkräften steht höchstwahrscheinlich unter grossem Druck, die Luftverteidigung über dem westlichen Russland zu verbessern», hiess es in einer Mitteilung des britischen Verteidigungsministeriums. Die Palette der Bedrohungen auf russischem Gebiet sei breiter geworden: Neben Drohnen gebe es auch Berichte über Luftabwehrraketen sowjetischer Bauart, die als Raketen für Ziele auf dem Boden eingesetzt werden.

Das Weisse Haus hingegen distanziert sich von den Angriffen und ruft Kiew zur Zurückhaltung auf. Putin dürfe auf keinen Fall provoziert werden. Bisher verzichteten die USA daher auch auf die Lieferung weitreichender Waffen. Ein Sprecher des US-Aussenministeriums sagte diese Woche, dass die USA keine Angriffe innerhalb Russlands ermöglichten. Es sei aber Sache der Ukraine, zu entscheiden, wie sie sich gegen die russische Invasion verteidige.

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Moral schwächen

Mit den Angriffen auf Moskau schlagen die Ukrainer mit ähnlichen Mitteln und Methoden zurück, mit denen sie seit Herbst angegriffen werden. ETH-Militärstratege Marcel Berni (35): «Für einige amerikanische Exponenten sind solche Angriffe eine Verschwendung von Ressourcen, die besser an einem konzentrierten Schwerpunkt an der Front eingesetzt werden müssten.»

Laut Berni gibt es aber gute Gründe für diese Schläge: «Kiew erhofft sich damit, die russische Moral zu schwächen, spektakuläre Erfolgsmeldungen zu generieren sowie die russische Militärlogistik Schritt für Schritt auszuhöhlen.»

Wann zündet Putin Atombomben?

Wie gross ist die Gefahr, dass die Atommacht Russland auf solche Angriffe reagieren wird? Russland-Experte Ulrich Schmid (57) sagt: «Eine unmittelbare Gefahr eines russischen Nuklearschlags besteht nicht, weil die russische Propaganda im Moment ja alles tut, um die Anschläge auf russischem Boden herunterzuspielen.» Ein nuklearer Schlag müsste mit einer ganz anderen, alarmistischen Kommunikation begründet werden.

Der Kreml habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die russische Nukleardoktrin einen Atomwaffeneinsatz nur dann vorsehe, wenn die russische Staatlichkeit bedroht sei. «Und das ist bei den Drohnenangriffen auch in der Binnensicht des Kremls nicht gegeben», meint Schmid.

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