US-Experte schliesst Einmischung in die Gerichte nicht aus
Wird Trump jetzt zum Diktator?

Bevor Donald Trump sein Amt antrat, sagten Fachleute übereinstimmend: So schlimm kann es gar nicht werden, da Trump in ein politisches System eingebunden ist und nicht alleine entscheiden kann. US-Experte Florian Foos erklärt, wie viel Macht Trump noch an sich reissen könnte.
Publiziert: 31.01.2017 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:27 Uhr
Der Senat hat nichts zu sagen: Donald Trump erteilt hier den Befehl zum Bau der Mauer zwischen den USA und Mexiko.
Foto: Pablo Martinez Monsivais
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Interview: Guido Felder

BLICK: US-Präsident Donald Trump hat den Mauerbau und den Einreisestopp im Alleingang beschlossen. Warum hält ihn nun das politische System nicht zurück, wie es Fachleute erwartet hatten?

Florian Foos*: Die Republikaner haben sowohl eine Mehrheit im Senat als auch im Repräsentantenhaus sowie in den meisten Bundesstaaten. Dadurch hat die Opposition mit den Demokraten wenig konventionelle Mittel, um Politikvorlagen ohne republikanische Stimmen abzuwehren. 

Welche wenigen «konventionellen Mittel» bleiben denn noch?
Die Demokraten haben immer noch einige legislative Mittel im Repertoire. Sie könnten zum Beispiel Nominierungen für Trumps Kabinett so lange wie möglich aufhalten. Die Mehrheit seiner Minister ist ja noch nicht bestätigt. Ich denke, diese Taktik werden wir in den nächsten Tagen auch sehen.

Die meisten Republikaner scheinen das eigenwillige Handeln ihres Präsidenten einfach so hinzunehmen. 
Mit dieser Einschätzung würde ich übereinstimmen. Die Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Paul Ryan, und des Senats, Mitch McConnell, haben sich bisher gar nicht oder sehr zurückhaltend geäussert.

Und sie lassen Trump bei sehr umstrittenen Entscheiden gewähren.
Nehmen wir zum Beispiel die Mauer, man kann diese bescheuert finden, aus verfassungsrechtlicher Sicht ist sie wahrscheinlich nicht einmal illegal. Hingegen sieht es so aus, dass das Dekret zum kompletten Einreisestopp für Bürger von sieben mehrheitlich muslimischen Ländern vielleicht gegen bestehende Gesetze verstösst, die eine Diskriminierung auf Grund von Religion oder Nationalität untersagen. Daher laufen auch bereits Gerichtsverfahren dagegen.

DARF NICHT MEHR VERWENDET WERDEN
Foto: REUTERS

Also könnten die Gerichte Trumps nächstes Ziel sein. Glauben Sie, dass er Einfluss auf sie nehmen wird?
Ich weiss nicht, ob es wahrscheinlich ist, aber vorstellbar ist es schon. Im Endeffekt ist es dann aber auch an seiner eigenen Partei, den Republikanern, einem solchen Verhalten Einhalt zu gebieten. Eine direkte Einflussnahme wäre zum Beispiel Grund genug für eine Amtsenthebung.

Wird Trump zum Diktator?
Es kommt sehr darauf an, ob er die Unabhängigkeit der Gerichte anerkennt und die ausführenden Agenturen – wie zum Beispiel das Department of Homeland Security – dazu anhält, den Gerichtsurteilen zu folgen. Es sieht so aus, als ob es erste Anzeichen gibt, dass Trump bereit ist, sich über geltendes Recht hinwegzusetzen. Ein erster Test ist, ob er diese Gewaltenteilung, die Pressefreiheit und die Medienfreiheit respektieren wird. 

Wer könnte Trump stoppen?
Der Senat und das Repräsentantenhaus können Dekrete mit Zweidrittelmehrheit zurücknehmen. Eine Zweidrittelmehrheit ist aber natürlich eine sehr hohe Hürde. Einige einflussreiche republikanische Senatoren und Abgeordneten haben sich bereits gegen das Dekret ausgesprochen. Ich denke, der Druck auf Trump, auch von der Strasse, wird wachsen und zumindest zu Änderungen am Dekret führen. 

Wie muss dieser Druck von aussen aussehen?
So wie es bereits in diesen Tagen erfolgt. Es braucht Leute, die demonstrieren und auch gezielt Druck auf ihre Abgeordneten ausüben, zum Beispiel durch Telefonanrufe im Abgeordnetenbüro.

Welche Möglichkeiten bleiben andern Staaten, auf Trump einzuwirken?
Natürlich können auch befreundete Regierungen auf Trump Einfluss ausüben. Es wird in den nächsten Jahren auch verstärkt darauf ankommen, dass Alliierte, wie beispielsweise die Europäer, kritische Freunde Amerikas sind. Das heisst, Kritik, wo sie angebracht ist, nicht zurückzuhalten und auch mit Demokraten und Republikanern im Kongress zu reden, die bereit sind, für gemeinsame Werte einzutreten. 

* Politikwissenschaftler Florian Foos erteilte an der Universität Zürich einen Kurs zu den US-Präsidentschaftswahlen.

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