Irre Rede vor Fans in Florida
Trump erfindet Attentat in Schweden

Bei einem kämpferischen Auftritt vor tausenden Anhängern hat US-Präsident Donald Trump erneut die «Lügenpresse» kritisiert – und erfand gleichzeitig ein Attentat «letzte Nacht in Schweden».
Publiziert: 19.02.2017 um 03:36 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:10 Uhr

«Ich möchte auch zu Euch sprechen ohne den Filter der Fake News», sagte Trump zu seinen Anhängern in einem Hangar des Flughafens von Melbourne im US-Bundesstaat Florida. «Die unehrlichen Medien, die eine falsche Geschichte nach der anderen veröffentlichen, ohne Quellen... sie wollen einfach nicht die Wahrheit berichten.»

Dadurch seien die Medien «ein grosser Teil des Problems» und ein «Teil des korrupten Systems», kritisierte der Präsident.

Trump wiederholte bei dem an seinen Wahlkampf erinnernden Auftritt seine Wahlkampfversprechen. Dabei beklagte er die «Dummheit» von Washingtoner Politikern und den «Schlamassel», den ihm die Obama-Vorgängerregierung hinterlassen habe.

Der Präsident in Wahlkampfstimmung: Donald Trump trat am Samstag vor mehreren tausend Anhängern in Florida auf.
Foto: KEYSTONE/AP/SUSAN WALSH

Er versprach einen «grossartigen» neuen Krankenversicherungsplan, den baldigen Baubeginn einer «grossartigen» Grenzmauer zu Mexiko und Millionen «schöner» Jobs. «Ich werde liefern», rief er unter dem Jubel der Zuhörer aus.

«Schaut, was gestern in Schweden passiert ist»

Hier wiederholte Trump erneut, dass er ein «sicheres Amerika» wolle - mit möglichst wenigen Flüchtlingen.

«Schaut was in Deutschland passiert ist», schrie Trump. «Schaut, was gestern Abend in Schweden passiert ist ... Schweden ... Wer hätte das gedacht, Schweden? Sie haben die Fremden in grossen Massen aufgenommen und jetzt haben sie dort Probleme, von denen sie nie dachten, dass sie möglich wären. Schaut, was in Brüssel passiert, schaut was in der ganzen Welt passiert», sagte Trump.

Einziges Problem: In Schweden gab es keinen Vorfall mit Flüchtlingen. Kein Attentat. Keinen Terror-Anschlag.

Viele Schweden konnten es nicht fassen, dass Trump ihr Land in Verruf brachte - allen voran Twitter-Userin Emma, die momentan den offiziellen @sweden-Account betreuen darf: «Ich weiss nicht, von was Trump redet», twitterte sie. Unter dem Hashtag #swedishincident machten sich auch andere Leute über den erfundenen Vorfall lustig.

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«Was hat der denn geraucht?», twittere Ex-Ministerpräsident Carl Bildt in der Nacht auf heute.

Liess sich Trump (wieder mal) vom Fernsehen verleiten? US-Journalisten führen an, dass kurz vor der Rede auf Trumps Lieblingssender Fox News ein Beitrag über Schweden ausgestrahlt wurde. Hier versuchte man einen Zusammenhang zwischen Flüchtlingen und steigender Kriminalität herzuleiten. Auch das scheint schwierig, denn die schwedische Kriminalstatistik von 2016 zeigt, dass die Zahl der Straftaten im letzten Jahrzehnt stagnierten.

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Um Trump aufzuklären hat die schwedische Zeitung «Aftonbladet» aufgelistet, was in der Nacht von Freitag auf Samstag passierte: Ein Mann hat sich angezündet, ein Musiker hatte technische Probleme, die Polizei stoppte eine alkoholisierten Automobilisten - weit und breit kein Attentat.

Protokoll der Freitagnacht: Die schwedische Zeitung «Aftonbladet» listet alle nennenswerten Erignisse auf - ein Attentat fehlt.

Die Episode erinnert an Trumps Beraterin Kellyanne Conway, die vor wenigen Tagen in einem TV-Interview das «Bowling Green Massaker» erfunden hat.

Oder hat Trump Schweden mit Sehwan verwechselt? In der Stadt gab es am Freitag wirklich einen Selbstmordanschlag mit 88 Toten. Allerdings liegt Sehwan in Pakistan.

Fans stehen frühmorgens Schlange

Ob Trumps Ansehen bei seinen Fans leidet, ist aber mehr als fraglich. Vor dem Versammlungsort hatte sich bereits gegen 4 Uhr am Morgen eine Schlange von Trump-Anhängern gebildet, die den Auftritt des US-Präsidenten nicht verpassen wollten. Das Weisse Haus hatte die Veranstaltung als «Versammlung einer Kampagne für Amerika» angekündigt.

Laut der örtllichen Polizei waren 9000 Trump-Fans anwesend.

Seit seinem Amtsantritt am 20. Januar hat Trump bereits eine Reihe von Rückschlägen erlitten. So wurde nach der Klage zweier Bundesstaaten sein Einreisedekret ausgesetzt, das Bürgern aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern für 90 Tage die Einreise untersagte.

Vor einigen Tagen trat Trumps Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn zurück. Er zog damit die Konsequenzen aus Medienenthüllungen, wonach es in seinen Telefonaten mit dem russischen Botschafter noch vor Antritt der Trump-Regierung entgegen Flynns Darstellung um die vom damaligen Präsidenten Obama verhängten Sanktionen gegen Russland gegangen war. Dazu war Flynn gemäss US-Recht nicht befugt, da er noch nicht der Regierung angehörte.

Bereits zuvor hatte Trump via Twitter seinem offensichtlichen Unmut über die Berichterstattung der Medien nach seiner jüngsten Pressekonferenz Luft gemacht. Die «Fake news media» seien nicht «mein Feind, sie sind der Feind des amerikanischen Volkes», schrieb der Republikaner am Samstag. Namentlich nannte Trump dabei die «New York Times» und die Sender NBC News, ABC, CBS und CNN.

Kritik an diesem Tweet kam indes auch aus den eigenen Reihen. Mit solchen Äusserungen hätten «Diktatoren angefangen», sagte der prominente republikanische Senator John McCain dem Sender NBC News. «Wenn man sich die Geschichte anschaut, dann haben Diktatoren als erstes die Presse mundtot gemacht. Ich sage nicht, dass Präsident Trump versucht, ein Diktator zu sein. Ich sage nur, dass wir aus der Geschichte lernen müssen.» (bö/SDA))

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